BFH Beschluss v. - V B 113/01

Gründe

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) handelte in den Streitjahren (1991 und 1992) mit Diamanten, die er an Privatkunden als Kapitalanlage veräußerte. Im Rahmen einer Werbemaßnahme (sog. ”10-Plus-Aktion”) verpflichtete er sich gegenüber neuen Privatkunden bei fristgerechter Zahlung ”zur Rücknahme des/der Brillanten (Aufhebung des Kaufvertrages)”, wenn der/die Brillanten in einer bestimmten Zeitspanne zurückgesandt wurde/ wurden. Der Käufer erhielt dann den gesamten Kaufpreis zurück, zuzüglich eines ”Mehrerlöses (Entschädigung) in Höhe von mindestens 10 %”.

Daneben nahm der Kläger 1991 bei ihm gekaufte Diamanten zurück, wenn der Kunde im Rahmen eines Neugeschäftes einen wertvolleren Diamanten erwarb (sog. Umtauschaktion). Der Kunde zahlte in diesem Falle nur die Differenz zwischen dem Ankaufspreis —der nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) höher als der ursprüngliche Verkaufspreis lag— und dem Verkaufspreis für den neuen Diamanten.

Die Rückgabe der Diamanten durch den jeweiligen Käufer —sowohl im Rahmen der 10-Plus-Aktion als auch im Rahmen der sog. Umtauschaktion— behandelte der Kläger in seinen Umsatzsteuer-Jahreserklärungen für 1991 und 1992 jeweils als Rückgängigmachung der ursprünglichen Lieferung i.S. des § 17 Abs. 2 Nr. 3 des Umsatzsteuergesetzes 1991 (UStG) und berichtigte dementsprechend die für den ursprünglichen Umsatz geschuldete Umsatzsteuer (§ 17 Abs. 1 Nr. 1 UStG).

Dagegen kam der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) im Anschluss an eine Außenprüfung bei dem Kläger zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Rückgabe von Diamanten im Rahmen der beiden Aktionen nicht um die Rückgängigmachung des ursprünglichen Umsatzes, sondern um eine Rücklieferung des jeweiligen Käufers handle. Das FA änderte durch Bescheide vom die ursprünglichen Umsatzsteuer-Festsetzungen für die Streitjahre entsprechend.

Das FG wies die dagegen nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage ab. Es führte zur Begründung im Wesentlichen aus:

Rückgängigmachung einer Lieferung i.S. des § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG sei anzunehmen, wenn der Lieferungsempfänger das der Hinlieferung zugrunde liegende Umsatzgeschäft beseitige oder sich auf dessen Unwirksamkeit berufe, die zuvor begründete Erwartung des Lieferers auf ein Entgelt dadurch entfalle und der Lieferungsempfänger den empfangenen Gegenstand in Rückabwicklung des Umsatzgeschäfts zurückgebe. Dagegen sei eine Rücklieferung gegeben, wenn die Beteiligten ein neues Umsatzgeschäft eingingen und der Empfänger der Hinlieferung dieses dadurch erfülle, dass er dem ursprünglichen Lieferer die Verfügungsmacht an dem hingelieferten Gegenstand in Erwartung einer Gegenleistung übertrage. Dabei sei die Abgrenzung aus der Sicht des Empfängers der ursprünglichen Lieferung und nicht aus der Sicht des ursprünglichen Lieferers vorzunehmen (Hinweis auf , BFHE 178, 277, BStBl II 1995, 756).

Im Streitfall liege keine bloße Rückgängigmachung, sondern eine Rücklieferung vor, weil die Entscheidung für die Rückgabe auf der eigenen wirtschaftlichen Beurteilung des jeweiligen Käufers beruht habe und die dabei erlangte Zahlung jeweils höher als die ursprünglich gegebene Gegenleistung gewesen sei. Der jeweilige Käufer habe sowohl bei der 10-Plus-Aktion als auch bei der Umtauschaktion eine (vorgespiegelte oder tatsächliche) Wertsteigerung realisiert.

Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 1244 abgedruckt.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, die er auf sämtliche Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) stützt.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Nach § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision nur zuzulassen, wenn

a) die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder

b) die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH

erfordert oder

c) ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Die Nichtzulassung der Revision kann gemäß § 116 Abs. 1 FGO durch Beschwerde angefochten werden. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

2. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Zulassung der Revision kommt nur wegen einer klärungsbedürftigen und im Streitfall klärbaren Rechtsfrage in Betracht. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn sich die streitige Rechtsfrage ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten lässt oder bereits aufgrund der Rechtsprechung geklärt ist (vgl. , BFH/NV 2000, 243).

b) Der Kläger hält für klärungsbedürftig i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, ob die Rückgabe eines Wirtschaftsgutes von einer Privatperson unter den gleichen Voraussetzungen und Kriterien umsatzsteuerrechtlich zu beurteilen sei, wie unter Unternehmern.

Diese Frage lässt sich ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten. Sie ist zu bejahen. Weder § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG noch der Rechtsprechung des Senats im Urteil in BFHE 178, 277, BStBl II 1995, 756 ist zu entnehmen, dass sich die Entscheidung, ob eine Rückgängigmachung einer Lieferung oder eine Rücklieferung vorliegt, nach unterschiedlichen Kriterien handelt, je nachdem ob der ursprüngliche Leistungsempfänger ein Unternehmer oder ein Nichtunternehmer war.

Durch die allgemeinen Hinweise des Klägers auf den Charakter der Umsatzsteuer als Verbrauchsteuer und darauf, dass sich mittlerweile die Handelssitten grundlegend geändert hätten, wird eine grundsätzliche Bedeutung der von ihm herausgestellten Rechtsfrage nicht i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt.

c) Im Übrigen hat das FG bei seiner Entscheidung —zutreffend—

u.a. die Angaben des Klägers in seiner zur Kundenwerbung herausgegebenen Broschüre und die konkreten Vertragsbedingungen berücksichtigt. Das Urteil ist maßgeblich auf eine Würdigung der Umstände des Einzelfalls gestützt. Auch dies steht einer Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung entgegen (vgl. z.B. , BFH/NV 2001, 351).

3. Die Revision kann ferner nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen werden, auch wenn die Anwendung der oben wiedergegebenen Grundsätze auf den Streitfall durch das FG nicht zu dem einzig vertretbaren Ergebnis geführt haben mag.

a) Der Kläger macht hierzu geltend, die Vorentscheidung stehe im Gegensatz zu dem rechtskräftigen Urteil des Schleswig-

Holsteinischen (EFG 1973, 48). Nach diesem Urteil brauche die Rückgängigmachung einer Lieferung (Aufhebung des Kaufvertrags) nicht auf einer gesetzlichen Grundlage zu beruhen oder vertraglich vorbehalten zu sein. Die Rückleistung müsse auch nicht innerhalb der Gewährleistungsfrist vollzogen sein. Das zurückgezahlte Entgelt könne erheblich unter dem ursprünglichen Betrag liegen, wenn sich die Differenz als Nutzungsvergütung darstelle.

b) Diese Ausführungen genügen den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO nicht. Der Kläger hat nicht divergierende Rechtssätze der beiden FG-Entscheidungen so gegenübergestellt, dass daraus eine Abweichung erkennbar wäre (vgl. dazu , BFH/NV 2002, 650). Er hat auch keine Ausführungen dazu gemacht, ob das Urteil des Schleswig-Holsteinischen FG aus dem Jahre 1972 durch die nachfolgende Rechtsprechung des BFH in BFHE 178, 277, BStBl II 1995, 756 überholt ist.

4. Eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO wegen eines Verfahrensfehlers scheidet ebenfalls aus.

a) Der Kläger macht hierzu im Wesentlichen geltend, die Vorentscheidung beruhe auf dem schwerwiegenden Fehler, dass das FG nach der mündlichen Verhandlung Unterlagen (die Betriebsprüfer-Handakte) zu seinen Akten genommen und ausgewertet habe, die ihm (dem Kläger) nicht zugänglich gewesen seien und die Auswirkungen auf das Urteil gehabt hätte.

b) Diese Behauptung des Klägers begründet keinen Verfahrensfehler des FG. Nach dem Protokoll über die mündliche Verhandlung hat die Vertreterin des FA vor Erörterung der Sach- und Rechtslage das ”Fallheft” zu den Akten gereicht. Bei diesem ”Fallheft” handelt es sich um die Betriebsprüfer-Akte.

Der Vortrag des Klägers, das FG habe nach Schluss der mündlichen Verhandlung die Betriebsprüfer-Akte zu seinen Akten genommen, steht mithin im Widerspruch zum Sitzungsprotokoll, dem als öffentliche Urkunde gemäß § 94 FGO i.V.m. § 165 der Zivilprozessordnung erhöhte Beweiskraft zukommt (vgl. , BFH/NV 2001, 638).

5. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
BFH/NV 2002 S. 1353 Nr. 10
UAAAA-68397