Gründe
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) überwies im Streitjahr (1996) 14 000 DM an seine in der Türkei lebende Schwägerin und deren (im Streitjahr 24, 19 und 17 Jahre alten) Kinder. In seiner Einkommensteuererklärung machte er diese Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung (”Unterhalt für bedürftige Angehörige”) geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) ließ die Aufwendungen —auch im Einspruchsverfahren— nicht zum Abzug zu. Er verwies dazu auf die gesetzliche Neuregelung in § 33a Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.F. des Jahressteuergesetzes (JStG) 1996 vom (BGBl I, 1250), nach der nur noch Unterhaltsaufwendungen an gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen zu berücksichtigen seien.
Die Klage, mit der sich der Kläger darauf berief, dass seine Schwägerin und deren Kinder nach dem frühen Tod seines Bruders mittellos gewesen seien, wies das Finanzgericht (FG) mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1999, 70 veröffentlichten Urteil als unbegründet ab.
Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Zum einen sei die vom FG der Entscheidung zugrunde gelegte Regelung in § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG verfassungswidrig, zum anderen habe das FG den § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG unzutreffend ausgelegt. Er führt u.a. aus, es verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 des Grundgesetzes (GG), wenn Leistungen an unterhaltsberechtigte Personen berücksichtigt würden, während Zahlungen an die weitere Verwandtschaft steuerrechtlich unbeachtlich seien, obwohl der Leistende in gleichem Maße belastet sei. Ferner werde der Grundsatz verletzt, den Steuerbürger nur unter Beachtung seiner Leistungsfähigkeit durch Abgaben zu belasten. Seine, des Klägers, Leistungsfähigkeit werde maßgeblich durch die Zahlungen an die Schwägerin und deren Kinder geprägt, so dass diese Belastung auch bei der Ermittlung seiner Steuerschuld zu berücksichtigen sei. Bei den strittigen Unterstützungszahlungen handele es sich um Aufwendungen, die notwendig seien, um die in der Türkei lebenden Angehörigen wegen des dort fehlenden Sozialsystems vor der Verelendung zu bewahren. Die Regelung in § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG trage auch den sozialen Bindungen innerhalb der Familie, die gemäß Art. 6 GG unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stehe, nicht in ausreichendem Maße Rechnung. Familiäre Bindungen und damit verbundene sittliche und moralische Verpflichtungen bestünden auch zu Mitgliedern, die nicht unmittelbar nach deutschem Zivilrecht unterhaltsberechtigt seien.
Der Kläger beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung und unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 1996 in der Form der Einspruchsentscheidung bei der Festsetzung der Einkommensteuer Unterstützungsleistungen in Höhe von 14 000 DM als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Das Bundesministerium der Finanzen ist dem Verfahren beigetreten, ohne einen Antrag zu stellen. Es vertritt die Auffassung, der Begriff der gesetzlichen Unterhaltspflicht im Rahmen des § 33a Abs. 1 EStG in der ab geltenden Fassung werde aufgrund des internationalen Privatrechts und/oder des Gemeinschaftsrechts nicht erweitert. Der Kläger werde durch die Nichtberücksichtigung der Unterhaltsleistungen an seine Schwägerin und deren Kinder als außergewöhnliche Belastung auch nicht in seinen Grundrechten verletzt.
II. Die Revision des Klägers ist unbegründet. Sie war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
Das FG hat zu Recht die Unterhaltsleistungen an die in der Türkei lebenden Angehörigen des Klägers nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt.
Voraussetzung für die steuerliche Berücksichtigung der einem Steuerpflichtigen erwachsenden Aufwendungen für den Unterhalt einer Person, für die weder der Steuerpflichtige noch eine andere Person Anspruch auf einen Kinderfreibetrag oder auf Kindergeld hat, ist nach § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG in der hier anzuwendenden Fassung u.a., dass die unterhaltene Person gegenüber dem Steuerpflichtigen gesetzlich unterhaltsberechtigt ist. Ob ein Unterhaltsanspruch vorliegt, richtet sich nach inländischem Recht, d.h. nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Diese Rechtsgrundsätze gelten nach § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG auch für in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) lebende ausländische Steuerpflichtige, die ihre Angehörigen im In- oder Ausland unterstützen (, BFH/NV 1991, 669). Im Streitfall besteht weder für den Kläger selbst noch für die mit ihm zusammenveranlagte Ehefrau eine rechtliche Verpflichtung, die Schwägerin und deren Kinder zu unterstützen. Denn nach deutschem Recht sind nur Ehegatten (§§ 1360 f. BGB) und Verwandte in gerader Linie (§§ 1601 f. BGB) gesetzlich unterhaltspflichtig. Zu diesem Personenkreis gehören die vom Kläger unterstützten Personen nicht. Eine nur sittliche Pflicht zur Unterhaltsgewährung —wie sie der Kläger geltend macht— reicht für die Anwendung des § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG nicht mehr aus.
Selbst wenn der Kläger —was er jedoch selbst nicht behauptet— nach türkischem Recht verpflichtet wäre, seine Schwägerin und deren Kinder zu unterstützen, führte dies nicht zu einer Berücksichtigung seiner Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung. § 33a Abs. 1 Satz 5 i.V.m. Satz 1 EStG bestimmt, dass sich die Abziehbarkeit von Unterhaltsleistungen ausschließlich nach deutschem Recht richtet. Darauf hat der BFH bereits in seiner Entscheidung vom VI R 244/80 (BFHE 140, 250, BStBl II 1984, 527) hingewiesen.
Das FG ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass die von dem Kläger unterstützten Angehörigen in der Türkei nicht zu den gesetzlich Unterhaltsberechtigten gleichgestellten Personen i.S. des § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG gehören, bei denen eine Unterhaltspflicht unterstellt wird. Dieser Personenkreis umfasst die Unterhaltsempfänger, bei denen die Unterhaltszahlungen des Steuerpflichtigen zur Kürzung von Sozialleistungen geführt haben, wie dies z.B. bei der eheähnlichen Gemeinschaft nach § 137 Abs. 2a des Arbeitsförderungsgesetzes oder § 122 Abs. 1 des Bundessozialhilfegesetzes möglich ist.
Ein Abzug der Unterhaltszahlungen kommt auch nicht nach § 33 Abs. 1 und 2 EStG in Betracht. Denn § 33a Abs. 5 EStG schließt die Anwendung des § 33 EStG für typische Unterhaltsaufwendungen zugunsten anderer Personen aus. Hieran hat sich auch durch die Neufassung des § 33a EStG im JStG 1996 nichts geändert. Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich vielmehr (BTDrucks 13/1686, 42), dass der Gesetzgeber die Abzugsmöglichkeiten für Unterhaltsleistungen aufgrund sittlicher Verpflichtung einschränken wollte. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf die Gründe seines Urteils vom III R 8/01.
Die durch die Gesetzesänderung geschaffene Rechtslage ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Es liegt insbesondere kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor. Der Gesetzgeber ist von Verfassungs wegen nicht verpflichtet, jedwede, sei es den Steuerpflichtigen nach ausländischem Recht treffende oder aber sittlich als geboten erscheinende Unterhaltsleistungen zum Abzug zuzulassen. Der Senat verweist dazu ebenfalls auf seine Ausführungen in der Entscheidung vom III R 8/01.
Da die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen schon dem Grunde nach keine außergewöhnliche Belastung i.S. des § 33a EStG darstellen, kann dahinstehen, ob die in dieser Vorschrift festgelegte Begrenzung des Abzugs von Unterhaltsleistungen auf 12 000 DM verfassungsgemäß ist.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 20
BFH/NV 2003 S. 20 Nr. 1
DAAAA-68303