Verfahrensrecht | Verjährung bei Aufforderung zur Abgabe einer Steuererklärung (BFH)
Fordert die Finanzbehörde den Steuerpflichtigen zur Abgabe einer
Einkommensteuererklärung auf, so ist er gemäß § 149 Abs. 1 Satz 2 AO hierzu
gesetzlich verpflichtet mit der Folge, dass sich der Beginn der
Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO richtet. Eine Aufforderung
zur Abgabe der Steuererklärung liegt auch dann vor, wenn das FA zusätzlich
ausführt, der Steuerpflichtige möge das Schreiben mit einem entsprechenden
Hinweis zurücksenden, falls er seiner Auffassung nach nicht zur Abgabe einer
Steuererklärung verpflichtet sei (;
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Hintergrund: Die Festsetzungsfrist für die Einkommensteuer beträgt vier Jahre (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO). Sie beginnt grundsätzlich mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist (§ 170 Abs. 1 AO). Nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO in der für das Streitjahr geltenden Fassung beginnt die Festsetzungsfrist, wenn eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuererklärung, Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Entstehen der Steuer folgt.
Sachverhalt: Der Kläger reichte mit Schreiben vom seine Einkommensteuererklärung für das Jahr 2006 ein (Eingang FA: ). Hierin erklärte er einen Werbungskostenüberschuss von mehr als 5.000 €. Bereits zuvor - mit Schreiben vom - hatte ihn das FA aufgefordert, seine Steuererklärung spätestens bis abzugeben.
Das FA lehnte die Bearbeitung der Einkommensteuererklärung ab, weil Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz keinen Erfolg. Der BFH hob das Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück.
Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:
Die gesetzliche Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung wird auch dann begründet, wenn das FA den Steuerpflichtigen nach § 149 Abs. 1 Satz 2 AO auffordert, eine Steuererklärung abzugeben.
Vorliegend stellt das Schreiben des FA vom eine Aufforderung zur Abgabe einer Steuererklärung in Form eines Verwaltungsakts dar: Der Kläger wird darin unter Setzung eines Termins unmissverständlich aufgefordert, die Steuererklärung für 2006 einzureichen. Das FA weist zudem darauf hin, dass es berechtigt sei, zu Zwangsmitteln zu greifen, sollte die Steuererklärung bis zum genannten Termin nicht vorliegen.
Damit gibt die Behörde zu erkennen, dass sie sich für berechtigt hält, die Abgabe der angeforderten Steuererklärung mit den Mitteln des Verwaltungszwangs durchzusetzen.
Aus dem Fehlen einer Begründung bzw. einer Rechtsbehelfsbelehrung kann nicht geschlossen werden, dass keine Aufforderung zur Abgabe einer Steuererklärung i.S. des § 149 Abs. 1 Satz 2 AO vorliegt (vgl. ).
Da der Kläger für das Streitjahr 2006 zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet war, war die vierjährige Verjährungsfrist infolge der Anlaufhemmung nach § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO bei Einreichung der Steuererklärung im Dezember 2011 noch nicht abgelaufen.
Im zweiten Rechtsgang wird das FG Feststellungen zur Höhe der vorzunehmenden Steuerfestsetzung zu treffen haben.
Quelle: ; veröffentlicht am (il)
Fundstelle(n):
YAAAG-68116