NWB Nr. 47 vom Seite 3545

Der Faktor Zeit ist entscheidend

Claudia Kehrein | Redakteurin | nwb-redaktion@nwb.de

Über zweifelhafte Prognosen

Gerade bei kleineren Betrieben, die ihre Buchhaltung aus Kapazitätsgründen ausgelagert haben, ist die fristgerechte Erstellung der Umsatzsteuer-Voranmeldung bis zum zehnten Tag nach Ablauf jedes Voranmeldungszeitraums eine Herausforderung. Zur Vermeidung dieser Härten hat das Finanzamt dem Unternehmer daher auf Antrag die Fristen für die Abgabe seiner Voranmeldung und für die Entrichtung der darin selbst berechneten Umsatzsteuer-Vorauszahlungen um einen Monat zu verlängern. Die sog. Dauerfristverlängerung gilt unbegrenzt, das heißt sie muss nur einmal beantragt werden und gilt dann bis auf Widerruf. Was aber, wenn dieser Fall eintritt und das Finanzamt den begünstigenden Verwaltungsakt widerruft? Dieses droht – neben dem Fall einer verspäteten oder unterlassenen Bewirkung der Sondervorauszahlung –, wenn das Finanzamt eine Gefährdung des Steueranspruchs erkennt. Während Verstöße im Zusammenhang mit Sondervorauszahlungen generell zum Widerruf der Dauerfristverlängerung führen, bedarf ein solcher in den Fällen einer Steueranspruchsgefährdung hingegen einer genaueren Prüfung. Mithin liegt eine Gefährdung dann vor, wenn nach einer Prognose anhand objektiver Umstände die Umsatzsteuer-Vorauszahlung nicht (termingerecht) realisiert werden kann. Welche Kriterien das Finanzamt für diese Einschätzung heranzieht, und dass hierbei die aktuelle Verwaltungspraxis nicht immer von den gesetzlichen Bestimmungen gedeckt zu sein scheint, zeigen Trinks/Trinks auf auf und stellen darüber hinaus dar, welche Rechtsmittel zur Verfügung stehen, um gegen einen Widerruf der Dauerfristverlängerung vorzugehen.

Der Faktor Zeit spielt auch bei den sog. Cum/Cum-Geschäften eine wesentliche Rolle. Um gegen die – zur Umgehung der Dividendenbesteuerung – kurzfristigen An- und Verkäufe um den Dividendenstichtag vorzugehen, hat der Gesetzgeber im Zuge des Investmentsteuerreformgesetzes rückwirkend zum Mindesthaltefristen eingeführt. Für eine volle Anrechnung der Kapitalertragsteuer ist nunmehr Voraussetzung, dass der Steuerpflichtige in einem Zeitraum von 45 Tagen vor und 45 Tagen nach Fälligkeit der Kapitalerträge mindestens 45 Tage wirtschaftlicher und zivilrechtlicher Eigentümer der Aktien war. Mit Schreiben vom hat sich das Bundesfinanzministerium dazu geäußert, wie mit Cum/Cum-Transaktionen für Veranlagungszeiträume vor dem zu verfahren ist. Danach ist bei allen Cum/Cum-Varianten vor diesem Zeitpunkt zu prüfen, ob es sich um einen Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten i. S. des § 42 AO handelt. Einen Überblick über die wesentlichen Aussagen des Anwendungsschreibens gibt Fiand auf .

Beste Grüße

Claudia Kehrein

Fundstelle(n):
NWB 2017 Seite 3545
SAAAG-62156