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Online-Nachricht - Mittwoch, 29.11.2017

Einkommensteuer | Wiedereinsetzung in die Antragsfrist gem. § 32d Abs. 2 Nr. 3 S. 4 EStG (BFH)

Sowohl die Unkenntnis des Antragsrechts gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG als auch die Unkenntnis, einen solchen Antrag neben einem Antrag auf Günstigerprüfung stellen zu können bzw. zu müssen, können bei einem nicht fachkundig beratenen Steuerpflichtigen unverschuldet sein und zur Wiedereinsetzung in die Antragsfrist berechtigen. Dies kann selbst dann gelten, wenn die in Bezug auf die Antragsrechte unzureichende Anleitung zur Anlage KAP bei Anfertigung der Steuererklärung nicht vollständig gelesen wurde (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Gemäß § 110 AO ist auf Antrag Wiedereinsetzung in eine gesetzliche Frist - so auch die Frist des § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG - zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden an der Einhaltung gehindert war.

Sachverhalt: Der Kläger bezog aus einer GmbH-Beteiligung im Streitjahr 2010 eine Gewinnausschüttung, die die GmbH dem Kapitalertragsteuerabzug unterworfen hatte. Die GmbH hatte dem Kläger hierüber eine Steuerbescheinigung erteilt.

In seiner Einkommensteuererklärung, die er ohne steuerliche Beratung erstellte, trug der Kläger die Einnahme aus der Gewinnausschüttung der in Zeile 7 seiner Anlage KAP in der Rubrik "Kapitalerträge, die dem inländischen Steuerabzug unterlegen haben" ein. In Zeile 4 der Anlage KAP beantragten die Kläger jeweils, die Günstigerprüfung für sämtliche Kapitalerträge durchzuführen.

Da dem Kläger bei Anfertigung der Erklärung sowohl die Existenz des Antragsrechts gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG als auch dessen Ausübbarkeit neben einem Antrag auf Günstigerprüfung unbekannt war, nahm er keine weiteren Eintragungen in der Anlage KAP vor. Bei Anfertigung der Steuererklärung hat der Kläger die Ausführungen in der amtlichen Anleitung zu den Zeilen 24 und 25 der Anlage KAP nicht zur Kenntnis genommen.

Das FA setzte mit Bescheid vom die Einkommensteuer ohne Vorbehalt der Nachprüfung fest.

Die Kläger beantragten die Wiedereinsetzung in die Antragsfrist des § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG, da der Kläger das Antragsrecht und die Frist des § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG nicht gekannt habe. Wegen der komplizierten Abfragelogik des Formulars habe er zudem nicht erkannt, dass er diesen Antrag neben einem Antrag auf Günstigerprüfung habe stellen müssen, um eine Nullfestsetzung zu erreichen. Den Antrag gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG holten die Kläger mit Schreiben v. nach. Das FA versagte die Wiedereinsetzung, die hiergegen gerichtete Klage hatte vor dem BFH Erfolg.

Hierzu führten die Richter weiter aus:

  • Das FG hat zu Unrecht eine Wiedereinsetzung des Klägers gemäß § 110 AO in die Ausschlussfrist des § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG verneint.

  • Der Senat geht trotz Fehlens einer ausdrücklichen Prüfung durch das FG mit den Beteiligten von einem gemäß § 110 Abs. 2 Satz 1 AO rechtzeitig gestellten Wiedereinsetzungsantrag des Klägers aus.

  • Den Kläger trifft kein Verschulden daran, weder das Antragsrecht und die Frist des § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG noch die Notwendigkeit gekannt zu haben, für das günstigste Besteuerungsergebnis im Streitjahr diesen Antrag neben einem Antrag auf Günstigerprüfung stellen zu müssen.

  • Er hat mit der Angabe der Beteiligungserträge aus der GmbH in Zeile 7 der Anlage KAP und dem Antrag auf Günstigerprüfung zutreffende und zulässige Angaben gemacht.

  • Er durfte davon ausgehen, mit diesen Eintragungen alle notwendigen Angaben gemacht zu haben, um das für ihn günstigste Besteuerungsergebnis zu erreichen. Ein Anlass für weitere Eintragungen in Bezug auf die Beteiligungserträge - insbesondere in Zeile 24 und 25 - ergab sich daher nicht.

  • Dass der Kläger die Anleitung zur Anlage KAP nicht gelesen hat, ändert an dieser Beurteilung nichts: Zur Günstigerprüfung enthält die Anleitung die - in dieser Absolutheit unvollständige und damit irreführende - Aussage, aufgrund des Antrags werde "das Finanzamt prüfen, ob sich eine niedrigere Besteuerung Ihrer Kapitalerträge ergibt". In der Anleitung fehlt zudem ein Hinweis auf die Möglichkeit, kumulative Anträge gemäß § 32d Abs. 6 EStG und gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG stellen zu können sowie zu den Rechtsfolgen, die sich bei einer Kombination der Anträge ergeben.

  • Auch die vollständige Lektüre der Anleitung hätte dem Kläger daher nicht mit hinreichender Sicherheit vermittelt, dass er im Streitfall sowohl einen Antrag gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG als auch einen Antrag gemäß § 32d Abs. 6 Satz 1 EStG hätte stellen müssen, um eine niedrigere Besteuerung als mit einem isolierten Antrag auf Günstigerprüfung zu erreichen.

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
FAAAG-63611