Online-Nachricht - Montag, 16.10.2017

Umsatzsteuer | Anordnung der Eigenverwaltung beendet Organschaft (FG)

Eine umsatzsteuerliche Organschaft wird durch Anordnung der Eigenverwaltung mit Bestellung eines vorläufigen Sachwalters beendet (; Revision zugelassen).

Sachverhalt: Zwischen der Klägerin, einer GmbH, und ihrer alleinigen Anteilseignerin, einer AG, bestand ursprünglich eine umsatzsteuerliche Organschaft. Auf eigenen Antrag beider Gesellschaften beschloss das Amtsgericht jeweils die vorläufige Eigenverwaltung (§ 270a InsO) und bestellte einen Rechtsanwalt zum vorläufigen Sachwalter beider Gesellschaften. Ferner ordnete es Vollstreckungsschutz gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 InsO an. Die Geschäftsführer der Klägerin waren (weiterhin) mit dem Vorstand der AG identisch.

Die Klägerin sah in der Bestellung des vorläufigen Sachwalters eine Beendigung der Organschaft und gab ab diesem Zeitpunkt eigene Umsatzsteuervoranmeldungen ab, die zu Vorsteuerüberhängen führten. Das FA lehnte demgegenüber die Umsatzsteuerfestsetzungen gegenüber der Klägerin ab, weil die Umsatzsteuern weiterhin bei der Organmutter zu erfassen seien.

Hierzu führte das FG Münster weiter aus:

  • Gegenüber der Klägerin sind Umsatzsteuerbescheide zu erlassen, weil die Organschaft beendet wurde. Mit der Bestellung des vorläufigen Sachwalters ist die organisatorische Eingliederung in die bisherige Organträgerin entfallen. Dies ist höchstrichterlich bislang nur für Fälle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens oder der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters mit Zustimmungsvorbehalt entschieden worden.

  • Bei der vorläufigen Eigenverwaltung handelt der Insolvenzschuldner demgegenüber zwar grundsätzlich auf Grundlage seiner eigenen Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis. Die Organträgerin kann ihren Willen bei der Klägerin aber nicht mehr in rechtlich zulässiger Weise durchsetzen, weil deren Geschäftsführer nunmehr zur Sicherung der zukünftigen Insolvenzmasse verpflichtet ist. Er darf im Interesse der Gesamtheit der Gläubiger nicht einzelne Gläubiger bevorzugen, sodass der dem Organträger bei Annahme einer umsatzsteuerlichen Organschaft zustehende Ausgleichsanspruch nach § 426 BGB nicht erfüllbar ist.

  • Aufgrund des angeordneten Vollstreckungsschutzes ist dieser auch nicht durchsetzbar. Jedenfalls muss der vorläufige Sachwalter im Fall der Zahlung durch den Geschäftsführer intern widersprechen.

Hinweis:

Das Urteil ist auf der Homepage des FG Münster verfügbar. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.

Quelle: FG Münster, Newsletter Oktober 2017 (Sc)

Fundstelle(n):
NWB PAAAG-59718