BFH Beschluss v. - II B 37/00

Gründe

I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sind Rechtsnachfolger der am verstorbenen R.

R hatte aufgrund des gegen sie erlassenen Erbschaftsteuerbescheides vom in gemäß § 28 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) festgesetzten Raten insgesamt ... DM Erbschaftsteuer gezahlt. Mit Bescheiden vom hob der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) den Erbschaftsteuerbescheid vom auf und setzte wegen des Erwerbs, der dem aufgehobenen Bescheid zugrunde lag, Schenkungsteuer in Höhe von ... DM gegen R fest. Die von R geleisteten Raten wurden verrechnet und der Restbetrag gestundet. R leistete weitere Teilzahlungen bis zu einem Gesamtbetrag von ... DM.

Gegen den Schenkungsteuerbescheid vom hatte R Klage erhoben. Durch rechtskräftiges Urteil vom hob das Finanzgericht (FG) den Bescheid auf. Das FA erstattete daraufhin die geleisteten Zahlungen und setzte mit Bescheid vom gemäß § 236 der Abgabenordnung (AO 1977) Prozesszinsen in Höhe von ... DM fest. Gegen diesen Bescheid legte R Einspruch ein, über den das FA noch nicht entschieden hat.

Mit Schreiben vom beantragte R die Erstattung weiterer Zinsen in Höhe von ... DM. Dieser Betrag ergebe sich nach Abzug der Prozesszinsen von ihrem Zinsschaden in Höhe von ... DM. Das FA lehnte den Antrag ab und wies den dagegen eingelegten Einspruch zurück.

Mit der von R erhobenen Klage begehrten die Kläger als Rechtsnachfolger, in analoger Anwendung des § 233a AO 1977 Zinsen auf den Erstattungsanspruch für die Zeit seit Zahlung der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer festzusetzen. Sie vertraten die Auffassung, der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) sei verletzt, wenn die Erstattung von Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer von der Vollverzinsung gemäß § 233a AO 1977 ausgenommen werde.

Das FG wies die Klage ab. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger, mit der diese beantragen, die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

II. 1. Der Erfolg der Beschwerde beurteilt sich nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in der Fassung vor Änderung durch das Zweite Gesetz zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom (BGBl I 2000, 1757). Denn gemäß Art. 4  2.FGOÄndG richtet sich die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs gegen eine gerichtliche Entscheidung nach den bis zum geltenden Vorschriften, wenn die Entscheidung vor dem verkündet oder von Amts wegen anstelle einer Verkündung zugestellt worden ist. Dies ist hier der Fall; das Urteil des FG ist am zugestellt worden.

2. Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung gestützte Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Sie genügt nicht den Begründungsanforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO.

a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO a.F., wenn über eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und einheitlichen Handhabung des Rechts berührt (, BFHE 122, 119, BStBl II 1977, 608). Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar sein. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist gemäß § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F. in der Beschwerdebegründung schlüssig und substantiiert darzulegen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFHE 147, 219, BStBl II 1986, 858). Der Beschwerdeführer muss demnach eine bestimmte Rechtsfrage herausstellen, die für den Rechtsstreit erheblich sein kann und im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig ist (, BFH/NV 1987, 312).

b) Die Kläger begehren die Festsetzung von Erstattungszinsen in analoger Anwendung von § 233a AO 1977. Aus diesem Begehren und dem Kontext der Ausführungen kann entnommen werden, dass die Kläger die Rechtsfrage herausstellen, ob § 233a AO 1977 analog auf Erstattungen von Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer anzuwenden ist.

Die Kläger haben die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache in Bezug auf diese Rechtsfrage nicht i.S. von § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F. dargelegt. Hierzu war erforderlich, in der Beschwerdeschrift konkret auf die Klärungsbedürftigkeit einzugehen (vgl. dazu Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 115 Rdn. 9). Die Kläger hätten sich damit auseinander setzen müssen, inwiefern sich die Beantwortung der aufgeworfenen Frage nach der analogen Anwendung einer Gesetzesvorschrift nicht bereits aus den maßgebenden Rechtsnormen oder allgemeinen Rechtsgrundsätzen ergibt. Ferner wäre eine Auseinandersetzung mit dem Meinungsstand in Rechtsprechung, Schrifttum und publizierter Verwaltungsauffassung erforderlich gewesen.

c) Aus der Wiedergabe ihres Klagebegehrens in der Beschwerdeschrift kann zugunsten der Kläger entnommenen werden, dass sie zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die weitere Rechtsfrage aufwerfen, ob die Nichtverzinsung von Ansprüchen auf Erstattung von Erbschaft- oder Schenkungsteuer gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Sie führen hierzu aus, der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers erlaube keinen Ausschluss von der Verzinsung zurückzuerstattender Steuer; ein sachlich einleuchtender Grund für eine ungleiche Behandlung sei nicht erkennbar.

Auch die Behauptung der Verfassungswidrigkeit einer entscheidungserheblichen Norm macht es nicht entbehrlich, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage i.S. des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F. darzulegen (, BFH/NV 1999, 657). Da die Bejahung grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage deren Klärbarkeit im angestrebten Revisionsverfahren voraussetzt, muss der Beschwerdeführer erforderlichenfalls darlegen, dass der BFH nicht aus verfahrensrechtlichen Gründen an einer Entscheidung gehindert und die als klärungsbedürftig bezeichnete Rechtsfrage für den zu entscheidenden Fall rechtserheblich ist.

Diesen Anforderungen an die Begründung der Beschwerde sind die Kläger nicht nachgekommen. Die Beschwerdeschrift enthält keine Ausführungen dazu, ob im Falle der Verfassungswidrigkeit des § 233a AO 1977 eine für sie —die Kläger— günstigere Entscheidung zu treffen wäre, d.h. ob dem Beschwerdeführer das zu gewähren wäre, was ihm das einfache Gesetz vorenthält (vgl. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 1999, 657; vom VIII B 50/98, BFH/NV 1999, 1220). Dies muss mit der Beschwerde schlüssig dargelegt werden, weil es insoweit an einer Offenkundigkeit fehlt. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) ist nämlich nicht ohne weiteres davon auszugehen, dass normverwerfende Entscheidungen dieses Gerichts zu einer rückwirkenden Neuregelung des beanstandeten Gesetzes —und sei es auch nur im Rahmen einer Übergangsregelung für alle noch offenen Fälle— führen (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 1999, 657, m.Nachw. zur Rspr. des BVerfG). Sofern im Falle der behaupteten Verletzung des Gleichheitssatzes die Norm durch das BVerfG für nichtig zu erklären wäre, käme nach Auffassung des (BFHE 165, 172, BStBl II 1991, 885) die Zulassung der Revision nicht in Betracht, weil in diesem Falle die Klage der nicht begünstigten Beschwerdeführer nur abgewiesen werden könne, eine andere Entscheidung —als Voraussetzung der Rechtserheblichkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage— also nicht möglich wäre.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2002 S. 532 Nr. 4
JAAAA-68165