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Online-Nachricht - Donnerstag, 11.01.2018

Zivilrecht | Voraussetzungen eines stillschweigenden Haftungsausschlusses (OLG)

Ein stillschweigender Haftungsausschluss ist insbesondere dann nicht anzunehmen, wenn der Schädiger eine Haftpflichtversicherung hat. Derjenige, der sich bewusst oder fahrlässig Gefahren aussetzt, willigt zwar nicht in die Schädigung ein, kann aber wegen Mitverschuldens verpflichtet sein, seinen Schaden ganz oder zum Teil selbst zu tragen (OLG, Hinweisbeschluss v. - 4 U 1178/17).

Sachverhalt und Verfahrensgang: Die Klägerin ist die Krankenkasse des Geschädigten und verlangt von dem Beklagten aus übergegangenem Recht Schadensersatz. Der Beklagte und der Geschädigte wollten gemeinsam Benzin aus dem Tank eines stillgelegten Pkw ablassen. Beide lagen unter dem aufgebockten Fahrzeug. Zunächst bohrte der Geschädigte mit einem Akku-Schrauber ein kleines Loch in den Plastiktank, aus welchem sodann Benzin tropfte. Nach einiger Zeit übernahm der Beklagte den Akku-Schrauber, da er aus seiner Position besser an den Tank heran kam. Der Geschädigte hielt ein Auffangbehältnis unter das Loch; es lief dabei Benzin auf seine Hand und seine Kleidung. Bei den Bohrarbeiten durch den Beklagten bildeten sich Funken, wodurch es zu einer Verpuffung und zu einer Entzündung des Benzins kam. Der Geschädigte fing dadurch Feuer und erlitt erhebliche Verletzungen, u. a. eine Verbrennung dritten Grades des Handgelenks.

Die Klägerin hat Klage zum LG erhoben und von dem Beklagten Zahlung von Behandlungskosten verlangt, welche die Klägerin als Krankenkasse des Geschädigten aufwenden musste. Bereits in der Klage geht die Klägerin davon aus, dass der Geschädigte ein Mitverschulden von 50 % trage. Das LG hat der Klage stattgegeben. Der Beklagte habe durch sein Verhalten, nämlich das Bohren, die Verletzungen des Geschädigten verursacht. Er habe auch fahrlässig gehandelt, da ihm die Gefährlichkeit seines Handelns bewusst hätte sein müssen. Der Haftung stehe weder der Gesichtspunkt des Handelns auf eigene Gefahr noch ein stillschweigender Haftungsausschluss entgegen.

Das OLG führte hierzu u.a. aus:

  • Es ist kein stillschweigender Haftungsausschluss gegeben.

  • Ein solcher ist nach der Rechtsprechung des BGH nur dann anzunehmen, wenn besondere Umstände vorliegen.

  • Regelmäßig ist dann nicht von einem Haftungsverzicht auszugehen, wenn der Schädiger über eine Haftpflichtversicherung verfügt. Es entspricht nicht dem Willen der Beteiligten, nicht den Schädiger, sondern die Haftpflichtversicherung zu entlasten.

  • Auch unter dem Gesichtspunkt des Handelns auf eigene Gefahr kommt ein Haftungsausschluss nicht in Betracht.

  • Die Tatsache, dass der Geschädigte möglicherweise die später verwirklichten Risiken bewusst oder leichtfertig eingegangen ist, stellt keine stillschweigende Einwilligung in die erlittenen Verletzungen dar.

  • Der Geschädigte kann jedoch wegen Mitverschuldens verpflichtet sein, einen Teil des Schadens selbst zu tragen. Die Haftungsquote von 50 % ist zutreffend, da die Verursachungsbeiträge des Beklagten und des Geschädigten als gleichwertig anzusehen sind.

Quelle: OLG Nürnberg, Pressemitteilung 1 v. 11.01.2018 (Ls)

Fundstelle(n):
GAAAG-69681