Suchen
Online-Nachricht - Mittwoch, 06.12.2017

Verfahrensrecht | Aufrechnung mit einer rechtswegfremden Forderung (BFH)

Das Gericht des zulässigen Rechtswegs entscheidet gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG den Rechtsstreit grundsätzlich unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten und damit auch über eine zur Aufrechnung gestellte rechtswegfremde Gegenforderung, es sei denn, diese Entscheidung erwächst nach § 322 Abs. 2 ZPO in Rechtskraft (; veröffentlicht am ).

Hintergrund. Gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG entscheidet das Gericht des zulässigen Rechtswegs den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten.

Sachverhalt: Streitig ist, ob das Finanzamt als Schuldner einer Steuererstattung gegen Regressansprüche aus der Inanspruchnahme aus einer Landesbürgschaft gegenüber dem Ehemann der Klägerin aufrechnen durfte. Das Finanzgericht der ersten Instanz hatte die Gegenforderung selbst geprüft, da das FA für das Bestehen der zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung keine materiell rechtskräftige Entscheidung beigebracht hat. Die Kläger vertreten die Auffassung, dass eine Aufrechnungslage nicht bestanden hat. Zudem seien die zur Aufrechnung gestellten Gegenansprüche vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen.

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Das FG war berechtigt, über das Bestehen der Gegenforderung zu entscheiden. Die Entscheidung über alle in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkte umfasst grundsätzlich auch die Entscheidung über eine zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung gemäß § 226 Abs. 1 AO i.V.m. §§ 387 ff. BGB.

  • Handelt es sich jedoch - wie vorliegend - um eine zivilrechtliche und damit rechts-wegfremde Forderung, gilt der Grundsatz des § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG nicht uneingeschränkt. In diesen Fällen besteht die Gefahr, dass ein an sich nicht zuständiges Gericht mit Bindungswirkung gegenüber den nach der Rechtswegzuweisung entscheidungsbefugten Gerichten über das Nichtbestehen der zur Aufrechnung gestellten Forderung entscheidet.

  • Allerdings kann es in den Fällen, in denen ein Zessionar klagt und ihm gegenüber nach § 406 BGB mit einer Forderung gegen den Zedenten aufgerechnet wird, nicht zu der Rechtskraftwirkung nach § 322 Abs. 2 ZPO kommen. Denn die Rechtskraft eines Urteils erstreckt sich nur auf die Beteiligten des Verfahrens und ihre Rechtsnachfolger (§ 110 Abs. 1 FGO, § 325 Abs. 1 ZPO), nicht aber auf den Zedenten als den Rechtsvorgänger des an dem Prozess beteiligten Zessionars (vgl. u.a. , BStBl II 1998, 200).

  • Auch vorliegend greift die Entscheidung des FG über das Bestehen der rechtswegfremden Forderung nicht in die Rechtswegzuständigkeit der ordentlichen Gerichte ein. Es handelt sich lediglich um eine Vorfrage zur Aufrechnung, die von der Entscheidungsbefugnis des FG gemäß § 17 Abs. 2 GVG umfasst ist.

Hinweis:

Außerdem stellte der BFH in seinem Leitsatz klar, dass es nicht zu einer Rechtskrafterstreckung kommt, wenn die Aufrechnung durch das Finanzamt gegenüber dem (früheren) Zedenten erklärt wurde und dieser am Klageverfahren der (späteren) Zessionarin nicht beteiligt ist.

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
HAAAG-64280