BFH Beschluss v. - VII B 36/01

Gründe

I. Mit den angefochtenen Steuerbescheiden in der Fassung der Einspruchsentscheidungen forderte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt) von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) als Zollschuldnerin insgesamt ... DM Einfuhrabgaben (Zoll und Einfuhrumsatzsteuer) an, weil sie die Waren, die im externen gemeinschaftlichen Versandverfahren befördert worden sind und die sie in Empfang genommen hat, nicht der Bestimmungsstelle gestellt habe.

Das die Klage abweisende Urteil des Finanzgerichts (FG) wurde am verkündet und der Klägerin am zugestellt.

II. Die Beschwerde der Klägerin, mit der sie sich gegen die Nichtzulassung der Revision wendet und die grundsätzliche Bedeutung der Sache (§ 115 Abs. 1 Nr. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—) geltend macht, ist unzulässig, weil sie nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist eingelegt worden ist und die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden kann.

1. Gemäß Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom (BGBl I 2000, 1757) ist die Zulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde noch nach § 115 Abs. 2 und 3 FGO in der vor In-Kraft-Treten des 2.FGOÄndG geltenden Fassung (FGO a.F.) zu beurteilen, weil das angefochtene Urteil vor dem verkündet worden ist (vgl. dazu Spindler, Das 2.FGO-Änderungsgesetz, Der Betrieb 2001, 61, 66). Die Nichtzulassungsbeschwerde hätte daher innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung des Urteils beim FG eingelegt und begründet werden müssen (§ 115 Abs. 3 Satz 1 und 2 FGO a.F.).

a) Diese Frist hat die Klägerin nicht eingehalten. Die Monatsfrist zur Einlegung und Begründung der Beschwerde beim FG lief gemäß § 54 FGO, § 222 Abs. 1 und 2 der Zivilprozessordnung (ZPO), § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs am ab. Zwar hat die Klägerin mit an den Bundesfinanzhof (BFH) gerichteten Schriftsatz vom eine Nichtzulassungsbeschwerde (Eingang am ) eingereicht. Da diese jedoch nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist bei dem zuständigen FG eingelegt worden ist, ist die in § 115 Abs. 3 Satz 1 FGO a.F. vorgeschriebene Frist versäumt, ohne dass es darauf ankommt, dass die Nichtzulassungsbeschwerde auch nicht innerhalb der festgelegten Frist begründet wurde.

b) Die nach einem entsprechenden Hinweis der Senatsgeschäftsstelle von der Klägerin mit Schriftsatz vom beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Beschwerde kann der Klägerin nicht gewährt werden, weil sie nicht ohne Verschulden gehindert war, die in § 115 Abs. 3 Satz 1 FGO a.F. vorgeschriebene Frist einzuhalten. Dabei ist der Klägerin das Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten zuzurechnen (§ 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO).

Der Umstand, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin meinte, im Streitfall seien für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde bereits die Regeln der FGO i.d.F. des 2.FGOÄndG maßgebend, vermag die Versäumung der in § 115 Abs. 3 Satz 1 FGO a.F. festgelegten Frist nicht zu entschuldigen.

Grundsätzlich kommt eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht, wenn sich ein fachkundiger Prozessbevollmächtigter bei eindeutiger und zutreffender Rechtsbehelfsbelehrung über die maßgebenden Fristen zur Einlegung eines Rechtsbehelfs geirrt hat (vgl. , BFH/NV 1995, 47). Im Streitfall war in der dem angefochtenen Urteil beigefügten Rechtsmittelbelehrung der Verfahrensgang für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde auf der Grundlage der noch anzuwendenden alten Fassung der FGO unmissverständlich und zutreffend dargestellt.

Eine Ausnahme von dem zuvor genannten Grundsatz ist im Streitfall nicht gerechtfertigt. Sie käme allenfalls dann in Betracht, wenn schwierige Rechtsfragen in Bezug auf die Fristen ungeklärt wären. Das ist jedoch hier nicht der Fall. Aus dem Wortlaut der Übergangsbestimmung des Art. 4 2.FGOÄndG folgt vielmehr eindeutig, dass sich die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs gegen ein Urteil, das wie im Streitfall vor dem verkündet worden ist, noch nach den bis zum geltenden Vorschriften richtet. Dies hätte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin beachten müssen. Bei einem fachkundigen Berater ist davon auszugehen, dass er das Verfahrensrecht kennt. In Bezug auf verfahrensändernde Vorschriften durfte er sich nicht allein damit begnügen, die neuen Verfahrensvorschriften zu lesen, sondern hätte die Möglichkeit in seine Überlegungen einbeziehen müssen, dass es hinsichtlich der Anwendung der neuen Vorschriften Übergangsbestimmungen geben könnte. Solche Übergangsbestimmungen werden üblicherweise in einem besonderen Artikel des Änderungsgesetzes geregelt. Die betreffenden Übergangsbestimmungen in Art. 4 2.FGOÄndG waren aus dem am ausgegebenen Bundesgesetzblatt ohne weiteres zu entnehmen und sind damit als bekannt vorauszusetzen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
BFH/NV 2002 S. 658 Nr. 5
CAAAA-68714