Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger), zur Einkommensteuer zusammenveranlagte, in Gütergemeinschaft lebende Ehegatten, haben ihren Wohnsitz im Kreis A. Als Eigentümer zweier im Finanzamtsbezirk A belegener land- und forstwirtschaftlicher Betriebe sind sie bei der landwirtschaftlichen Alterskasse und bei der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft pflichtversichert.
Nachdem die Kläger in den Wirtschaftsjahren 1992/93 und 1993/94 ihrer Wohnsitzgemeinde insgesamt ca. 40 ha Grund und Boden eines ihrer land- und forstwirtschaftlichen Betriebe verkauft und den Veräußerungsgewinn einer Rücklage nach § 6b des Einkommensteuergesetzes (EStG) zugeführt hatten, erwarben sie in den Wirtschaftsjahren 1992/93 und 1993/94 ca. 107 ha land- und forstwirtschaftlicher Nutzflächen im Landkreis B. Dabei handelte es sich um eine größere Anzahl von Einzelparzellen unterschiedlicher Größe, die flächenmäßig nicht miteinander verbunden sind. Bis zum waren die Flächen teilweise an einen anderen Landwirt und im Übrigen (26,0186 ha) an die landwirtschaftliche Produktivgenossenschaft B e.G. verpachtet. Die Kläger unterhielten bei einem Landhandel eigene Konten und verfügten über ein eigenes Rübenkontingent bei einer Zuckerfabrik.
Mit Wirkung zum schlossen die Kläger mit der landwirtschaftlichen Produktivgenossenschaft B e.G. einen Vertrag über Arbeitserledigung mit Ernteteilung (sog. Crop-Sharing). Danach war die Genossenschaft beauftragt, die Bodenbearbeitung, Bestellung, Mineraldüngung, Pflege und Ernte einschließlich der Transporte und der Aufbereitung wirtschaftseigenen Saatgutes auf den in einer Anlage bezeichneten Flächen, nämlich auf den erworbenen Flächen von insgesamt 107,57 ha, durchzuführen. Die Kläger verpflichteten sich, die Genossenschaft spätestens drei Monate vor Beginn der Herbstbestellung darüber zu informieren, welche ihrer Flächen mit welchen Fruchtarten zu bestellen sind. Der Vertrag sah weiter vor, dass sich die Beteiligten über Auswahl und Bezug des Saatguts und der Dünge- und Pflanzenschutzmittel verständigen und die Kläger den auf ihren Betrieb entfallenden Anteil zu bezahlen hatten. Anstelle einer festen Vergütung erhielt die Genossenschaft für die von ihr ausgeführten Feldarbeiten einen Anteil am Ernteertrag in Höhe von 35 v.H.
Im Dezember 1994 gaben die Kläger eine Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1993 für sie beide ab. Die ebenfalls vorgelegten Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen für das Normal-Wirtschaftsjahr der Land- und Forstwirte vom 1. Juli bis zum 30. Juni des Folgejahrs wiesen für das Wirtschaftsjahr 1992/93 ein Ergebnis von 0 DM und für das Wirtschaftsjahr 1993/94 einen Gewinn von 26 142 DM aus, so dass sich für 1993 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von 13 071 DM ergaben. In ihrer Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1994 (eingegangen beim Beklagten und Revisionskläger, dem Finanzamt —FA—, am ) gaben die Kläger einen Verlust aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von 3 629 DM an.
Das FA lehnte es mit Bescheid vom ab, die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft einheitlich und gesondert festzustellen. Dieser Bescheid enthielt keinerlei Hinweis auf ein bestimmtes Wirtschaftsjahr oder einen bestimmten Veranlagungszeitraum.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhoben die Kläger Klage zum Finanzgericht (FG) und begehrten, den ablehnenden Bescheid vom sowie den Einspruchsbescheid vom aufzuheben und das FA zu verpflichten, für 1993 einen Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von 13 071,33 DM sowie für 1994 einen Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von ./. 3 628,29 DM einheitlich und gesondert festzustellen.
Während des Klageverfahrens erließ das FA am einen neuen Bescheid, mit dem es nunmehr ablehnte, Gewinnfeststellungsbescheide für die Jahre 1993 bis 1995 zu erlassen.
Das FG gab der Klage durch das in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1999, 1183 veröffentlichte Zwischenurteil statt. Es stellte fest, dass die Kläger aufgrund des Vertrages mit der Produktivgenossenschaft B e.G. ab Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielten, und führte zur Begründung aus: Der Ablehnungsbescheid vom sei zwar rechtswidrig oder gar nichtig, weil er sich nicht auf bestimmte Jahre beziehe; diese Frage lasse das Gericht aber offen, weil es hierauf für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht ankomme. Es könne nämlich festgestellt werden, dass die Kläger ab Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt hätten. Auf Grund des Ernteteilungsvertrags hätten die Kläger eine planmäßige Bodennutzung betrieben, die Erzeugnisse auf eigenes Risiko verwertet und über die Produktivgenossenschaft am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr mit
Gewinnerzielungsabsicht teilgenommen.
Mit seiner dagegen gerichteten, vom FG zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
Es beantragt die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen die Revision zurückzuweisen.
I. Die Revision ist statthaft. Zwischenurteile i.S. des § 99 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) sind selbständig mit der Revision anfechtbar (§ 115 Abs. 1 FGO), da diese Entscheidungen keiner Rechtsmittelbeschränkung unterliegen wie sie etwa in § 67 Abs. 3 FGO für ein Zwischenurteil nach § 97 FGO über die Zulässigkeit einer Klageänderung vorgesehen ist (, BFHE 173, 40, BStBl II 1994, 250, und vom IV R 54/97, BFHE 187, 418, BStBl II 2000, 139, jeweils m.w.N.; a.A. Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., 1997, § 99 Anm. 9).
II. Die Revision ist auch begründet.
1. Die Voraussetzungen für den Erlass eines Zwischenurteils gemäß § 99 Abs. 2 FGO lagen im Streitfall zwar vor. Die Frage, welcher Einkunftsart die Erträge der Kläger zuzuordnen sind, ist entscheidungserheblich und insbesondere für die Möglichkeit der Übertragung einer Rücklage nach § 6b EStG von Bedeutung. Das FG hielt eine Entscheidung durch Zwischenurteil für sachdienlich. Kläger und FA haben dem Erlass des Zwischenurteils insoweit nicht widersprochen.
2. Die Revision des FA ist gleichwohl begründet; das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Das FG hat bei seiner Entscheidung außer Acht gelassen, dass der angefochtene Bescheid während des Klageverfahrens ersetzt wurde.
a) Nach den Feststellungen des FG hat das FA den Klägern einen neuen Bescheid vom bekannt gegeben, der anders als der angefochtene Bescheid vom ausdrücklich die Ablehnung von Gewinnfeststellungsbescheiden für die Jahre 1993 bis 1995 zum Gegenstand hat. Das FG hat gleichwohl den ursprünglichen Ablehnungsbescheid als Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens behandelt und entschieden, dass ungeachtet der Rechtswidrigkeit oder gar Nichtigkeit dieses Bescheids wegen Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot die Feststellung möglich sei, dass die Kläger ab Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt hätten.
b) Im Streitfall kann dahinstehen, ob der negative Feststellungsbescheid vom mangels Angabe eines bestimmten Feststellungszeitraums nichtig oder nur rechtswidrig ist. Jedenfalls ersetzte der Bescheid vom diesen ursprünglichen, von den Klägern angefochtenen Bescheid mit der Möglichkeit, den neuen Bescheid —jedenfalls für die Jahre 1993 und 1994— in das anhängige Klageverfahren überzuleiten. Da auch gegen einen Scheinverwaltungsakt Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage erhoben werden kann, muss ein später formell wirksam erlassener ”Änderungs"bescheid gemäß § 68 FGO in das Klageverfahren übergeleitet werden können (, BFHE 153, 530, BStBl II 1988, 868, und vom V R 17/86, BFH/NV 1993, 279, sowie Senatsbeschluss vom IV R 36/98, BFH/NV 1999, 1117).
Nach der Rechtsprechung des BFH ergibt sich aus dem Verhältnis des Änderungsbescheids zum ursprünglichen Bescheid verfahrensrechtlich, dass dem gegen den ursprünglichen Bescheid anhängigen Verfahren so lange die Grundlage entzogen ist, als der Änderungsbescheid Bestand hat (ständige Rechtsprechung seit dem Beschluss des Großen Senats des , BFHE 108, 1, BStBl II 1973, 231, zu III. 4. der Entscheidungsgründe). Das FG wäre danach gehalten gewesen, wegen der Anfechtung des Änderungsbescheids das vorliegende Verfahren gegen den ursprünglichen Bescheid auszusetzen, bis eine rechtskräftige Entscheidung über den Änderungsbescheid ergangen ist (Großer Senat des BFH in BFHE 108, 1, BStBl II 1973, 231). Ob der Änderungsbescheid über einen Antrag nach § 68 FGO a.F. zumindest für die Jahre 1993 und 1994 zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden ist, ob stattdessen Einspruch eingelegt wurde oder beide Maßnahmen von den Klägern ergriffen wurden, lässt sich der Vorentscheidung nicht entnehmen. Auch bei der Verpflichtungsklage ist der Antrag nach § 68 FGO a.F. jedenfalls zulässig. Nach der Rechtsprechung des BFH findet § 68 FGO a.F. auch auf die Verpflichtungsklage entsprechende Anwendung (z.B. , BFHE 165, 345, BStBl II 1992, 123, und vom VIII R 56/91, BFH/NV 1996, 304, jeweils m.w.N.).
c) Die Vorentscheidung beruht auf einer anderen Rechtsauffassung und ist daher aufzuheben. Mangels entsprechender Feststellungen des FG ist der Senat daran gehindert, das Verfahren selbst auszusetzen. Eine Aussetzung des Verfahrens in entsprechender Anwendung des § 74 FGO (Großer Senat des BFH in BFHE 108, 1, BStBl II 1973, 231, zu III. 5. der Entscheidungsgründe) kommt nur in Betracht, wenn der Änderungsbescheid vom mit dem Einspruch angefochten ist. Stellt sich allerdings heraus, dass ein wirksamer Antrag nach § 68 FGO a.F. vorliegt, so hat dieser Vorrang und das Verfahren ist mit dem Änderungsbescheid als Verfahrensgegenstand fortzusetzen. Ist der negative Feststellungsbescheid vom hingegen bestandskräftig geworden, so wäre der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt. Nur für den Fall der Überleitung des Bescheids vom in das vorliegende Verfahren wäre eine Entscheidung in der Sache zu treffen, die dem Senat im anhängigen Revisionsverfahren verwehrt ist.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2002 S. 524 Nr. 4
TAAAA-68380