Strafzumessung: Strafschärfende Berücksichtigung des Handelns aus „reiner Gewinnsucht“ bei Verurteilung wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
Gesetze: § 29a Abs 1 Nr 2 BtMG, § 46 Abs 3 StGB
Instanzenzug: LG Essen Az: 26 KLs 44/16
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision erweist sich im Ergebnis als unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2Die Strafzumessungserwägungen des Landgerichts sind nicht frei von Rechtsfehlern. Hierzu hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt:
"Die Formulierung der Kammer, der Angeklagte habe ’knapp 2,5 kg Rauschgift [...] in Umlauf gebracht‘ (UA S. 11, S. 12), obgleich die Betäubungsmittel sichergestellt wurden (RB S. 18), ist offensichtlich ein unschädliches Schreibversehen. Die Ausführungen an dieser Stelle zielen nach ihrem Wortlaut auf die Gewichtsmenge der sichergestellten Betäubungsmittel, nicht auf das Inverkehrbringen ab. Da die Kammer im Rahmen der Strafrahmenwahl zugunsten des Angeklagten berücksichtigt hat, dass die Betäubungsmittel nicht in den Verkehr gelangt sind (UA S. 11 oben), ist auszuschließen, dass sie bei der Strafzumessung im engeren Sinne (UA S. 11 unten, S. 12) davon ausgegangen sein könnte, die Betäubungsmittel seien doch in den Verkehr gelangt. ... Dass die Kammer an gleicher Stelle strafschärfend ein Handeln aus ‚reiner Gewinnsucht‘ des Angeklagten berücksichtigt hat, stellt jedoch einen Verstoß gegen § 46 Abs. 3 StGB dar. Das Tatbestandsmerkmal des Handeltreibens setzt bereits voraus, dass der Täter nach Gewinn strebt, so dass eine ausschließlich gewinnorientierte Motivation keinen zulässigen Strafschärfungsgrund darstellt (; Senat, Beschluss vom - 4 StR 119/10, Rn. 6; ; Beschluss vom - 2 StR 359/08). Dass der Angeklagte bei der Begehung der Tat ein über die zum Handeltreiben vorausgesetzte Gewinnorientierung hinausgehendes, deutlich übersteigertes Gewinnstreben gezeigt hätte, belegen die Feststellungen nicht.“
3Zwar ist nicht auszuschließen, dass die Bemessung der gegen den Beschwerdeführer erkannten Strafe auf diesem Rechtsfehler beruht. Das Urteil hat aber gleichwohl Bestand, weil die vom Landgericht ausgesprochene Strafe angemessen ist (§ 354 Abs. 1a Satz 1 StPO). Insoweit hat der Generalbundesanwalt weiter ausgeführt:
"Der Senat kann hier gemäß § 354 Abs. 1a S. 1 StPO von der Aufhebung des Strafausspruchs absehen. Denn es handelt sich um einen Fall einer Gesetzesverletzung nur bei der Zumessung der Rechtsfolgen und dem Senat steht ein zutreffend ermittelter, vollständiger und aktueller Strafzumessungssachverhalt zur Verfügung. Unter Abwägung der für die Strafzumessung bedeutsamen Urteilsfeststellungen, wobei bei zutreffender Wertung nicht strafmildernd zu berücksichtigen ist, dass der Angeklagte lediglich mit ‚weichen‘ Drogen gehandelt hätte, erweist sich die verhängte Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten als angemessen."
4Dem tritt der Senat bei; auch er hält die erkannte Strafe mit Blick auf den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat auf der Grundlage der nicht von einem Rechtsfehler betroffenen Zumessungserwägungen des Landgerichts für angemessen im Sinne des § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO. Der Beschwerdeführer hat sich zu dem Antrag nicht geäußert, insbesondere keine weiteren Strafzumessungstatsachen vorgetragen.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2017:310817B4STR297.17.0
Fundstelle(n):
GAAAG-62455