BFH Beschluss v. - VII B 72/02

Gründe

I. Der Kläger und Beschwerdegegner (das Landratsamt) ist seit 1997 Halter eines Kfz, das er dem örtlichen Kreisverband des Roten Kreuzes für Übungs-, Ausbildungs- und Einsatzzwecke im Katastrophenschutz zur Verfügung stellt. Das Landratsamt bezeichnet das Fahrzeug, einen Mercedes-Kastenwagen, als ”Zivilschutz-Arzttruppwagen” und hat es an den Seiten und an den hinteren Türen mit einem roten Kreuz auf weißem Grund gekennzeichnet. Außerdem besitzt das Fahrzeug mehrere Blaulichter auf dem Dach.

Das Landratsamt begehrt, von der Kfz-Steuer nach § 3 Nr. 5 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) befreit zu werden. Es hat zugleich mit dem Zulassungsantrag die vorgenannte Zweckbestimmung angegeben und auf deren äußerliche Erkennbarkeit durch ”Kennzeichnung, Blaulicht, Aufschrift, Typ, Farbe” hingewiesen.

Der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt —FA—) hat die Steuerbefreiung abgelehnt und Kfz-Steuer festgesetzt. Auf die hiergegen erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) diesen Bescheid aufgehoben. Es urteilte, das äußere Erscheinungsbild (Rotkreuzschilder, Blaulichter und für Rettungsfahrzeuge typisch verwendete gelb-beige Lackierung) deuteten zusammen mit dem dem Katastrophenschutz vorbehaltenen amtlichen Kennzeichen (mit der Ziffer 8 beginnende Nummerierung) hinreichend auf die Widmung und Verwendung des Kfz im Katastrophenschutz hin.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil richtet sich die Beschwerde des FA, das zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) für erforderlich hält (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der FinanzgerichtsordnungFGO—). Das FA ist der Meinung, eine äußerliche Erkennbarkeit für eine Verwendung im Katastrophenschutz bei auch für Zwecke außerhalb des Katastrophenschutzes einsetzbaren Fahrzeugen sei nur bei Anbringung einer allgemein verständlichen Beschriftung mit dem unmittelbaren Hinweis ”Katastrophenschutz” gegeben. Nach dem (BFHE 154, 418, BStBl II 1988, 904) müssten die äußeren Merkmale des Fahrzeuges für sich alleine die Widmung des Fahrzeuges deutlich werden lassen. Von diesem Urteil sei das FG im Entscheidungsergebnis abgewichen. Die äußerlichen Merkmale des Arzttruppwagens ließen zwar einen Einsatz im Rettungsdienst vermuten, nicht jedoch im Katastrophenschutz. Auch das amtliche Kennzeichen lasse diese Widmung nicht deutlich werden.

II. Die Beschwerde ist unzulässig, weil der Zulassungsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO nicht in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Weise, nämlich schlüssig, bezeichnet ist. Aus dem Vorbringen des FA ergibt sich lediglich, dass dieses die Entscheidung des FG für materiell-rechtlich unzutreffend hält. Nicht nachvollziehbar ist hingegen die Ansicht des FA, die Auffassung des FG, dass das Fahrzeug des Landratsamts deutlich als für einen Einsatz im Katastrophenschutz bestimmt gekennzeichnet sei, sei im Ergebnis mit dem —vom FG zitierten— Urteil des beschließenden Senats in BFHE 154, 418, BStBl II 1988, 904 nicht vereinbar. Auch das FG ist ersichtlich —der Rechtsauffassung des FA folgend— davon ausgegangen, dass ein für die Verwendung im Katastrophenschutz bestimmtes Fahrzeug Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 5 KraftStG nur dann genieße, wenn es als zur Verwendung im Katastrophenschutz bestimmt deutlich erkennbar gekennzeichnet ist. Dass die Ausführungen, mit denen das FG diese Voraussetzung im Streitfall als gegeben ansieht, nicht frei von Rechtsirrtum sein mögen, weil allein das Nummernschild die vom FA geforderte Kennzeichnung gerade für den Katastrophenschutz erkennen lässt, rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht.

Ob sich, wie das FA im Anschluss an Seer (in Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Rdnr. 76) meint, ein Grund für die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO daraus ergeben könnte, dass das Urteil des FG zwar mit anderweit aufgestellten Rechtssätzen übereinstimmt, aber gleichwohl trotz dieser Übereinstimmung in den Rechtssätzen ”lediglich im Entscheidungsergebnis” von dem Urteil des beschließenden Senats in BFHE 154, 418, BStBl II 1988, 904 ”abweicht”, kann offen bleiben, wenngleich es zweifelhaft ist, weil jeder Entscheidung ein Einzelfall zugrunde liegt und der vom Senat in BFHE 154, 418, BStBl II 1988, 904 entschiedene dem Streitfall nicht gleicht. Im Allgemeinen wird daher die Entscheidung eines Gerichts allenfalls eine Vermutung nahe legen, dass dieses Gericht über den betreffenden Einzelfall ”im Ergebnis” anders entschieden hätte als die Vorinstanz. Ob auf solche Mutmaßungen eine Revisionszulassung gegründet werden kann —zumal wenn nicht der Ausnahmefall vorliegt, dass sich die Sachverhalte völlig zu gleichen scheinen—, kann indes dahin stehen. Denn in der Beschwerdebegründung ist nicht einmal schlüssig dargelegt, warum das Urteil in BFHE 154, 418, BStBl II 1988, 904 die Vermutung rechtfertigt, der beschließende Senat hätte die Klage des Klägers abgewiesen.

Dass eine Entscheidung des BFH zur Korrektur des angefochtenen Urteils aus anderen Gründen erforderlich wäre, insbesondere etwa weil dieses objektiv willkürlich wäre, was eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO in Betracht kommen ließe (vgl. dazu Beschluss des Senats vom VII B 141/01, BFH/NV 2002, 798), ist nicht dargelegt. Es ist der Beschwerdebegründung des FA ferner auch nicht zu entnehmen, dass der Rechtsstreit hinsichtlich der Anforderungen an die Kennzeichnung eines Fahrzeuges, für das Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 5 KraftStG in Anspruch genommen wird, grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO hat, dass also zu dieser Frage eine Entscheidung des BFH deshalb erforderlich ist, weil ihre Beantwortung zweifelhaft ist, insbesondere etwa dazu in der Rechtsprechung oder im Schrifttum unterschiedliche Auffassungen vertreten werden, und weil die Frage für die Rechtspraxis von Bedeutung ist.

Im Übrigen könnte die Revision aber auch, selbst wenn von den diesbezüglichen Mängeln der Beschwerdebegründung abgesehen würde, nicht zugelassen werden, weil das Urteil des FG im Ergebnis zutreffend ist und die Beschwerde daher, auch wenn sie an sich begründet sein mag, in entsprechender Anwendung des § 126 Abs. 4 FGO zurückgewiesen werden muss. Denn § 3 Nr. 5 KraftStG fordert entgegen der Annahme des FA und offenbar auch des FG nicht, dass das Fahrzeug, für das Steuerbefreiung in Anspruch genommen wird, für einen der im ersten Satz der Vorschrift bezeichneten Zwecke gekennzeichnet wird, sondern dass es äußerlich als für die durch die Vorschrift begünstigten Zwecke —nämlich die Verwendung im Feuerwehrdienst, im Katastrophenschutz, für Zwecke des zivilen Luftschutzes, bei Unglücksfällen, im Rettungsdienst oder zur Krankenbeförderung— bestimmt erkennbar ist. Es wäre auch nach Sinn und Zweck der vorgenannten Steuerbefreiungsvorschrift schwerlich plausibel, weshalb ein Fahrzeug, das z.B. sowohl im Katastrophenschutz als auch im zivilen Luftschutz und bei Unglücksfällen verwendet werden soll und entsprechend dieser mehrfachen Verwendungsmöglichkeit gekennzeichnet ist, von der Steuerbefreiung ausgeschlossen sein sollte.

Wie der beschließende Senat in seinem Urteil vom VII R 9/87 (BFHE 158, 132, BStBl II 1989, 936) dargelegt hat, geht es in der Vorschrift vielmehr lediglich darum, das Halten von Kfz von der Steuer zu befreien, mit deren Hilfe im Wege ”sofortiger Einsätze…akuten Notständen begegnet werden soll”. Dafür muss das Fahrzeug nicht gewidmet (und entsprechend gekennzeichnet) sein, ausschließlich speziell bei einem der in der Vorschrift bezeichneten Fälle, in denen wegen unmittelbarer Gefahr für Leib oder Leben Sofortmaßnahmen zur Errettung aus solchen Gefahren geboten erscheinen, eingesetzt zu werden.

Dass eine ausreichende Kennzeichnung des Fahrzeuges des Landratsamtes für Notfalleinsätze der vorgenannten Art vorgenommen worden ist, steht nach der tatrichterlichen Würdigung des Streitfalls fest, an welche der beschließende Senat in einem künftigen Revisionsverfahren mangels begründeter Revisionsrügen gebunden wäre (§ 118 Abs. 2 FGO).

Fundstelle(n):
BFH/NV 2002 S. 1180 Nr. 9
YAAAA-68737