Leitsatz
Die Finanzbehörde ist —entgegen Abschn. 228 Abs. 2 UStR 2000— nicht berechtigt, einen Verspätungszuschlag festzusetzen, wenn der Unternehmer einen Antrag auf Dauerfristverlängerung nach dem 10. Januar eines Jahres abgibt.
Gesetze: AO § 152 Abs. 1UStG 1999 § 18 Abs. 6UStDV 1999 §§ 46 48
Instanzenzug: FG Bremen (EFG 2000, 1106) (Verfahrensverlauf),
Gründe
I.
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger), ein Handelsvertreter, war für den Besteuerungszeitraum 2000 verpflichtet, monatlich Voranmeldungen zur Umsatzsteuer abzugeben. Er beantragte am durch Abgabe des entsprechenden Vordrucks, Dauerfristverlängerung für die Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldungen. Er gab die Vorauszahlungen für das abgelaufene Kalenderjahr 1999 mit 26 915 DM und die Sondervorauszahlung (1/11 hiervon) mit 2 446 DM an.
Mit Bescheid vom setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) einen Verspätungszuschlag von 240 DM ”zur Umsatzsteuer-Vorauszahlung für das Kalenderjahr 2000” mit der Begründung fest, dass der Antrag des Klägers auf ”Dauerfristverlängerung/Anmeldung der Sondervorauszahlung 2000” erst am eingegangen sei. Auf den dagegen eingelegten Einspruch setzte das FA den Verspätungszuschlag auf 20 DM herab und wies den Rechtsbehelf im Übrigen zurück.
Das FA führte zur Begründung u.a. aus, die Anmeldung der Sondervorauszahlung sei eine Steueranmeldung (§ 48 Abs. 1 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung 1999 —UStDV—, § 150 Abs. 1 der Abgabenordnung —AO 1977—). Diese Voranmeldung könne mit den gesetzlich zugelassenen Zwangsmitteln eingefordert bzw. mit Verspätungszuschlägen belegt werden.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es führte zur Begründung u.a. aus, die Voraussetzungen für die Festsetzung eines Verspätungszuschlags seien erfüllt. Der Steuerpflichtige habe, wenn er einen Fristverlängerungsantrag stelle, die Sondervorauszahlung anzumelden und zu entrichten (§ 48 Abs. 1 Satz 3 UStDV). Daraus folge, dass die Sondervorauszahlung eine Vorauszahlung sei, die fristgemäß anzumelden sei. Deshalb könne ebenso wie bei einer verspäteten Abgabe einer Umsatzsteuer-Voranmeldung ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden.
Mit der (auf Beschwerde vom Senat durch Beschluss vom V B 170/00, zugestellt am zugelassenen) Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 152 AO 1977 und der §§ 46-48 UStDV 1999. Er habe keine Frist zur Abgabe einer Steueranmeldung schuldhaft verletzt, weil er freiwillig am Verfahren auf Verlängerung der Abgabefrist für die Umsatzsteuer-Voranmeldungen teilgenommen habe.
Der Kläger beantragt die Aufhebung der Vorentscheidung und der angefochtenen Festsetzung des Verspätungszuschlags.
Das FA ist der Revision entgegengetreten.
II.
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und des angefochtenen Bescheids vom über die Festsetzung eines Verspätungszuschlags in der Form der Einspruchsentscheidung vom .
1. Nach § 152 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 kann die Finanzbehörde einen Verspätungszuschlag gegen denjenigen festsetzen, der seiner Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung nicht oder nicht fristgerecht nachkommt. In einer Steuererklärung hat derjenige, der zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet ist, der Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen zur Festsetzung einer Steuer mitzuteilen. Der Verspätungszuschlag nach § 152 AO 1977 ist das Druckmittel zur rechtzeitigen Abgabe von Steuererklärungen i.S. der §§ 149 bis 151 AO 1977 (vgl. Trzaskalik in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 152 AO 1977 Rz. 10), um ein ordnungsgemäßes Veranlagungsverfahren zu sichern (vgl. , BFHE 183, 21, BStBl II 1997, 642, zu II. 2. a; Klein/Brockmeyer, Abgabenordnung, 7. Aufl., § 152 Rz. 1).
Soweit dies gesetzlich vorgeschrieben ist, hat der Steuerpflichtige die Steuer in einer Steueranmeldung selbst zu berechnen. Die Steueranmeldung wird in § 150 Abs. 1 Satz 2 AO 1977 als Steuererklärung beurteilt. Daher kann die Finanzbehörde als Sanktion gegen die verspätete Erfüllung der Verpflichtung zur Abgabe einer Steueranmeldung auch einen Verspätungszuschlag festsetzen (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 17. Aufl., § 152 AO 1977 Tz. 7). Wenn die Finanzbehörde die Befugnis zur Festsetzung eines Verspätungszuschlags wegen verspäteter Abgabe einer anderen steuerlich erheblichen Erklärung erhalten soll, muss dies ausdrücklich gesetzlich geregelt sein (z.B. in § 152 Abs. 4 AO 1977 für die Feststellungserklärung, in § 18a Abs. 8 Satz 1, 2 des Umsatzsteuergesetzes —UStG— 1999 für die zusammenfassende Meldung).
2. Der Unternehmer ist nach § 18 Abs. 1 UStG 1999 verpflichtet, bis zum zehnten Tag nach Ablauf jedes Voranmeldungszeitraums eine Voranmeldung abzugeben, in der er die Steuer für den Voranmeldungszeitraum (Vorauszahlung) selbst zu berechnen hat. Zur Vermeidung von Härten kann das Bundesministerium der Finanzen (BMF) mit Zustimmung des Bundesrates gemäß § 18 Abs. 6 UStG 1999 durch Rechtsverordnung die Fristen für die Voranmeldungen und Vorauszahlungen um einen Monat verlängern und das Verfahren näher bestimmen.
Nach § 46 Satz 1 UStDV 1999 hat das FA dem Unternehmer auf Antrag die Fristen für die Abgabe der Voranmeldungen und für die Entrichtung der Vorauszahlungen (§ 18 Abs. 1, 2, 2a des Gesetzes) um einen Monat zu verlängern. Der Unternehmer muss die Fristverlängerung für die Abgabe der Voranmeldungen gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 UStDV 1999 bis zu dem Zeitpunkt beantragen, an dem die Voranmeldung, für die die Fristverlängerung erstmals gelten soll, nach § 18 Abs. 1, 2, 2a des Gesetzes abzugeben ist.
Danach ist der Unternehmer nicht gesetzlich verpflichtet, sondern lediglich berechtigt, einen Antrag auf Dauerfristverlängerung (zur Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen) zu stellen. Es ist deshalb auch nicht notwendig, durch einen Verspätungszuschlag Druck auf die rechtzeitige Abgabe des Antrags auszuüben. Die Finanzbehörde kann den Antrag bei verspäteter Antragstellung ablehnen und einen Verspätungszuschlag wegen verspäteter Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldung festsetzen, für die dann keine Fristverlängerung besteht.
3. § 48 UStDV 1999 bestimmt nicht, dass auf den Antrag auf Dauerfristverlängerung die Vorschriften über Steuererklärungen entsprechend anwendbar sind oder dass bei Verspätung ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden darf. Eine entsprechende Anwendung der Vorschriften für Steueranmeldungen für den gesetzlich nicht durchsetzbaren Antrag auf Fristverlängerung ist nicht geboten.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BB 2001 S. 1565 Nr. 31
BFH/NV 2001 S. 1167 Nr. 9
BFHE S. 541 Nr. 194
DB 2001 S. 1653 Nr. 31
INF 2001 S. 536 Nr. 17
UR 2001 S. 409 Nr. 9
UAAAA-67762