Einordnung von Einkünften aus einem Schneeballsystem zu einer ausländischen Kapitalgesellschaft
Leitsatz
1. NV: Bei der Entscheidung, ob einer der in § 20 EStG aufgeführten Tatbestände erfüllt ist, kommt es entscheidend darauf an, wie sich das jeweilige Rechtsgeschäft aus der Sicht des Kapitalanlegers als Leistungsempfänger bei objektiver Betrachtungsweise darstellt, da auf den nach außen erkennbaren Willen des Betreibers des Schneeballsystems abzustellen ist.
2. NV: Für die Einordnung eines ausländischen Rechtsverhältnisses als stille Beteiligung i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG kommt es darauf an, was die Vertragsparteien auf Grundlage der getroffenen Vereinbarungen wirtschaftlich gewollt haben und ob der unter Heranziehung aller Umstände zu ermittelnde Vertragswille objektiv auf den Abschluss eines Gesellschaftsverhältnisses gerichtet ist, das den Merkmalen einer inländischen stillen Gesellschaft entspricht.
Gesetze: EStG § 11 Abs. 1; EStG § 20 Abs. 1 Nr. 4; EStG § 20 Abs. 1 Nr. 7;
Instanzenzug: ,
Tatbestand
I.
1 Streitig ist, in welcher Höhe die zusammenveranlagten Kläger und Revisionskläger (Kläger) Einkünfte aus Kapitalvermögen im Streitjahr (2010) erzielten.
2 Die A wurde am…2002 als Aktiengesellschaft (Corporation) nach dem Gesellschaftsrecht des US-Bundesstaats…gegründet. Die Anlagen deutscher Privatanleger bei der A wurden über ein strukturiertes Beratersystem vertrieben. Als Geschäftszweck der A wurde den Anlegern die Bildung von Vermögenspools, aus denen Banken gegen Entgelt Risikokapital abschöpfen konnten, die Anlage in Anleihen, anderweitige Geschäfte mit Schuldverschreibungen oder die Betätigung im Bereich alternativer Energien vorgetäuscht. Den potentiellen Anlegern wurden Erträge in Höhe von 15,5 % der Einlage pro Jahr in Aussicht gestellt. Renditen konnten auf Wunsch der Anleger entweder ausgezahlt oder gutgeschrieben und wiederangelegt werden.
3 Die Klägerin unterzeichnete am ... November 2008 eine Beitrittserklärung mit der A, in der sie dieser anbot, sie gegen eine Einlage in Höhe von 5.000 € als „Shareholder“ aufzunehmen. Die Beteiligung sollte auf mindestens ein Jahr abgeschlossen werden und war mit einer Frist von drei Monaten zum Jahresende kündbar. Die Verlustbeteiligung der Klägerin sollte auf den Betrag der Einlage begrenzt sein.
4 Der Kläger stellte der B mit Datum vom ... März des Streitjahres einen Betrag in Höhe von 200.000 € als Darlehen zur Verfügung. Er sollte hierfür einen monatlich nachschüssig zu zahlenden Zins zwischen 1,5 % bis 3 % der Darlehenssumme beginnend ab Mai des Streitjahres erhalten. Er erhielt von Ende Juli bis Dezember des Streitjahres sechs Zahlungen in Höhe von je 3.000 €, insgesamt 18.000 €.
5 Die Kläger reichten die gemeinsame Einkommensteuererklärung für das Streitjahr Ende 2011 ein. Der Kläger erklärte neben weiteren Kapitaleinkünften vereinnahmte Zinsen in Höhe von 18.000 € als Kapitalerträge ohne inländischen Steuereinbehalt. Die Klägerin erklärte Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 1.004 €, die aus 111 € bescheinigten Kapitalerträgen mit Steuerabzug und 893 € Kapitalerträgen ohne inländischen Steuerabzug bestanden. Die Kläger beantragten jeweils sowohl die Günstigerprüfung als auch die Überprüfung des Kapitalertragsteuereinbehalts.
6 Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) erließ unter dem einen Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr. Im Bescheid wurden zur Berechnung der Einkommensteuer für die dem gesonderten Tarif des § 32d Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr anzuwendenden Fassung (EStG) unterliegenden Kapitaleinkünfte für den Kläger u.a. die erklärten Zinsen in Höhe von 18.000 € und für die Klägerin Einkünfte in Höhe von 1.004 € erfasst.
7 Die Kläger erhoben Einspruch mit der Begründung, der Klägerin seien nicht steuerbare Einkünfte aus Kapitalvermögen im Zusammenhang mit der Anlage bei der A entstanden. Sie habe Aktien an der A erworben und diese länger als ein Jahr bis zur Veräußerung gehalten.
8 Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück. Die anschließend erhobene Klage blieb erfolglos.
9 Die Kläger stützen die Revision maßgeblich auf eine Verletzung von Bundesrecht in Gestalt der §§ 20 Abs. 1 Nr. 4, 11 Abs. 1 EStG. Das Finanzgericht (FG) habe die Voraussetzungen eines Zuflusses von Kapitalerträgen in einem Schneeballsystem verkannt.
10 Die Kläger beantragen sinngemäß,
das aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom dahingehend zu ändern, dass die erklärten Einkünfte aus Kapitalvermögen der Kläger von der A/B in Höhe von 18.973 € unberücksichtigt bleiben.
11 Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Gründe
II.
12 Die Revision ist begründet.
13 Zwar hat das FG zutreffend entschieden, dass dem Kläger im Streitjahr 18.000 € als Zinseinkünfte von der B zugeflossen sind (siehe unter 1.). Die tatsächlichen Feststellungen des FG tragen jedoch nicht dessen Würdigung, dass der Klägerin im Streitjahr Einkünfte gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG in Höhe von 973 € zugeflossen sind (siehe unter 2.). Die Sache ist nicht spruchreif. Der Senat hebt die Vorentscheidung auf und verweist den Streitfall zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
14 1. Das FG hat zu Recht erkannt, dass der Kläger im Streitjahr steuerpflichtige Kapitalerträge von der B in Höhe von 18.000 € erzielt hat.
15 a) Bei der Entscheidung, ob einer der in § 20 EStG aufgeführten Tatbestände erfüllt ist, kommt es entscheidend darauf an, wie sich das jeweilige Rechtsgeschäft aus der Sicht des Kapitalanlegers als Leistungsempfänger bei objektiver Betrachtungsweise darstellt, da auf den nach außen erkennbaren Willen des Betreibers des Schneeballsystems abzustellen ist (, BFHE 209, 423, BStBl II 2005, 739, unter II.3.b).
16 b) Das FG hat durch Bezugnahme auf das in deutscher Sprache verfasste Schreiben der B vom ... März 2010 dessen Inhalt festgestellt. Nach dem Schreiben hatte der Kläger an die B einen Betrag in Höhe von 200.000 € zu zahlen. Ihm sollten monatlich zu einem variablen Zinssatz von 1,5 % bis 3 % nachschüssig Einnahmen zufließen. Zur Laufzeit und Rückzahlung des Betrags durch die B enthält das Schreiben keine Ausführungen. Es wird dort noch ausgeführt, eine Garantie für einen bestimmten Erfolg könne nicht gegeben werden. Ob sich diese Aussage auf den möglichen Totalverlust der Anlage oder nur auf das Erreichen bestimmter Zinserträge innerhalb der genannten Marge bezieht, hat das FG nicht festgestellt.
17 Der Kläger hat in der Klagebegründung die Rechtsbeziehung als Darlehen bezeichnet und geltend gemacht, die an ihn gezahlten Zinsen seien mangels einer geschäftlichen Aktivität der B als Rückzahlungen auf den Anlagebetrag zu werten.
18 Die Schlussfolgerung des FG, der Betrag von 200.000 € sei der B darlehensweise und verzinslich überlassen worden, ist daher nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens möglich und für den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindend.
19 c) Auf dieser Grundlage ist die rechtliche Würdigung des FG, die Vereinbarung des Klägers mit der B sei als Darlehen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG einzuordnen, nicht zu beanstanden. Gleiches gilt für die Beurteilung des FG, die an den Kläger ausgezahlten Erträge seien Zinsen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG und keine Rückzahlungen auf den Darlehensbetrag. Für die Abgrenzung, ob eine Rückzahlung der Anlagesumme oder eine Zinsauszahlung vorliegt, ist einkommensteuerrechtlich allein an die Tilgungsbestimmung des Betreibers des Schneeballsystems bei Auszahlung anzuknüpfen, selbst wenn diese Auszahlung zivilrechtlich mangels eines entstandenen Zinsauszahlungsanspruchs unwirksam sein sollte (, BFHE 244, 406, BStBl II 2014, 461). Das FG hat seiner Entscheidung diese Rechtsprechung zugrunde gelegt und für den Senat im Streitfall bindend festgestellt, die Einkünfte in Höhe von 18.000 € hätten auf sechs monatlichen Zahlungen zu je 3.000 €, mithin auf einem Zinssatz von 1,5 %, beruht und seien von der B „als Zins“ gezahlt worden.
20 d) Die Zinseinkünfte des unbeschränkt steuerpflichtigen Klägers sind gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 EStG in der Bundesrepublik Deutschland steuerpflichtig. Ein Doppelbesteuerungsabkommen mit dem Staat ..., welches das innerstaatliche deutsche Besteuerungsrecht hätte beschränken können, bestand im Streitjahr nicht.
21 2. Die Revision ist jedoch begründet, soweit das FG der Klägerin Einkünfte gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG in Höhe von 973 € im Streitjahr zugerechnet hat. Die Feststellungen des FG tragen nicht dessen Würdigung, dass der Klägerin ein Betrag in dieser Höhe zugeflossen ist.
22 a) Allerdings hält der Senat die Würdigung des FG für zutreffend, dass die Klägerin aus dem Rechtsverhältnis zur A grundsätzlich Einkünfte gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG erzielt.
23 aa) Für die Einordnung eines ausländischen Rechtsverhältnisses als stille Beteiligung i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG —hier zwischen der Klägerin und der A— kommt es darauf an, was die Vertragsparteien auf Grundlage der getroffenen Vereinbarungen wirtschaftlich gewollt haben und ob der unter Heranziehung aller Umstände zu ermittelnde Vertragswille objektiv auf den Abschluss eines Gesellschaftsverhältnisses gerichtet ist (vgl. , BFHE 223, 166, BStBl II 2009, 190, unter II.1., und vom VIII R 57/95, BFHE 184, 21, BStBl II 1997, 755, unter II.1.a bb), das den Merkmalen einer inländischen stillen Gesellschaft entspricht.
24 bb) Eine stille Gesellschaft ist dadurch gekennzeichnet, dass zwischen einem Unternehmensträger (dem „Inhaber eines Handelsgeschäfts“) und einem anderen eine Vereinbarung getroffen wird, kraft dessen sich der andere mit einer Einlage ohne Bildung eines Gesellschaftsvermögens an dem Unternehmen beteiligt und eine Gewinnbeteiligung erhält. Die Einlage muss dem Leitgedanken des § 230 des Handelsgesetzbuchs entsprechend so geleistet werden, dass sie in das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts übergeht.
25 Ferner ist ein gemeinsamer Zweck erforderlich, was bedeutet, dass das gemeinsame Streben zur Erreichung gemeinsamer Ziele im Vordergrund stehen muss. Mit der Einigung auf den gemeinsamen Zweck werden die gemeinsamen Vorstellungen der Parteien über Grundlagen und Ziele des Vertrags zum Vertragsinhalt erhoben; letztlich unterscheidet die „Gemeinsamkeit des Zwecks“ die Gesellschaft von den schuldrechtlichen Austauschverhältnissen (, BFH/NV 2015, 187, Rz 29). Die Bildung einer Risikogemeinschaft, vor allem die Vereinbarung einer Erfolgs- und Verlustbeteiligung, bildet ein typisches Merkmal eines Gesellschaftsverhältnisses (ständige BFH-Rechtsprechung, vgl. Urteile vom VIII R 12/96, BFHE 184, 34, BStBl II 1997, 761; vom VIII R 40/97, BFH/NV 1998, 958; in BFHE 184, 21, BStBl II 1997, 755; vom VIII R 35/00, BFHE 196, 112, BStBl II 2001, 646; in BFHE 223, 166, BStBl II 2009, 190, Rz 36). Unerheblich ist hingegen, ob im Wortlaut der getroffenen Vereinbarungen der Begriff „stille Gesellschaft“ ausdrücklich erwähnt wird und ob die Vereinbarungen zwischen Anleger und Betreiber des Schneeballsystems ausdrückliche Regelungen über Kontrollrechte der Anleger enthalten (BFH-Urteil in BFHE 223, 166, BStBl II 2009, 190, unter II.2.).
26 aaa) Die Klägerin hat in einem Formular vom ... November 2008, das in deutscher Sprache verfasst war, der A angeboten, „Gesellschafterin“ gegen eine „Einlage“ von 5.000 € zu werden. Zudem hat das FG festgestellt, der Klägerin sei eine jährliche Rendite von 15,5 % der jeweiligen Anlagesumme zugesagt worden und dass sie mit der Anlagesumme für Verluste haften müsse. Schließlich hat es darauf abgestellt, dass die Klägerin keine Nachweise dafür habe vorlegen können, dass sie (Vorzugs-)Aktionärin der A geworden sei.
27 bbb) Anknüpfend daran ist die rechtliche Würdigung des FG nicht zu beanstanden, die Klägerin habe eine Risikogemeinschaft und damit ein Gesellschaftsverhältnis zur A begründen wollen, die an die A gezahlte Anlagesumme stelle ihre Einlage dar und das Rechtsverhältnis sei aus inländischer Sicht als typisch stille Beteiligung i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG zu behandeln.
28 b) Die Vorentscheidung ist jedoch rechtsfehlerhaft, soweit das FG im Streitjahr einen Zufluss von Kapitalerträgen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 11 Abs. 1 EStG in Höhe von 973 € als zutreffend erachtet hat.
29 aa) Nach der ständigen Rechtsprechung führen Gutschriften über wiederangelegte Renditen in Schneeballsystemen zu Einnahmen aus Kapitalvermögen i.S. von § 20 EStG, wenn der Schuldner der Erträge leistungsbereit und leistungsfähig ist (vgl. BFH-Urteil in BFHE 244, 406, BStBl II 2014, 461). Es muss bei beiden „Zuflusstatbeständen“ jeweils die weitere Voraussetzung erfüllt sein, dass der Gläubiger (der Anleger) im Zeitpunkt der Novation oder der Gutschrift in den Büchern des Betreibers des Schneeballsystems tatsächlich in der Lage gewesen ist, die Auszahlung ohne weiteres Zutun des leistungsbereiten und leistungsfähigen Schuldners herbeizuführen (vgl. BFH-Urteile in BFHE 196, 112, BStBl II 2001, 646; in BFHE 223, 166, BStBl II 2009, 190; in BFHE 244, 406, BStBl II 2014, 461, Rz 27).
30 bb) Maßgeblich für die Prüfung der Leistungsfähigkeit und -bereitschaft des Schneeballsystembetreibers ist der Zeitpunkt der Gutschriftserteilung oder der Vereinbarung, Renditen wiederanzulegen (, BFHE 245, 295, BStBl II 2014, 698). Dieser Zeitpunkt ist auch relevant für den Zufluss der Erträge gemäß § 11 EStG.
31 cc) Eine fehlende Leistungsfähigkeit und –bereitschaft der A im Streitjahr ist nicht aufgrund des Vorbringens in den Schriftsätzen vom und zu bejahen. Es handelt sich hierbei um neuen Sachvortrag im Revisionsverfahren, der gemäß § 118 Abs. 2 FGO unbeachtlich ist. Zudem stellt die im Urteil des Landgerichts…vom…wiedergegebene interne Äußerung des Directors der A gegenüber seinen Vertriebsleitern von Anfang März 2008, die A habe „weder in der Vergangenheit noch aktuell über das notwendige Kapital verfügt, erfolgreiche Geschäfte zu tätigen“, die Leistungsfähigkeit und -bereitschaft der A im Streitjahr nicht in Frage. Denn maßgeblich hierfür ist allein das Verhalten der A im Außenverhältnis. Von einem nicht mehr leistungsbereiten und -fähigen Betreiber des Schneeballsystems kann vor Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über dessen Vermögen erst ausgegangen werden, wenn dieser auf einen Auszahlungswunsch des Anlegers hin eine sofortige Auszahlung ablehnt und stattdessen über anderweitige Zahlungsmodalitäten verhandelt (BFH-Urteil in BFHE 244, 406, BStBl II 2014, 461, Rz 35). Ob eine Deckungslücke zwischen den dem Betreiber des Schneeballsystems tatsächlich zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln und den tatsächlich bestehenden Forderungen aller Anleger, wenn diese hypothetisch auf einen Schlag zu befriedigen wären, im Zeitpunkt der Novation oder Gutschrifterteilung bestanden hat, ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats kein Hindernis für die Annahme eines Zuflusses gutgeschriebener oder wiederangelegter Kapitalerträge, solange das Schneeballsystem als solches funktioniert, d.h. die Auszahlungsverlangen der Anleger ohne Einschränkung bedient werden (BFH-Urteil in BFHE 244, 406, BStBl II 2014, 461, Rz 36). Feststellungen zum Verhalten der A im Außenverhältnis, die auf eine fehlende Leistungsbereitschaft und -fähigkeit der A im Streitjahr schließen lassen könnten, hat das FG nicht getroffen.
32 dd) Die Feststellungen des FG tragen aber nicht dessen Würdigung, der Klägerin sei im Streitjahr eine Rendite in Höhe von 973 € durch Gutschrift und Wiederanlage des Betrags zugeflossen. Diese Würdigung des FG ist angesichts des Gesamtergebnisses des Verfahrens widersprüchlich und nicht von ausreichenden Feststellungen getragen. Hierbei handelt es sich um einen materiell-rechtlichen Fehler des FG bei der Urteilsfindung, den der Senat gemäß § 118 Abs. 3 Satz 2 FGO auch ohne Rüge zu beachten hat (, BFHE 189, 255, BStBl II 1999, 670, m.w.N.) und der zur Aufhebung der Vorentscheidung führt.
33 Die Annahme von Einkünften gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG in Höhe von 973 € widerspricht dem Inhalt der Einkommensteuererklärung und des angefochtenen Bescheids. Die Klägerin hat in der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr gemäß § 32d Abs. 3 EStG Einkünfte aus Kapitalvermögen, die dem inländischen Steuerabzug nicht unterlegen haben, in Höhe von 893 € erklärt. Nur in dieser Höhe sind die Einkünfte nach Abzug des Sparer-Pauschbetrags auch im angefochtenen Bescheid enthalten.
34 Nach den Feststellungen des FG erhielt die Klägerin zu „Beginn jeden Jahres“ eine Mitteilung über die Rendite sowie darüber, dass sich ihre Beteiligung (in Höhe der Einlage und der wiederangelegten Rendite) um ein Jahr verlängere. Auf ein bestimmtes Schreiben zur Höhe der Einkünfte für das Streitjahr hat sich das FG in der Vorentscheidung nicht bezogen.
35 Die einzige Gutschrift einer Rendite durch die A, die in der Gerichtsakte des FG enthalten ist und auf die sich das FG bezogen hat, datiert vom . Auch wenn der Senat den Inhalt dieses Schreibens durch das FG als festgestellt ansehen würde, lässt sich aus dessen Inhalt nicht der in der Einkommensteuererklärung und dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid angesetzte Betrag von Einkünften in Höhe von 893 € für die Klägerin ableiten.
36 Der Klägerin wird in diesem Schreiben mitgeteilt, ihre Beteiligung verlängere sich „zum “ mit einem Anlagebetrag von 5.793 € um ein Jahr bis zum , es sei denn, es ergehe noch vor dem eine anderweitige Mitteilung zur Höhe des Anlagebetrags. Dass der Anlagebetrag zum nicht dem zum bescheinigten Betrag entsprach, ist nicht festgestellt worden und auch sonst nicht ersichtlich. Der Anlagebetrag der Klägerin betrug auf dieser Grundlage somit zum 5.793 € und enthielt eine gutgeschriebene Rendite in Höhe von 973 €. Diese Rendite ist der Klägerin im Wege der Gutschrift und Wiederanlage aber dann auch „zum “ und damit noch im Veranlagungszeitraum 2009 und somit nicht im Streitjahr zugeflossen.
37 Worauf der von der Klägerin in der Einkommensteuererklärung angegebene Betrag von nicht dem inländischen Kapitalertragsteuerabzug unterliegenden Einkünften in Höhe von 893 € beruht, ist daher weder festgestellt und auch sonst nicht ersichtlich.
38 3. Die Sache ist nicht spruchreif und an das FG zurückzuverweisen. Der Senat kann nicht abschließend beurteilen, in welcher Höhe der Klägerin aus der Vereinbarung mit der A Einkünfte gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG im Streitjahr zugeflossen sind.
39 4. Über die von den Klägern erhobene Verfahrensrüge ist nicht zu entscheiden, da das Urteil des FG schon aus anderen Gründen aufzuheben ist (vgl. z.B. , BFH/NV 2004, 949, unter II.1.).
40 5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BFH:2017:U.290817.VIIIR13.16.0
Fundstelle(n):
BFH/NV 2018 S. 189 Nr. 2
AAAAG-68030