BVerwG Urteil v. - 9 C 9/16

Instanzenzug: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Az: 14 A 1728/15 Urteilvorgehend VG Gelsenkirchen Az: 2 K 626/15 Urteil

Tatbestand

1Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu einer kommunalen Wettbürosteuer.

2Nachdem die Wettbürosteuersatzung der Stadt Hagen mit Erlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales sowie des Finanzministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom genehmigt worden war, erließ auch die Beklagte am eine "Vergnügungssteuersatzung für das Vermitteln oder Veranstalten von Pferde- und Sportwetten in Einrichtungen (Wettbüros)" (im Folgenden: VS bzw. Wettbürosteuersatzung). Die Satzung trat am in Kraft. Nach der Begründung der ihr zugrunde liegenden Ratsvorlage soll die Besteuerung den Zweck erfüllen, das Glücksspiel einzudämmen, da ordnungsbehördliche Maßnahmen nur begrenzt dazu geeignet seien. Zudem seien der Gesundheitsaspekt bezüglich der Suchtgefährdung sowie der Jugend- und Spielerschutz zu berücksichtigen. Durch die Einführung der neuen Steuer wurden Mehreinnahmen von jährlich bis zu ca. 800 000 € bei angenommenen 60 - 70 Steuerpflichtigen erwartet.

3Nach § 2 VS unterliegen der Besteuerung im Gebiet der Beklagten "das Vermitteln oder Veranstalten von Pferde- und Sportwetten in Einrichtungen (Wettbüros), die neben der Annahme von Wettscheinen (auch an Terminals o.Ä.) auch das Mitverfolgen der Wettereignisse ermöglichen". Steuerschuldner ist nach § 3 Abs. 1 VS der Betreiber des Wettbüros. Bemessungsgrundlage der Steuer ist nach § 4 Satz 1 VS "die Veranstaltungsfläche (qm) der genutzten Räume". Dabei gilt nach Satz 2 als Veranstaltungsfläche "die Fläche der für die Besucher bestimmten Räume einschließlich der Erfrischungsräume, aber ausschließlich der Kleiderablagen, Toiletten und ähnlicher Nebenräume sowie der Theken". Der Steuersatz beträgt nach § 5 VS "je angefangenen Kalendermonat für jede angefangenen zwanzig Quadratmeter Veranstaltungsfläche 250,00 Euro".

4Die Klägerin betreibt im Stadtgebiet der Beklagten eine Wettannahmestelle für den Wettveranstalter Bancobet. In dem Lokal befinden sich mehrere Tische mit Sitzgelegenheiten und Bildschirme, auf denen zum Teil die Wettquoten angezeigt, zum anderen Sportereignisse übertragen werden. Die Klägerin nutzt das Sportübertragungsangebot des Pay-TV-Anbieters SKY Deutschland. Bei den Sportübertragungen handelt es sich zum Teil um Aufzeichnungen, zum Teil um Liveausstrahlungen. Die Wettbedingungen in dem Lokal der Klägerin sind die gleichen wie in Wettannahmestellen ohne Sportübertragungen oder im Internet. Die Klägerin erhält von dem Wettveranstalter auch die gleiche Provision wie Betreiber von Wettannahmestellen ohne Sportübertragungen. Der Wettveranstalter zahlt unabhängig von der Gestaltung der Annahmestelle einen prozentualen Anteil vom Hold als Provision.

5Mit Bescheid vom setzte die Beklagte - ausgehend von einer Größe des Wettbüros von 98 qm - gegenüber der Klägerin eine Wettbürosteuer für das Jahr 2015 in Höhe von 15 000 € fest.

6Die hiergegen gerichtete Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom ab. Das Oberverwaltungsgericht hat mit Urteil vom die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Es hielt die der Steuerfestsetzung zugrunde liegenden Satzungsbestimmungen für wirksam, ließ aber mit Rücksicht auf die abweichende Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zur Existenz eines steuerrelevanten Aufwands die Revision zu.

7Mit ihrer Revision macht die Klägerin gegen die Rechtmäßigkeit der erhobenen Wettbürosteuer im Wesentlichen geltend: Es fehle an der Möglichkeit der Überwälzung der Steuerlast von der Klägerin als Betreiberin des Wettbüros auf die Wettkunden als Steuerträger. Zudem bestehe Gleichartigkeit mit der bundesrechtlichen Sportwettensteuer nach § 17 Abs. 2 RennwLottG. Weiterhin verstoße die Steuer gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil sie die Vermittlung in reinen Wettannahmestellen ausnehme. Der gewählte Flächenmaßstab sei zudem ungeeignet; stattdessen hätte der wirklichkeitsnähere Maßstab des Wetteinsatzes gewählt werden müssen.

8Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom und das Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom zu ändern und den Steuerbescheid der Beklagten vom aufzuheben.

9Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

10Sie verteidigt ihre Satzung und das Urteil des Oberverwaltungsgerichts.

Gründe

11Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Das angefochtene Urteil beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Die dem angefochtenen Steuerbescheid zugrunde liegende Wettbürosteuersatzung der Beklagten ist rechtswidrig. Zwar geht das Oberverwaltungsgericht ohne Rechtsverstoß von einer örtlichen Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a GG aus (1.), die nicht gegen das Gleichartigkeitsverbot (2.), den Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung (3.) und die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG (4.) verstößt, kalkulatorisch abwälzbar ist (5.) und auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Nichtbesteuerung von Wettannahmestellen (ohne Mitverfolgungsmöglichkeit) den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verletzt (6.); zu einer gleichheitswidrigen Besteuerung führt allerdings der gewählte Flächenmaßstab (7.).

12Zur näheren Begründung wird hierzu im Urteil des Senats vom heutigen Tage im Parallelverfahren BVerwG 9 C 7.16 ausgeführt:

"1. Das Berufungsgericht geht im Ergebnis zu Recht davon aus, dass es sich bei der von der Beklagten erhobenen Wettbürosteuer um den Typus einer örtlichen Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a GG handelt.

a) Der Begriff der Aufwandsteuer wird im Grundgesetz nicht bestimmt, sondern vorausgesetzt. Aufwandsteuern sind Steuern auf die Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf, in der die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen zum Ausdruck kommt. Belastet werden soll der über die Befriedigung der allgemeinen Lebensführung hinausgehende Aufwand, der Teil des persönlichen Lebensbedarfs und der persönlichen Lebensführung ist, und nur die in diesem Konsum zum Ausdruck kommende besondere Leistungsfähigkeit (stRspr, vgl. nur - BVerfGE 114, 316 <334>; stRspr, vgl. nur 9 CN 1.11 - BVerwGE 143, 301 Rn. 13; kritisch zu örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern Englisch, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 22. Aufl. 2015, § 18 Spezielle Verkehr- und Verbrauchsteuern Rn. 119 ff.). Dabei ist der Aufwand "ein äußerlich erkennbarer Zustand, für den finanzielle Mittel verwendet werden" (stRspr, vgl. nur - BVerfGE 114, 316 <334>). Von wem und mit welchen Mitteln der Aufwand finanziert wird, ob er im Einzelfall die Leistungsfähigkeit überschreitet oder welchen Zwecken er des Näheren dient, ist dabei unerheblich (grundlegend - BVerfGE 65, 325 <346 ff.>). Zweifel an der Tauglichkeit des Steuermaßstabs lassen den Typus der Abgabe und damit ihren Charakter als Aufwandsteuer unberührt, denn die Kompetenznormen des Grundgesetzes enthalten grundsätzlich keine Aussage zu diesen materiellen Fragen (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom - 1 BvL 8/05 - BVerfGE 123, 1 <16 f., 35> und vom - 2 BvL 6/13 - NVwZ 2017, 1037 Rn. 127). Aufwandsteuern sind von Unternehmenssteuern abzugrenzen, die nicht die Einkommensverwendung, sondern die Einkommenserzielung zum Ausgangspunkt nehmen. Eine Steuer, die gezielt auf den unternehmerischen Gewinn oder einen typisierend vermuteten unternehmerischen Gewinn zugreift statt auf die Einkommensverwendung, ist als Unternehmenssteuer einzuordnen (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom - 1 BvL 8/05 - BVerfGE 123, 1 <16 f.> und vom - 2 BvL 6/13 - NVwZ 2017, 1037 Rn. 116).

b) Hiervon ausgehend liegt der Typus einer Aufwandsteuer, nicht aber der einer Unternehmenssteuer vor.

Zwar ist Steuergegenstand nach dem Wortlaut des § 2 VS das "Vermitteln und Veranstalten von Pferde- und Sportwetten" in Wettbüros, also die Tätigkeit des Wettbürobetreibers. Jedoch ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang der Wettbürosteuersatzung sowie dem Zweck, den sie nach der Begründung der ihr zugrunde liegenden Ratsvorlage hat, dass nicht der Gewinn des Wettbürobetreibers, sondern der Aufwand des Wettenden für das Wetten in einem Wettbüro besteuert werden soll. Danach entspricht die Wettbürosteuer dem herkömmlichen Bild der Vergnügungssteuer, nach dem die Steuer nicht bei dem Nutzer der Einrichtung oder Veranstaltung, dessen Aufwand besteuert werden soll, sondern beim Einrichtungsbetreiber oder Veranstalter als indirekte Steuer erhoben wird (vgl. etwa - BVerfGE 123, 1 <16> sowie 9 C 12.08 - BVerwGE 135, 367 Rn. 22, jeweils zur Spielgerätesteuer). So wird die Wettbürosteuersatzung vom Satzungsgeber als Vergnügungssteuersatzung bezeichnet. Nach § 1 VS erhebt die Beklagte die Wettbürosteuer als örtliche Aufwandsteuer. Steuerschuldner ist gemäß § 3 Abs. 1 VS der Betreiber (Veranstalter) des Wettbüros. Schließlich ist sie nach der Begründung der Ratsvorlage ausdrücklich als indirekte Steuer ausgestaltet, bei der nicht der Wettende als der letztlich wirtschaftlich belastete Steuerträger, sondern der Betreiber des Wettbüros als Steuerschuldner die Steuer an die Steuerbehörde abführt.

Demgegenüber kann ein steuerrelevanter Aufwand nicht mit dem Argument verneint werden, die Mitverfolgungsmöglichkeit an den Monitoren sei in einem Wettbüro stets unentgeltlich, da kein Eintrittspreis verlangt werde (so aber VGH Mannheim, Urteil vom - 2 S 1019/15 - juris Rn. 56 und 71). Der Wortlaut des § 2 VS gibt für eine Aufteilung in zwei Einzelleistungen - den Wettabschluss und die Mitverfolgungsmöglichkeit der Wettereignisse - nichts her. Vielmehr soll das Wetten in einem Wettbüro, das sich durch die Ausstattung mit Monitoren von anderen Wettorten unterscheidet, als eine Art Gesamtvergnügungsveranstaltung besteuert werden. Dass das Betreten von Wettbüros kostenlos ist, gehört als Werbemaßnahme zum Geschäftskonzept; dies ändert aber nichts daran, dass bei dem im Wettbüro vermittelten Wettvorgang finanzielle Mittel eingesetzt werden und dies gerade der Grund für die Besteuerung ist (zum Gesamtcharakter einer Vergnügungsveranstaltung vgl. auch 9 C 3.03 - BVerwGE 120, 175 <180, 183>; ferner - juris Rn. 6).

Soweit das Oberverwaltungsgericht den besteuerten Aufwand über das Wetten hinaus in dem "Wettmehraufwand" sieht, der in einem Wettbüro aufgrund seiner die Wettleidenschaft befördernden Aufenthaltsqualität gegenüber einer reinen Wettannahmestelle erzielt wird, also in dem "gesteigert generierten Wettaufwand" (vgl. UA S. 21 f.), vermag der Senat dem mangels entsprechender Ansatzpunkte im Text der Wettbürosteuersatzung nicht zu folgen. Zwar ist das Revisionsgericht insoweit grundsätzlich an die Auslegung des Berufungsgerichts gebunden (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO). Das Bundesverwaltungsgericht ist aber dann zu einer eigenen Auslegung des Landesrechts befugt, wenn dessen Auslegung durch das Berufungsgericht unvollständig oder in sich widersprüchlich ist (stRspr, vgl. BVerwG, zuletzt Urteil vom - 9 C 20.15 - juris Rn. 20 m.w.N.). Dies ist hier der Fall. Die Auslegung ist unvollständig, weil das Oberverwaltungsgericht sein Verständnis des besteuerten Aufwands im Urteil nicht näher an Hand der Regelungen der Wettbürosteuersatzung begründet hat.

c) Es handelt sich bei der Wettbürosteuer auch um eine örtliche Aufwandsteuer. Sie knüpft an die Belegenheit des Wettbüros im Gemeindegebiet an, so dass der erforderliche örtliche Bezug gegeben ist. Dass der Wetteinsatz für einen außerhalb des Gemeindegebiets ansässigen Wettveranstalter entgegengenommen wird und der Wettvertrag zwischen Wettveranstalter und Wettkunde nach zivilrechtlichen Maßstäben möglicherweise außerhalb des Gemeindegebiets zustande kommt, ist für den örtlichen Bezug der Wettbürosteuer nicht von Relevanz. Hierdurch wird insbesondere kein die Wirtschaftseinheit berührendes Steuergefälle für die bundes- bzw. europaweit auftretenden Wettveranstalter bewirkt, wie dies von manchen Wettbürobetreibern geltend gemacht wird. Dies könnte allenfalls dann der Fall sein, wenn die Wettveranstalter gezwungen wären, aufgrund der kommunalen Steuer ihre jeweiligen Wettquoten zu ändern. Das ist aber nicht der Fall. Denn die Steuer wird nicht bei ihnen, sondern bei dem örtlich tätigen Unternehmer erhoben, der sie ohne wesentliche Änderung seines Geschäftsmodells auf seine Kunden abwälzen kann (s. dazu näher unter 5.).

2. Das Oberverwaltungsgericht geht ebenfalls ohne Rechtsverstoß davon aus, dass die Satzung nicht gegen das Gleichartigkeitsverbot des Art. 105 Abs. 2a GG verstößt.

a) Nach Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG dürfen örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern nur erhoben werden, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Dieses Gleichartigkeitsverbot verbietet eine Doppelbelastung derselben Steuerquelle ( - BVerfGE 98, 106 <124 f.>). Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG wurde mit dem Finanzreformgesetz vom mit Wirkung zum in den finanzverfassungsrechtlichen Kompetenzkatalog des Art. 105 GG eingefügt. Die Befugnis der Länder zur Regelung der herkömmlich, d.h. am bestehenden örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern sollte nicht angetastet werden. Für die herkömmlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern ist das Bundesverfassungsgericht deshalb davon ausgegangen, dass sie ohne weitere Prüfung als nicht gleichartig anzusehen sind ( - BVerfGE 98, 106 <124 f.>; Beschlüsse vom - 2 BvR 824/74 - BVerfGE 40, 56 <64> und vom - 2 BvL 14/84 - BVerfGE 69, 174 <183>). Damit die ausschließliche Gesetzgebungsbefugnis der Länder (auch) für nach dem geschaffene neue Verbrauch- und Aufwandsteuern nicht leerläuft, muss davon ausgegangen werden, dass der Verfassungsgeber dem Begriff der Gleichartigkeit in Art. 105 Abs. 2a GG einen eigenständigen Inhalt gegeben hat, der von dem Inhalt des Begriffs abweicht, den das Bundesverfassungsgericht zur Abgrenzung der Zuständigkeiten im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung verwendet.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Frage, wie die Gleichartigkeit im Hinblick auf neue Steuern zu definieren ist, bisher offen gelassen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der eigenständige Inhalt des Gleichartigkeitsbegriffs nach Art. 105 Abs. 2a GG mit Blick auf die besondere Funktion der Norm zu bestimmen, die den Gemeinden das Steuerfindungsrecht erhalten sollte, aber gleichzeitig eine Steuer, die auf örtlicher Ebene Bundessteuern gleichkommt, ausschließt. Insbesondere soll nicht eine Gemeindeumsatzsteuer oder Ähnliches geschaffen werden dürfen ( 9 CN 1.11 - BVerwGE 143, 301 Rn. 25 m.w.N.). Das bedeutet, dass die Merkmale der jeweiligen Aufwandsteuer mit der in Betracht kommenden Bundessteuer nach Steuergegenstand, Steuermaßstab, Art der Erhebungstechnik und den wirtschaftlichen Auswirkungen zu vergleichen sind. Erfüllt sie die Kriterien des herkömmlichen Gleichartigkeitsbegriffs, bedarf es einer umfassenden Bewertung aller Merkmale der jeweiligen Steuer. Dabei ist das kommunale Steuerfindungsrecht in den Blick zu nehmen, das nicht derart beschnitten werden darf, dass Gemeinden neue Steuern nicht erheben könnten. Denn ohne eine solche konkrete auf die jeweilige Steuer bezogene Bewertung würde die Umsatzsteuer als eine bundesrechtlich geregelte große Verbrauchsteuer jegliche auch noch so unbedeutende Besteuerung von Gütern und Dienstleistungen in Gemeinden von vornherein ausschließen ( a.a.O. Rn. 25).

b) Bei der Wettbürosteuer handelt es sich um eine neuartige Aufwandsteuer, bei der die Gleichartigkeit nicht ohne weitere Prüfung verneint werden kann.

Die Maßstäbe hierfür entsprechen denen für die Genehmigungspflicht nach dem hier einschlägigen Landesrecht. Nach § 2 Abs. 2 KAG NRW bedarf eine Satzung, mit der eine im Land nicht erhobene Steuer erstmalig oder erneut eingeführt werden soll, zu ihrer Wirksamkeit der Genehmigung des Innenministeriums und des Finanzministeriums. Mit der Wettbürosteuer wurde eine solche neuartige, genehmigungspflichtige Vergnügungssteuer eingeführt. Zwar ist in Nordrhein-Westfalen das Vergnügungssteuergesetz durch Gesetz vom , GVBl. NRW 559, aufgehoben worden, so dass es nunmehr Sache jeder einzelnen Gemeinde ist zu entscheiden, ob und für welche Steuergegenstände sie eine Vergnügungssteuer erheben will. Daraus sowie aus dem Umstand, dass in § 3 Abs. 2 Satz 2 KAG NRW die Steuerart "Vergnügungssteuer" genannt wird, kann nach der hierfür maßgeblichen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts wegen des weiten Begriffs der "Vergnügung" allerdings nicht gefolgert werden, dass alle als Vergnügung qualifizierbaren menschlichen Verhaltensweisen durch die Gemeinden als herkömmliche Steuer ohne Einholung einer Genehmigung besteuert werden können. Vielmehr ist zur Abgrenzung, ob eine Steuer in Nordrhein-Westfalen neu eingeführt (oder wieder eingeführt) wird, im Einzelfall zu untersuchen, ob ein bereits besteuerter Gegenstand lediglich neu umschrieben, erweitert oder modifiziert wird - dann liegt keine genehmigungspflichtige neue Steuer vor - oder ob die Steuer an einen neuen Steuergegenstand anknüpft, was die Genehmigungspflicht zur Folge hat ( - juris Rn. 25 ff., zur neuartigen Besteuerung sexueller Vergnügungen in Bars, Bordellen, Swinger-Clubs oder ähnlichen Einrichtungen; vgl. zur bloßen Veränderung bzw. Fortentwicklung einer herkömmlichen Steuer demgegenüber - NVwZ 1997, 573 = juris Rn. 49). Diese Abgrenzung lässt sich auf den hier in Rede stehenden Zusammenhang übertragen. Daran gemessen regelt eine Satzung, die erstmals das Wetten in näher beschriebenen Räumen (Wettbüros) besteuert, eine neuartige Aufwandsteuer.

c) Das Oberverwaltungsgericht hat unter Zugrundelegung der obenstehenden Grundsätze zur Gleichartigkeitsprüfung einen Verstoß gegen das Gleichartigkeitsverbot mit Blick auf die Pferdewetten- und die Sportwettensteuer nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz, die Konzessionsabgabe des Wettveranstalters nach § 4d des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag - GlüStV) vom (GV. NRW. 2012, 524, 535) sowie die den Wettvermittler treffende Umsatzsteuer verneint. Dies ist im Ergebnis nicht zu beanstanden, insbesondere ist die Wettbürosteuer - jedenfalls bei dem hier konkret gewählten Flächenmaßstab von 250 € je angefangenen Kalendermonat für jede angefangenen 20 Quadratmeter Veranstaltungsfläche - nicht mit der Sportwettensteuer nach § 17 Abs. 2 RennwLottG gleichartig.

Durch das Gesetz zur Besteuerung von Sportwetten vom (BGBl. I S. 1424) wurde der II. Abschnitt des Rennwett- und Lotteriegesetzes um die Sportwetten ergänzt und in § 17 Abs. 2 die Sportwettenbesteuerung neu eingeführt. Danach unterliegen nun nicht nur Rennwetten nach Abschnitt I des Gesetzes einer Steuer von 5 v.H. des Wetteinsatzes (sog. Totalisator- und Buchmachersteuer, §§ 10, 11 RennwLottG), sondern auch alle sonstigen Wetten aus Anlass von Sportereignissen (Sportwetten), wenn die Sportwette im Inland veranstaltet wird oder der Spieler eine natürliche Person ist und bei Abschluss des Wettvertrages seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat oder, wenn er keine natürliche Person ist, bei Abschluss des Wettvertrages seine Geschäftsleitung oder seinen Sitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat. Die Steuer beträgt 5 v.H. des Nennwertes der Wettscheine beziehungsweise des Spieleinsatzes. Steuerschuldner ist bei den (sonstigen) Sportwetten der Veranstalter (§ 19 Abs. 2 Satz 1 RennwLottG).

Zwar greifen sowohl die Sportwettensteuer nach § 17 Abs. 2 RennwLottG als auch die von der Beklagten erhobene Wettbürosteuer auf die Leistungsfähigkeit des Wettenden zu, denn beide werden als indirekte Steuern erhoben und sollen die Wettenden als Steuerträger belasten. Auch wirken sich beide Steuern, wenngleich sie von unterschiedlichen Steuerschuldnern erhoben werden, nämlich von den Wettveranstaltern bei der Sportwette und den Wettvermittlern bei der Wettbürosteuer, wirtschaftlich in vergleichbarer Weise aus, da sie jeweils auf Abwälzbarkeit angelegt sind und deshalb im Regelfall zu einer Verteuerung der Leistung für den Wettenden führen. Dennoch bestehen erhebliche Unterschiede, die - gemessen an dem gegenüber Art. 72 Abs. 1 GG weniger strengen Gleichartigkeitsverbot des Art. 105 Abs. 2a GG - die Annahme einer finanzverfassungswidrigen Doppelbelastung ausschließen:

Beide Steuern unterscheiden sich zunächst im Steuermaßstab sowie in der Erhebungstechnik. Während die Sportwettensteuer den Einsatz der Wettenden besteuert und aufgrund einer bloßen Steuervoranmeldung erhoben wird (vgl. § 17 Abs. 2 Satz 2 RennwLottG sowie § 31a der Ausführungsbestimmungen zum Rennwett- und Lotteriegesetz, zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom , BGBl. I S. 1424 - RennwLottGABest), bemisst sich die Wettbürosteuer nach der Veranstaltungsfläche der genutzten Räume und wird durch einen Steuerbescheid festgesetzt (vgl. § 4 Satz 1 und § 7 Abs. 2 VS).

Entscheidender als diese eher rechtstechnischen Unterschiede kommt es jedoch auf die unterschiedliche Zielsetzung der Steuern und den hiermit zusammenhängenden Unterschied des Steuergegenstandes und des Kreises der Steuerschuldner an. Während die Erhebung der Sportwettensteuer als Verkehrsteuer auf die konkurrierende Gesetzgebung des Bundes nach Art. 105 Abs. 2 i.V.m. Art. 72 GG gestützt wird (BT-Drs. 17/8494 S. 8) und sich als die an die besondere Umsatzart angepasste Ausprägung der allgemeinen Umsatzsteuer auf der Endverbraucherstufe darstellt (vgl. Englisch in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 22. Aufl. 2015, § 7 D. Steuern auf die Verwendung von Einkommen und Vermögen Rn. 103, § 18 Spezielle Verkehr- und Verbrauchsteuern Rn. 80), soll mit der Wettbürosteuer als kommunaler Vergnügungssteuer nur ein eng begrenzter, spezifischer Ausschnitt des Wettgeschehens besteuert werden. Von ihr werden nur solche Wetten erfasst, die gerade in Wettbüros abgegeben werden, also in solchen Einrichtungen, bei denen die Sportereignisse auf Monitoren mitverfolgt werden können. Nur diese Form des Wettens qualifiziert die Beklagte als steuerpflichtiges Vergnügen, das sie besteuern will. Dabei verfolgt sie ausweislich der Ratsvorlage mit der Besteuerung ausdrücklich nicht nur Einnahme-, sondern auch örtliche Lenkungszwecke. Sie geht offensichtlich davon aus, dass gerade in Wettbüros aufgrund deren typischer Ausstattung mit Sitzgelegenheiten und Monitoren eine erhöhte Suchtgefahr besteht, die sie bekämpfen will. Dass die Beklagte darüber hinaus städtebauliche Zwecke verfolgen, etwa einem gewissen trading-down-Effekt von Wettbüros entgegenwirken will (vgl. hierzu Fickert/ Fieseler/Determann/Stühler, BauNVO, 12. Aufl. 2014, § 4a Rn. 23.69), hat sie demgegenüber weder in der Ratsvorlage noch schriftsätzlich erklärt. Dies kann für die Bewertung jedoch dahinstehen. Denn ausgenommen sind von der Wettbürosteuer jedenfalls Onlinewetten, die sowohl nach der Einschätzung des Gesetzgebers im Zusammenhang mit der Sportwettenbesteuerung (vgl. BT-Drs. 17/8494 S. 10) als auch nach Auskunft des Sportwettenverbandes nach wie vor den größten Marktanteil aller Sportwetten darstellen, sowie Wetten in Wettannahmestellen, die über keine Monitore zum Mitverfolgen von Sportereignissen verfügen. Dies belegt, dass die Wettbürosteuer der Beklagten nur einen begrenzten Teil des von der Sportwettensteuer erfassten Steuergegenstandes betrifft und an deren Aufkommen bei Weitem nicht heran reicht. Dabei berücksichtigt der Senat auch die in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll genommenen Erklärungen verschiedener Wettbürobetreiber zum Umfang der steuerlichen Belastung. So hat der Kläger angegeben, die steuerliche Belastung aus der Wettbürosteuer betrage für die unterschiedlichen, von ihm im Gemeindegebiet betriebenen Wettbüros zwischen 38 % und 56 % der Steuerlast aus der Sportwettensteuer. Die Kläger in den Parallelverfahren BVerwG 9 C 8.16 und 9 C 9.16 haben ähnliche Zahlen bestätigt bzw. den Anteil der Wettbürosteuer mit ca. 1,5 - 2 % des Umsatzes beziffert. Von einem unzulässigen Eingriff in die Steuerkompetenz des Bundes kann angesichts der zuvor beschriebenen Größenverhältnisse nicht die Rede sein.

3. Die Wettbürosteuer verstößt auch nicht gegen den Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung. Dieser verlangt die Beachtung der bundesstaatlichen Grenzen und bei der Ausübung der jeweiligen Gesetzgebungskompetenz wechselseitig bundesstaatliche Rücksichtnahme. Konzeptionelle Entscheidungen des zuständigen Bundesgesetzgebers dürfen durch Entscheidungen eines Landesgesetzgebers nicht verfälscht werden. Insbesondere dürfen den Normadressaten nicht gegenläufige Regelungen erreichen, die die Rechtsordnung widersprüchlich machen ( - BVerfGE 98, 106 <119> und vom - 1 BvR 2306/96 u.a. - BVerfGE 98, 265 <301>; 9 CN 1.11 - BVerwGE 143, 301 Rn. 29, Beschluss vom - 9 BN 2.15 - Buchholz 401.69 Sonst. KommSteuern Nr. 1).

Das ist hier nicht der Fall. Zwar verfolgt der Bundesgesetzgeber insofern eine "gesetzgeberische Gesamtkonzeption", als er mit der im Jahre 2012 eingeführten Sportwettensteuer erklärtermaßen den neuen Glücksspielstaatsvertrag der Länder flankieren wollte und zu diesem Zweck einen niedrigen Steuersatz von 5 v.H. auf den Wetteinsatz vorgesehen hat, um den Wettveranstaltern im europäischen Vergleich eine adäquate Steuerbelastung zu sichern (a). Durch die Wettbürosteuer greift die Beklagte aber nicht in unzulässiger Weise in dieses Gesamtkonzept ein (b).

a) Durch den Glücksspielstaatsvertrag vom ist das bisherige staatliche Sportwettenmonopol - zunächst für eine Experimentierphase von sieben Jahren - normativ durch ein Konzessionssystem ersetzt worden. Nunmehr können bundesweit bis zu 20 Konzessionen vergeben werden. Die Konzessionserteilung wird "nach Aufruf zur Bewerbung und Durchführung eines transparenten, diskriminierungsfreien Auswahlverfahrens erteilt". Durch die Experimentierklausel soll eine bessere Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV erprobt werden, zu denen gleichrangig u.a. eine wirksame Suchtbekämpfung, der Jugend- und Spielerschutz, aber auch die Schaffung einer begrenzten legalen Alternative zum nicht erlaubten Glücksspiel gehören, um den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken und der Entwicklung und Ausbreitung von unerlaubten Glücksspielen in Schwarzmärkten entgegenzuwirken (vgl. zum Vorstehenden § 10a i.V.m. § 1 und § 4b Abs. 1 GlüStV). Von der Konzession, die die Veranstaltung von Sportwetten betrifft, ist die einzelne Wettvermittlungsstelle zu unterscheiden. Deren Zahl wird nach § 10a Abs. 5 GlüStV durch die Länder begrenzt. Hierdurch soll eine gleichmäßige Verteilung der begrenzten Wettvermittlungsstellen auf alle Konzessionsnehmer gewährleistet werden (vgl. LT-Drs. NRW 16/17 S. 34). Wettvermittlungsstellen im vorgenannten Sinne sind besondere Geschäftsräume der Konzessionsnehmer, in denen ausschließlich Sportwetten als Hauptgeschäft vermittelt werden; ihre Anzahl wird in Nordrhein-Westfalen auf 920 begrenzt, vgl. § 13 Abs. 2 des Gesetzes zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrages - AG GlüStV NRW - vom (GV. NRW. S. 524) sowie § 20 Abs. 1 und § 21 Abs. 1 der Glücksspielverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen - GlüSpVO NRW - vom i.d.F. vom (GV. NRW. S. 483).

Der Bundesgesetzgeber wollte mit der im Jahre 2012 eingeführten Sportwettensteuer (s.o. unter 2 c) ausdrücklich eine flankierende Regelung zum neuen Glücksspielstaatsvertrag der Länder treffen. Mit Blick auf die Experimentierklausel, die die Erteilung einer begrenzten Anzahl von Konzessionen an in- und ausländische Wettanbieter ermögliche, sei es geboten, das Steuerrecht für sämtliche Sportwetten zu öffnen. Dabei sei es ohne Bedeutung, ob die Sportwette ortsgebunden oder durch ein anderes Medium, insbesondere über das Internet, erfolge (vgl. BT-Drs. 17/8494 S. 1 und 8). Die Senkung des ursprünglich vorgesehenen deutlich höheren Steuersatzes von 16 2/3 v.H. auf 5 v.H., die insbesondere aufgrund der Kritik der EU-Kommission erfolgte, wird im Gesetzesentwurf ausführlich begründet (vgl. BT-Drs. 17/8494 S. 9 sowie Brüggemann, Die Besteuerung von Sportwetten im Rennwett- und Lotteriegesetz, Dissertation, Münster, 2015, S. 110 f.): Der ermäßigte Satz sei geboten, um im europäischen Vergleich eine adäquate Steuerbelastung zu sichern und eine Überführung des bisherigen illegalen Wettangebots in die Legalität und damit unter die ordnungsrechtlichen Rahmenbedingungen des Glücksspielstaatsvertrages zu fördern. Der ermäßigte Steuersatz sei die Folge der im Glücksspieländerungsstaatsvertrag vorgesehenen konzessionierten Öffnung des Glücksspielmarktes für Sportwetten. Dieser Öffnung liege die Erwägung zugrunde, dass es im Bereich der Sportwetten, insbesondere im Bereich der illegalen Wettangebote ausländischer Wettanbieter, nicht in dem avisierten Umfang erreicht worden sei, die natürliche Spielleidenschaft der Bürger unter staatliche Kontrolle zu nehmen. Das Konzessionsverfahren ermögliche nun eine Regulierung. Anders als beim staatlichen Lotterieangebot, das mit einem Regelsteuersatz von 20 v.H. besteuert werde, sei die Wettbewerbssituation durch die Internationalisierung des Sportwettenbereichs derart ausgeprägt, dass eine Kanalisierung des Spielangebots im Inland nur mit einem abgesenkten Steuersatz möglich sei. Der geringere Steuersatz für Sportwetten sei gerechtfertigt, da er einem Gemeinwohlinteresse diene (Überführung des derzeit vorhandenen illegalen Marktes für Sportwetten in die Legalität) und zu diesem Zweck geeignet, erforderlich und insgesamt verhältnismäßig sei.

b) In dieses Gesamtkonzept des Bundesgesetzgebers (Sportwettenbesteuerung zur Flankierung des Glücksspielstaatsvertrages) greift die Beklagte mit ihrer Wettbürosteuer nicht in unzulässiger Weise ein.

aa) Ein solcher Eingriff kann entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts allerdings nicht schon allein damit verneint werden, dass die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages zur zeitlich begrenzten Zulassung von Sportwetten durch konzessionierte private Wettanbieter nach der Experimentierklausel des § 10a GlüStV "gegenwärtig nicht praktiziertes Recht" sind (vgl. UA S. 32 ff.). Zwar trifft diese Einschätzung durchaus zu; das geplante Konzessionierungsverfahren muss nicht zuletzt angesichts der klaren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, der Zweifel an der Transparenz des Auswahlverfahrens geäußert hat, tatsächlich als gescheitert betrachtet werden (vgl. [ECLI:EU:C:2016:72] - Rn. 55 ff. sowie Deiseroth/Eggert, GewArch 2017, 89 ff. und Brüggemann, Die Besteuerung von Sportwetten im Rennwett- und Lotteriegesetz, Dissertation, Münster, 2015, S. 52 ff., jew. m.w.N.). Dies gilt jedoch nicht für die Sportwettenbesteuerung nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz. Das Gesetz sieht zur Herstellung einer Besteuerungsgleichheit und zugleich zur Vermeidung eines Vollzugsdefizits Aufzeichnungs-, Offenbarungs- und Mitteilungspflichten vor (vgl. §§ 20, 26 und 27 RennwLottG sowie BT-Drs. 17/8494 S. 10); in der Anwendung des Gesetzes sind keine grundlegenden Vollzugsdefizite erkennbar (vgl. hierzu etwa Brüggemann, a.a.O. S. 244 ff. sowie Endbericht des Landes Hessen zur Evaluierung des Glücksspielstaatsvertrages, Stand , S. 32).

Im Übrigen darf eine Gemeinde aber auch dann nicht durch Lenkungsmaßnahmen und damit mittelbar gestaltend in den Kompetenzbereich des Bundesgesetzgebers eingreifen, wenn sie dessen Gesamtkonzeption als defizitär erachtet. Vielmehr ist es dann dessen Sache, entweder sein Regelungskonzept aufzugeben oder "nachsteuernde" Maßnahmen zu ergreifen.

bb) Im Ergebnis hat das Oberverwaltungsgericht aber zu Recht angenommen, dass die Beklagte durch die Wettbürosteuer nicht in unzulässiger Weise in die vom Bundesgesetzgeber mit der Sportwettenbesteuerung verfolgten Ziele eingreift.

Dabei geht es zunächst zutreffend davon aus, dass die Besteuerung durch die Beklagte nicht den Zielen in § 1 Nr. 1 und 2 GlüStV, die - wie oben erläutert wurde - durch die Sportwettenbesteuerung flankiert werden sollte, zuwider läuft. Gleichrangige Ziele des Staatsvertrages sind - wie oben ebenfalls bereits ausgeführt - die Bekämpfung der Spielsucht einerseits und die Überführung des Glücksspielangebots in einen legalen Markt andererseits. Dem erstgenannten Ziel läuft die Wettbürosteuer ersichtlich nicht zuwider. Dass auch kein Widerspruch zum zweiten Ziel besteht, begründet das Oberverwaltungsgericht damit, dass der Wettbürosteuer keine erdrosselnde Wirkung zukomme, so dass sie nicht die Existenz eines begrenzten legalen Glücksspielangebots gefährde. Im Übrigen werde weder im Glücksspielstaatsvertrag noch im nordrhein-westfälischen Ausführungsgesetz speziell das Glücksspielangebot in Wettbüros geschützt. Vielmehr werde lediglich ein legaler Bestand von Wettvermittlungsstellen vorgesehen. Soweit geltend gemacht werde, der Landesgesetzgeber wünsche Wettbüros wegen der dort im Gegensatz zum anonymen Wetten im Internet ausgeübten sozialen Kontrolle, habe sich dies nicht in einem Normbefehl des Glücksspielrechts niedergeschlagen, erst Recht nicht im Sinne des Ausschlusses einer Besteuerung von Wettbüros. Der Senat schließt sich dieser Argumentation im Ergebnis an. Insbesondere kann aus § 20 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 6 GlüSpVO NRW nichts Gegenteiliges gefolgert werden (a.A. Birk, Rechtsgutachten zur rechtlichen Zulässigkeit der kommunalen Wettbürosteuer, , S. 31 f.). Danach sind Wettvermittlungsstellen ausschließlich auf die Vermittlung von Sportwetten beschränkt, während staatliche Anbieter wie die Westdeutsche Lotterie GmbH & Co. OHG (WestLotto) auf Antrag auch im Nebengeschäft Sportwetten vermitteln dürfen. Zwar kann hieraus geschlossen werden, dass in erster Linie reine Wettvermittlungsstellen, wie die hier in Rede stehenden Wettbüros, die Versorgung der Bevölkerung mit konzessionierten Sportwetten sicherstellen sollen. Zugleich ist aber zu beachten, dass es hierbei - wie das Oberverwaltungsgericht der Sache nach zutreffend annimmt - nur um eine Art "Grundversorgung" gehen soll. Denn neben der räumlichen Beschaffenheit und Nutzung werden sowohl die Zahl als auch das Einzugsgebiet der Wettvermittlungsstellen streng reglementiert (vgl. § 10a Abs. 5 GlüStV sowie § 13 Abs. 3 Satz 1 AG GlüStV NRW). Es dürfen nicht mehr Wettvermittlungsstellen unterhalten werden als zur besseren Erreichung der Ziele nach §§ 1, 10a Abs. 5 GlüStV und zur Sicherstellung eines ausreichenden Glücksspielangebots im Sinne von § 10 Abs. 1 GlüStV erforderlich sind (§ 13 Abs. 3 Satz 2 AG GlüStV NRW). Hiermit sollen die Erkenntnisse aus dem Evaluierungsbericht der Glücksspielaufsichtsbehörden vom , der Suchtforschung und der Rechtsprechung aufgenommen werden. Nach dem genannten Bericht weisen insbesondere Livewetten ein deutlich höheres Suchtpotential auf als Oddset Sportwetten. Gerade bei Jugendlichen entwickele sich ein Trend hin zu den Wettbüros, die regelmäßig darauf angelegt seien, Kunden zum Verweilen einzuladen und zum Wetten zu animieren; diese seien daher der Suchtbekämpfung abträglich (vgl. zum Vorstehenden LT-Drs. 16/17 S. 41 f.).

Ähnliche Erwägungen gelten auch hinsichtlich der vom Bundesgesetzgeber mit der Sportwettensteuer verfolgten Zwecke, denn diese sind eng mit den glücksspielrechtlichen Regelungen verknüpft. Zwar sollte der ermäßigte Steuersatz - wie oben näher dargelegt wurde - attraktive Bedingungen schaffen, um eine Überführung des bisherigen illegalen Wettangebots in die Legalität und damit unter die ordnungsrechtlichen Rahmenbedingungen des Glücksspielstaatsvertrages zu fördern. Dem widerspricht allerdings eine moderat bemessene Vergnügungssteuer, die - gewissermaßen zur "örtlichen Feinsteuerung" - auf einen ausgewählten Teil der Sportwetten erhoben wird, nicht. Denn das neue Glücksspielrecht sieht gerade keine unbegrenzte Zulassung von Wettannahmestellen, sondern wegen ihrer besonderen Gefahren deren zahlenmäßige Beschränkung vor. Dass Wettbüros allein durch die Wettbürosteuer derart geschwächt werden, dass sich hierdurch die Gefahr eines Ausweichens von Wettkunden in die Illegalität ergibt, ist nicht ersichtlich und im Übrigen eine Frage der - noch zu erörternden - Erdrosselungswirkung der Steuer.

4. Auch hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG ist das Oberverwaltungsgericht von zutreffenden Maßstäben ausgegangen und hat diese ohne Rechtsverstoß angewandt.

Ein Eingriff in die Freiheit der Berufswahl liegt dann vor, wenn die Steuer ihrer objektiven Gestaltung und Höhe nach es in aller Regel unmöglich macht, den angestrebten Beruf ganz oder teilweise zur wirtschaftlichen Grundlage der Lebensführung zu machen (stRspr, vgl. - BVerfGE 31, 8 <29> und Kammerbeschluss vom - 1 BvR 624/00 - NVwZ 2001, 1264). Einer kommunalen Steuer kommt danach eine erdrosselnde Wirkung zu, wenn mit der Ausübung des in Rede stehenden Berufs in der Gemeinde infolge dieser Steuer nach Abzug der notwendigen Aufwendungen kein angemessener Reingewinn erzielt werden kann (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom - 1 BvL 22/67 - BVerfGE 31, 8 <22 f.> und vom - 1 BvL 8/05 - BVerfGE 123, 1 <36 f.>). Der Betrachtung ist nicht der einzelne, sondern ein durchschnittlicher Betreiber im Gemeindegebiet zugrunde zu legen. Art. 12 GG gewährleistet keinen Bestandsschutz für die Fortsetzung einer unwirtschaftlichen Betriebsführung. Es ist daher zu ermitteln, ob der durchschnittlich zu erzielende Bruttoumsatz die durchschnittlichen Kosten unter Berücksichtigung aller anfallenden Steuern einschließlich eines angemessenen Betrages für Eigenkapitalverzinsung und Unternehmerlohn abdecken kann (vgl. 9 C 22.14 - BVerwGE 153, 116 Rn. 17).

Soweit durch die Rechtsprechung des Senats zuletzt für den Beruf des Spielgerätebetreibers darauf hingewiesen wurde, dass dessen unternehmerischer Entscheidungsspielraum und die Möglichkeit der Abwälzung der Steuer auf den Kunden eingeengt sind, weil gerade für diese Unternehmensbranche umfangreiche gewerbe- und glücksspielrechtliche Beschränkungen bestehen ( 9 C 22.14 - BVerwGE 153, 116 Rn. 18 m.w.N.; vgl. zu diesen Beschränkungen zuletzt u.a. - juris Rn. 12 ff., zur Verfassungsmäßigkeit dieser Beschränkungen vgl. Rn. 118 ff.), lässt sich dies angesichts vergleichbarer Reglementierungen von Wettvermittlungsstellen ohne Weiteres auf den Betreiber eines Wettbüros übertragen.

Selbst wenn man dies zugrunde legt, hat der Kläger nicht substantiiert behauptet, dass die Einnahmen eines Wettbürobetreibers aus der Vermittlung von Sportwetten die durchschnittlichen Kosten nicht abdecken und kein angemessener Unternehmerlohn mehr verbleibt. Dem Oberverwaltungsgericht ist in seiner Einschätzung beizupflichten, dass angesichts des derzeitigen Booms von Wettbüros auch keine Tendenz zum Absterben dieser Branche erkennbar ist (im Ergebnis ebenso Birk, Rechtsgutachten zur rechtlichen Zulässigkeit der kommunalen Wettbürosteuer, , S. 26 f.). Ebenso hat es ohne Rechtsverstoß darauf hingewiesen, dass Art. 12 Abs. 1 GG nicht deshalb verletzt ist, weil die Steuererhebung den auch verfolgten Lenkungszweck, die Wettleidenschaft der Bevölkerung einzudämmen, nicht erreichen könnte. Denn die Steuer rechtfertigt sich - unbeschadet eines Lenkungszwecks - allein schon aus der Absicht, Einnahmen zu erzielen (vgl. § 12 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b KAG i.V.m. § 3 Abs. 1 AO). Für eine allgemeine, unterhalb der Erdrosselungsgrenze liegende Schwelle einer unverhältnismäßig hohen Steuerbelastung ist kein Raum. Wirkt die Steuer nicht erdrosselnd, weil sie einem umsichtig handelnden durchschnittlichen Unternehmer die Möglichkeit belässt, einen angemessenen Gewinn zu erwirtschaften, ist sie in der Regel nicht unverhältnismäßig ( 9 C 22.14 - BVerwGE 153, 116 Rn. 30).

5. Die Wettbürosteuer ist auch kalkulatorisch abwälzbar.

Für die Überwälzung der Steuerlast auf die Wettkunden genügt die Möglichkeit einer kalkulatorischen Überwälzung in dem Sinne, dass der Steuerschuldner den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen - Preiserhöhung, Umsatzsteigerung oder Senkung der sonstigen Kosten - treffen kann. Es reicht aus, wenn die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger angelegt ist, auch wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom - 1 BvL 8/05 - BVerfGE 123, 1 <22 f.> und vom - 2 BvL 6/13 - NVwZ 2017, 1037 Rn. 124; 9 C 12.08 - BVerwGE 135, 367 Rn. 28 und vom - 9 C 22.14 - BVerwGE 153, 116 Rn. 33). Die Überwälzung der Steuerlast muss außerdem rechtlich und tatsächlich möglich sein. Ausgeschlossen wäre eine solche Überwälzbarkeit im Fall der Spielgerätesteuer etwa dann, wenn sich der Steuerbetrag zusammen mit den sonstigen notwendigen Kosten für den Betrieb der Geräte nicht mehr aus dem Spielereinsatz decken ließe und daher die Veranstalter zur Zahlung der Steuer ihre Gewinne aus anderen rentablen Betriebssparten verwenden müssten (sogenannte schräge Überwälzung; vgl. BVerfG, Beschlüsse vom - 1 BvL 22/67 - BVerfGE 31, 8 <21 f.> und vom - 1 BvL 8/05 - BVerfGE 123, 1 <36>). Die Voraussetzung einer kalkulatorischen Abwälzbarkeit ist zumindest so lange gegeben, wie der Umsatz nicht nur den Steuerbetrag und die sonstigen notwendigen Unkosten deckt, sondern in der Regel sogar noch Gewinn abwirft (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom - 1 BvL 22/67 - BVerfGE 31, 8 <20> sowie vom - 2 BvL 6/13 - NVwZ 2017, 1037 Rn. 125).

Derartige Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens stehen dem Wettbürobetreiber zur Verfügung. Soweit er selbst Wetten abschließt, wie dies beim Kläger im vorliegenden Verfahren in geringem Umfang der Fall ist, kann er die Kosten unmittelbar in das vom Wettenden geforderte Entgelt einfließen lassen. Genauso handhaben es derzeit die meisten Veranstalter von Sportwetten hinsichtlich der Sportwettensteuer nach § 17 Abs. 2 RennwLottG in Höhe von 5 v.H. des Wetteinsatzes; sie wälzen diese auf den Wettkunden ab (vgl. hierzu § 6 <"Aufgeld"> des Geschäftsbesorgungsvertrages des Klägers mit dem Wettveranstalter Digibet sowie § 12 Nr. 1 des Vermittlungsvertrages mit Tipico im Parallelverfahren BVerwG 9 C 8.16).

Doch auch bei der - im wirtschaftlichen Vordergrund stehenden - Vermittlungsvariante stehen hinreichende Abwälzungsmöglichkeiten zur Verfügung. Zwar mag die Erhebung eines Eintrittspreises für das Betreten eines Wettbüros ausscheiden, weil hierdurch das Geschäftsmodell von Wettbüros aufgegeben werden müsste, das gerade auf dem kostenlosen Mitverfolgen von Sportereignissen beruht, um hierdurch einen Anreiz für das Wetten zu schaffen. Auch untersagt SKY, dem bislang Exklusivrechte für sämtliche Partien der 1. und 2. Bundesliga zustanden und deshalb eine entsprechend große Marktmacht zukam, nach seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen das Verlangen von Eintrittsgeldern "für die öffentliche Wahrnehmbarmachung" (Nr. 1.3 Satz 1 der AGB für Abonnentenvertrag für Gewerbekunden, abgerufen auf der Homepage von Sky unter http://business.sky.de). Dem Wettbürobetreiber stehen aber die beiden übrigen vom Bundesverfassungsgericht genannten Möglichkeiten der Abwälzung - Umsatzsteigerung sowie Senkung der sonstigen Kosten - zur Verfügung. Eine Kostensenkung kann etwa durch eine Verkleinerung der Geschäftsräume erfolgen, wie sie nach Einschätzung der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung offenbar teilweise bereits in Reaktion auf den Flächenmaßstab erfolgt ist. Auch bei einem anderen Maßstab lassen sich mit Blick auf die Mietkosten hierdurch Kosten einsparen. Zur Umsatzsteigerung stehen dem Kläger die üblichen betriebswirtschaftlichen Möglichkeiten, wie etwa Maßnahmen zur Attraktivitätssteigerung seines Ladenlokals sowie besondere Werbemaßnahmen, zur Verfügung. Diese sind auch durch die genannten glücksspiel- und gewerberechtlichen Beschränkungen nicht ausgeschlossen.

Im Übrigen ist für den Senat nicht ersichtlich, warum Wettbürobetreiber die kommunale Steuer nicht ganz oder teilweise auf den Wettkunden durch eine Art "Vermittlungsgebühr" überwälzen können, wie dies in Bezug auf die Sportwettensteuer üblich ist. Hierdurch würde das Geschäftsmodell - anders als bei der Erhebung eines Eintritts - nicht so grundlegend verändert, dass dies dem Betreiber nicht zugemutet werden könnte. Soweit gegen eine solche Überwälzung eingewandt wird, die Erhebung von Gebühren sei dem Wettbürobetreiber durch die aktuellen Vereinbarungen mit den Vermittlern untersagt, trifft dies so schon nicht zu, denn der Geschäftsbesorgungsvertrag des Klägers mit Digibet enthält zu dieser Frage keine Regelung, während der Vermittlungsvertrag mit dem Branchenführer Tipico im Parallelverfahren BVerwG 9 C 8.16 die Erhebung einer zusätzlichen Gebühr von den Kunden - wenngleich nur mit Zustimmung des Vermittlers - sogar ausdrücklich zulässt (vgl. § 2 Nr. 6 "Sonstige Gebühren"). Hiervon abgesehen kann es aber auch nicht allein darauf ankommen, was in den jeweiligen Verträgen geregelt ist, denn sonst könnte sich ein Unternehmer einer auf Abwälzbarkeit angelegten indirekten Steuer jederzeit durch Vertragsgestaltung entziehen. Mit zu berücksichtigen sind daher zumindest nicht fernliegende und ökonomisch vernünftige Möglichkeiten einer Vertragsänderung, die ein Unternehmer ggf. auch gegenüber einem Vertragspartner durchsetzen muss. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass auch Wettveranstalter ein Interesse daran haben, dass ihre Wetten weiterhin gut vermittelt werden.

Auch umsatzsteuerrechtliche Erwägungen sprechen nach Auffassung des Senats nicht grundsätzlich gegen die Erhebung einer solchen "Abwälzungsgebühr" vom Wettkunden. Nach der finanzgerichtlichen Rechtsprechung sind die durch Vermittlung von Sportwetten erbrachten Leistungen des inländischen Unternehmens in der Regel nicht der deutschen Umsatzsteuer unterworfen, weil das Wettunternehmen, an das die Vermittlungsleistungen erbracht werden, seinen Sitz typischerweise im EU-Ausland (Gibraltar oder Malta) hat und es von dort aus betreibt. Damit ist der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit des Leistungsempfängers als Ort der Dienstleistung anzusehen (vgl. etwa - juris Rn. 38 ff., ebenso - juris Rn. 25). Dabei wird die Vermittlungsleistung als die Hauptleistung des Unternehmers angesehen. Die zusätzlich erbrachten Nebenleistungen, wie die Schaffung einer Infrastruktur gemäß den Vorgaben des Wettveranstalters, die treuhänderische Führung der Kasse, die ordentliche sonstige Ausstattung des Wettbüros usw. ordnen sich dieser Hauptleistung unter, denn sie dienen ausschließlich dazu, dass die eigentliche Vermittlungsleistung unter optimalen Bedingungen in Anspruch genommen werden kann ( a.a.O. Rn. 23). Hiervon ausgehend spricht einiges dafür, dass auch die Erhebung einer zusätzlichen Gebühr eine solche unselbständige Nebenleistung darstellt, die umsatzsteuerrechtlich das Schicksal der Hauptleistung teilt ( a.a.O. Rn. 23).

6. Es liegt schließlich auch kein Verstoß gegen den Grundsatz der Besteuerungsgleichheit aus Art. 3 Abs. 1 GG dadurch vor, dass die Satzung der Beklagten nur das Wetten in Wettbüros besteuert, nicht aber in Wettannahmestellen, in denen keine Möglichkeit der Mitverfolgung der Sportereignisse an Monitoren besteht.

Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Aus ihm ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Für den Sachbereich des Steuerrechts verbürgt der allgemeine Gleichheitssatz den Grundsatz der gleichen Zuteilung steuerlicher Lasten. Der Gesetzgeber hat dabei einen weit reichenden Entscheidungsspielraum sowohl bei der Auswahl des Steuergegenstandes als auch bei der Bestimmung des Steuersatzes und des Steuermaßstabs. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Steuergesetze in der Regel Massenvorgänge des Wirtschaftslebens betreffen. Sie müssen, um praktikabel zu sein, Sachverhalte, an die sie dieselben steuerrechtlichen Folgen knüpfen, typisieren und dabei die Besonderheiten des einzelnen Falles vernachlässigen. Die wirtschaftlich ungleiche Wirkung auf die Steuerzahler darf allerdings ein gewisses Maß nicht übersteigen. Vielmehr müssen die steuerlichen Vorteile der Typisierung im rechten Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung stehen. Außerdem darf eine gesetzliche Typisierung keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss sich realitätsgerecht am typischen Fall orientieren. Art. 3 Abs. 1 GG ist dann verletzt, wenn für die gleiche Behandlung verschiedener Sachverhalte - bezogen auf den in Rede stehenden Sachverhalt und seine Eigenart - ein vernünftiger, einleuchtender Grund fehlt (stRspr, vgl. nur - BVerfGE 123, 1 <19> und - BVerfGK 17, 44 = juris Rn. 36). Geht es - wie hier - um eine Vergnügungssteuer als Unterfall der Aufwandsteuer, setzt allerdings das Wesen der Aufwandsteuer der Ausübung des Ermessens des Normgebers für die gleichheitsgerechte Ausgestaltung der Steuerpflicht Grenzen. Denn die Aufwandsteuer schließt eine wertende Berücksichtigung der mit dem getätigten Aufwand verfolgten Absichten und Zwecke aus. Allein der isolierte Vorgang des Konsums als Ausdruck und Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist für die Aufwandsteuer maßgeblich ( - BVerfGE 65, 325 <357>; Kammerbeschluss vom a.a.O. Rn. 37).

Das Oberverwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, dass für die Ausklammerung der reinen Wettannahmestellen ein vernünftiger Grund besteht. Der Satzungsgeber sieht das Wetten in Wettbüros als abgrenzbares, im Vergleich zu anderen Wettstellen gesondert steuerbares Vergnügen an. Seine Entscheidung kann wegen der oben beschriebenen besonderen Gefahren, die gerade von Livewetten in Wettbüros ausgehen, nicht als willkürlich angesehen werden. Dabei differenziert er auch nicht in unzulässiger Weise nach den mit dem getätigten Aufwand verfolgten Absichten und Zwecken. Vielmehr besteuert er sämtliche Wetten in Wettbüros und damit sämtliche Fälle des im Rahmen des Satzungsermessens definierten Vergnügens; er knüpft insoweit allein an den Konsum des Wettkunden an.

Dem Oberverwaltungsgericht ist auch darin zuzustimmen, dass der qualitative Unterschied zwischen Wettbüros einerseits, die nicht nur durch Monitore gekennzeichnet sind, sondern typischerweise durch Tische, Stühle und Getränke- sowie Snackautomaten über eine gewisse Aufenthaltsqualität verfügen, und reinen Wettannahmestellen auf der anderen Seite nicht dadurch verwischt wird, dass in letzteren auch auf anderen Wegen, etwa durch Smartphones oder Tablets, Wettereignisse mitverfolgt werden können. Denn der Satzungsgeber darf den typischen Fall als Leitbild wählen.

7. Die tragenden Erwägungen des Oberverwaltungsgerichts in Bezug auf den Flächenmaßstab beruhen hingegen auf der Verletzung von Bundesrecht. Mit diesem Maßstab sind gravierende Abweichungen von dem wirklichen Vergnügungsaufwand der Wettkunden verbunden. Da mit dem Wetteinsatz ein praktikabler Wirklichkeitsmaßstab zur Verfügung steht, verletzt der in der Satzung gewählte Flächenmaßstab die Steuergerechtigkeit (Art. 3 Abs. 1 GG).

Eine Aufwandsteuer muss eine Bemessungsgrundlage wählen, in der der Aufwand sachgerecht erfasst wird. Für eine Vergnügungssteuer ist der individuelle, wirkliche Vergnügungsaufwand der sachgerechteste Maßstab. Lässt sich dieser nicht oder kaum zuverlässig erfassen, kommen Ersatzmaßstäbe in Betracht, wobei diese allerdings einen bestimmten Vergnügungsaufwand wenigstens wahrscheinlich machen müssen, indem sie einen zumindest lockeren Bezug zu dem Vergnügungsaufwand aufweisen (stRspr, vgl. nur - BVerfGE 14, 76 <93> sowie - BVerfGE 123, 1 <16 ff., 23>; stRspr, vgl. nur 9 C 12.08 - BVerwGE 135, 367 Rn. 22, jeweils zur Spielgerätesteuer). Dem entsprechend verstößt etwa die Verwendung des Stückzahlmaßstabs für die Besteuerung von Gewinnspielautomaten unter den heutigen technischen Gegebenheiten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG; als wirklichkeitsnähere Maßstäbe sind stattdessen der Spieleinsatz oder das Einspielergebnis anerkannt ( - BVerfGE 123, 1 <26>; 9 CN 1.09 - BVerwGE 137, 123 Rn. 15).

Dies zugrunde gelegt, hätte die Beklagte in ihrer Satzung als Bemessungsgrundlage nicht den Flächenmaßstab wählen dürfen. Vielmehr bildet für eine Vergnügungssteuer in Gestalt einer Wettbürosteuer der Wetteinsatz den sachgerechtesten Maßstab. Das Oberverwaltungsgericht stützt sich für seine gegenteilige Auffassung auf zwei Argumente: Es gehe um den "gesteigerten Wettaufwand" in einem Wettbüro, der sich nur schätzen, nicht aber an Hand der Wetteinsätze beziffern lasse. Auch hiervon abgesehen müsse aus Praktikabilitätserwägungen nicht auf den Wetteinsatz abgestellt werden, denn die Erfassung der getätigten Wetteinsätze erscheine zwar grundsätzlich möglich, sei aber mit beträchtlichen Unsicherheiten belastet. So wäre der Steuergläubiger beim Schaltergeschäft darauf angewiesen, dass die getätigten Wetteinsätze ordnungsgemäß verbucht würden; die alternativ verwendeten Geräte (Terminals) müssten manipulationssicher auslesbar sein, was jedenfalls ausweislich der eingeholten Auskunft des Hessischen Ministeriums der Finanzen gegenwärtig nicht gewährleistet sei. Auch stelle die Feststellung der Provision eine nur mittelbare Erkenntnis dar, aus der sich nur über "keinesfalls einfache Rechenoperationen" auf den Wetteinsatz schließen lasse. Angesichts des Verwaltungsaufwands und der Unsicherheiten der Feststellung der Einsätze habe die Beklagte dem einfach handzuhabenden Flächenmaßstab den Vorzug geben dürfen.

Die erste Erwägung trägt schon deshalb nicht, weil sie von einem unzutreffenden Ansatz ausgeht. Besteuert wird der Aufwand für die in einem Wettbüro abgegebene Wette, nicht aber ein fiktiv angenommener "gesteigerter Aufwand", der kalkulatorisch geschätzt werden darf (s.o. zum Typus einer Aufwandsteuer). Die dem Flächenansatz zugrunde liegende Annahme "mehr Fläche, mehr Kunden, also mehr Aufwand" wird im Übrigen auch bei einem am Wetteinsatz orientierten Maßstab berücksichtigt, allerdings deutlich wirklichkeitsnäher.

Aber auch hinsichtlich der Praktikabilitätserwägungen vermögen die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts nicht zu überzeugen: Sämtlichen Wettbürobetreibern Manipulationen bei den Schaltergeschäften bzw. ihren Wettterminals zu unterstellen, ist ein ungerechtfertigter Verdacht "ins Blaue hinein"; auch die Auskunft des Hessischen Ministeriums der Finanzen bietet hierfür keine Anhaltspunkte. Schwierige Rechenoperationen ergeben sich nicht, denn die im Wettbüro ausgestellten Belege weisen schon jetzt regelmäßig den Wetteinsatz sowie die darauf entfallende "Gebühr" in Höhe von 5 % Sportwettensteuer aus. Hiervon ausgehend lässt sich ohne Weiteres eine weitere Steuer auf den Wetteinsatz berechnen. Im Übrigen sieht die Abgabenordnung verschiedene Wege vor, die die Gemeinde zur Begrenzung ihres Verwaltungsaufwands nutzen kann. So kann sie dem Steuerpflichtigen z.B. eine Steueranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck vorschreiben, bei der dieser die Steuer selbst zu berechnen hat (vgl. § 12 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a KAG NRW i.V.m. § 150 Abs. 1 Satz 3 AO). Gegen die Praktikabilitätsbedenken spricht schließlich auch der Umstand, dass auch die Sportwettensteuer nach § 17 Abs. 2 RennwLottG an Hand des Wetteinsatzes erhoben wird, ohne dass insoweit ein Vollzugsdefizit vorliegt. Von daher drängt es sich geradezu auf, dass dieser Maßstab auch für die kommunale Steuer praktikabel ist."

13Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2017:290617U9C9.16.0

Fundstelle(n):
IAAAG-60198