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Finanzgericht Nürnberg Urteil v. - 5 K 1535/16 EFG 2018 S. 1 Nr. 1

Gesetze: EStG § 6b, AO § 233a, AO § 234, AO § 237

Voraussetzungen für den Verzicht auf Festsetzung von Aussetzungszinsen zur Einkommensteuer

Leitsatz

1. Unter dem Gesichtspunkt eines gerechten Ausgleichs zwischen den Geldnutzungsinteressen des Steuergläubigers und denen des Steuerpflichtigen ist es für den Regelfall angemessen, die Entscheidung über die Festsetzung von Aussetzungszinsen als automatische Folge des Verfahrensausgangs über die Steuerfestsetzung auszugestalten. Nur wenn die im Einzelfall maßgebliche materielle Steuerrechtslage ausnahmsweise so beschaffen ist, dass der Ausgang des Rechtsbehelfsverfahrens nicht mehr als Abbild der materiellen Rechtslage aufgefasst werden kann, ist der vom Gesetz gedeckte Regelfall nicht mehr gegeben und eine Einzelfallkorrektur geboten.

2. Die Nachprüfung der Ablehnung des Verzichts auf Festsetzung von Aussetzungszinsen ist auf die Prüfung beschränkt, ob die Behörde bei ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von ihrem eingeräumten Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Ebenso hat das Gericht als Voraussetzung dieser Prüfung nachzuprüfen, ob das Finanzamt den entscheidungserheblichen Sachverhalt einwandfrei und erschöpfend ermittelt und seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat.

3. Bei Überprüfung der Ermessensentscheidung darf das Gericht die für die Ausübung des Ermessens maßgeblichen Erwägungen, die vom Finanzamt vorzunehmen sind, nicht durch eigene Erwägungen ersetzen. Für die gerichtliche Überprüfung von behördlichen Ermessensentscheidungen sind diejenigen tatsächlichen Verhältnisse maßgebend, die dem Finanzamt im Zeitpunkt der letzten Ermessensausübung – hier bei Ergehen der Einspruchsentscheidungen – bekannt waren oder bekannt sein mussten

4. Da der Gesetzgeber sich des Umstandes bewusst war, dass aus den verschiedensten Gründen Steuerforderungen verzinst wurden und werden (§§ 234 ff. AO), er aber gleichwohl eine Vollverzinsung erst für nach dem entstehende Ansprüche anordnete, läuft die Erhebung von Aussetzungszinsen für bestimmte Veranlagungszeiträume auch dann nicht den gesetzlichen Wertungen zuwider, wenn für andere Veranlagungszeiträume mangels gesetzlicher Regelung keine Zinsen auf Erstattungsbeträge zu zahlen sind.

5. Die Verzinsung eines Steueranspruchs kann im Einzelfall unbillig sein, wenn der Steuerschuldner in Kürze mit einer Steuererstattung rechnen kann, ohne dass bereits eine Aufrechnungslage besteht. Eine Verrechnungsstundung setzt voraus, dass der Steuerschuldner zur Zeit der Fälligkeit der Steuerschuld seinen Gegenanspruch bereits nach Grund und Höhe rechtlich und tatsächlich darlegt und dass dieser zeitnah fällig wird. Eine ungewisse Aussicht auf eine Steuererstattung ist nicht ausreichend. Der Steuererstattungsanspruch muss mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit alsbald entstehen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
EFG 2018 S. 1 Nr. 1
LAAAG-64808

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Finanzgericht Nürnberg, Urteil v. 20.09.2017 - 5 K 1535/16

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