BFH Urteil v. - V R 15/00

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) erwarb im Dezember 1994 ein unbebautes Grundstück. Im Mai 1995 beantragten sie und ihr Ehemann (E) die Genehmigung zum Bau eines Einfamilienhauses. Mit Bauvertrag vom August 1995 beauftragten die Eheleute eine GmbH mit der Errichtung des Einfamilienhauses auf dem Grundstück der Klägerin. Zwei Tage nach Abschluss des Bauvertrags teilte die Klägerin das Grundstück in Miteigentumsanteile zu je ein Halb und verband die Miteigentumsanteile mit dem Sondereigentum ”Wohnung Nr. I” (Wohnung im Erdgeschoss/ Dachgeschoss) und ”Gewerberäume Nr. II” (Gewerberäume im Erdgeschoss und im Keller, Garage). Anschließend überließ sie E die Wohnungseigentumseinheit I mit dem Bruchteilsanteil von ein Halb am Grundstück.

Nach Fertigstellung des Gebäudes vermietete die Klägerin die Räume im Erdgeschoss und Untergeschoss an E zur Nutzung als zahntechnisches Labor. Sie verzichtete für das Streitjahr 1995 auf die Steuerfreiheit der Vermietungsumsätze und machte —anteilig— abziehbare Vorsteuerbeträge in Höhe von 14 736,70 DM aus den Rechnungen geltend, die im Zusammenhang mit der Errichtung des Gebäudes erteilt worden waren. Diese Rechnungen waren überwiegend an die Ehegatten, aber auch an die Klägerin und an E ausgestellt worden.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) versagte nach einer Sonderprüfung den Vorsteuerabzug und setzte mit geändertem Umsatzsteuerbescheid für 1995 die Umsatzsteuer auf 0 DM fest.

Mit der Klage gegen die ablehnende Einspruchsentscheidung verminderte die Klägerin die als abziehbar erklärten Vorsteuerbeträge auf 14 159 DM (48,29 v.H. aus den Rechnungen). Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung machte sie aus der Notarrechnung und aus den Rechnungen an E keine anteiligen Vorsteuerbeträge geltend. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt.

Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt das FA Verletzung von § 15 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1993. Zur Begründung trägt es im Wesentlichen vor: Die Klägerin und E hätten zwar (gemäß dem , BFHE 151, 479, BStBl II 1988, 158) klar zum Ausdruck gebracht, dass die Gemeinschaft Leistungsempfänger sei; darauf stellten auch die Rechnungen im Wesentlichen ab. Ferner könne nach dem (BFH/NV 1992, 569) die Gemeinschaft als solche unabhängig von der bürgerlich-rechtlichen Nichtrechtsfähigkeit Unternehmer sein. Die Unterscheidung von Leistung an die Gemeinschaft und an die Gemeinschafter sei aber auch dann bedeutsam, wenn die Gemeinschaft —wie hier— Leistungsempfänger, aber nur einer der Gemeinschafter (die Klägerin) als Vermieterin Unternehmer sei.

Die Gemeinschaft sei im Streitfall mangels nachhaltiger Tätigkeit i.S. von § 2 Abs. 1 UStG umsatzsteuerrechtlich nicht rechtsfähig. Daraus könne aber nicht gefolgert werden, die Leistung an sie sei dann an die einzelnen Gemeinschafter ausgeführt worden. Der BFH habe zwar im Urteil vom V R 31/98 (BFH/NV 1999, 575, BFHE 187, 78) seine im Urteil vom vertretene Auffassung, dem einzelnen Gemeinschafter stehe der Vorsteuerabzug auch dann nicht zu, wenn die Gemeinschaft selbst Nichtunternehmerin sei, aufgegeben. Das Urteil betreffe aber den Fall, dass der von einer nicht unternehmerisch tätigen Gemeinschaft erworbene Gegenstand von sämtlichen Gemeinschaftern ausschließlich für deren unternehmerische Zwecke verwendet werde. Offen sei aber weiterhin der Fall, dass nicht alle Gemeinschafter Unternehmer seien und der Gegenstand nur partiell für unternehmerische Zwecke genutzt werde.

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin tritt der Revision entgegen.

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

II. Die Revision des FA ist unbegründet. Das FG hat den Vorsteuerabzugsanspruch der Klägerin zutreffend bestätigt.

Gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen.

Die Klägerin war (anteilig) Leistungsempfängerin der abgerechneten Bauleistungen. Sie hat diese als Unternehmerin insoweit für ihr Unternehmen in Anspruch genommen und zur Ausführung steuerpflichtiger Vermietungsumsätze verwendet. Damit tritt auch kein Ausschluss vom Vorsteuerabzug gemäß § 15 Abs. 2 UStG ein.

a) Auftraggeber der Bauleistungen waren beide Ehegatten. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des FG bildete die Klägerin mit E eine Bruchteilsgemeinschaft hinsichtlich des zu bebauenden Grundstücks. Da die Gemeinschaft (Klägerin und E) als solche nicht unternehmerisch tätig werden sollte und auch tatsächlich nicht wurde (z.B. als Vermieter des Gebäudes), scheidet sie als umsatzsteuerrechtlich eigenständige Rechtsperson (”Unternehmer” i.S. von § 2 UStG) aus. Die Leistungen werden in diesem Fall —entsprechend dem bürgerlichen Recht (§§ 741, 420, 432 des Bürgerlichen Gesetzbuchs —BGB—)— an die Gemeinschafter ausgeführt. Wie der Senat zwischenzeitlich mit Urteilen vom V R 49/99 (BFHE 194, 270, BFH/NV 2001, 402) und vom V R 79/99 (BFHE 194, 488, BFH/NV 2001, 989) entschieden hat, gilt dies —entgegen der Auffassung des FA— auch in Fällen, in denen nicht alle Gemeinschafter unter Verwendung des Gegenstands unternehmerisch tätig sind.

b) Die gegenüber den Ehegatten abgerechneten Bauleistungen betreffen zwar das gesamte Gebäude. Sie sind aber auf die beiden Einheiten aufteilbar, von denen die Einheit ”Gewerberäume Nr. II” der Klägerin alleine zusteht. Diese Bauleistungen, aus denen die Klägerin den Vorsteuerabzug geltend macht, sind nur an die Klägerin für ihr Unternehmen (als Vermieterin) ausgeführt worden. Daraus folgt gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG, dass nur die Klägerin zum Vorsteuerabzug berechtigt war. Ohne Rechtsverstoß hat das FG der Klägerin den von ihr beantragten Vorsteuer-Anteil von 48,29 v.H. auf die Bauleistungen zugesprochen. Revisionsrechtlich erhebliche Einwendungen gegen die Verteilung wurden nicht erhoben.

c) Die im Revisionsverfahren noch einschlägigen Rechnungen mit gesondertem Ausweis der Steuer wurden der Gemeinschaft bzw. der Klägerin ausgestellt. Dass diese Rechnungen keine betragsmäßige oder anteilige Bezeichnung der die einzelnen Gemeinschafter betreffenden Steuer enthalten, ist unschädlich.

Soweit in den Senatsurteilen vom V R 31/91 (BFHE 173, 463, BStBl II 1994, 488) und in BFHE 187, 78, BFH/NV 1999, 575 für die Aufteilung der abziehbaren Vorsteuerbeträge, die in den Rechnungen ausgewiesen waren, auf die Verordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) —Verordnung zu § 180 Abs. 2 AO 1977— abgestellt wurde, kann dies im Streitfall dahinstehen. Für das Eingreifen der Verordnung fehlt die Voraussetzung gemäß § 1 Abs. 2, derzufolge das Verfahren für die Umsatzsteuer nur gilt, wenn ”mehrere Unternehmer” im Rahmen eines Gesamtobjekts Umsätze ausführen oder empfangen. Im Streitfall war von den beiden Gemeinschaftern nur die Klägerin Unternehmer im vorbezeichneten Rahmen, nicht aber E. Auch betrafen diese Entscheidungen Verfahren der Gemeinschaften, nicht aber des einzelnen Gemeinschafters, der —wie im Streitfall— allein der Unternehmer ist. In Fällen wie dem vorliegenden kann gemäß § 179 Abs. 1 i.V.m. § 157 Abs. 2 AO 1977 der vom Unternehmer beantragte anteilige Vorsteuerabzug anhand des (vom FG) festgestellten Anteils der Steuerfestsetzung zugrunde gelegt werden (vgl. bereits Senatsurteil in BFH/NV 2001, 402, BFHE 194, 270). Die Vorentscheidung stimmt mit dieser Rechtsprechung überein.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2002 S. 1346 Nr. 10
KÖSDI 2002 S. 13495 Nr. 11
CAAAA-68497