Lohnsteuerliche Behandlung vom Arbeitnehmer selbst getragener Aufwendungen bei der Überlassung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs (§ 8 Absatz 2 Satz 2 ff. EStG); Anwendung von R 8.1 Absatz 9 Nummer 1 Satz 5 LStR 2015 und R 8.1 Absatz 9 Nummer 4 LStR 2015; Anwendung der – (BStBl 2017 II S. 1011) und – – (BStBl 2017 II S. 1014)
Zu den (BStBl 2017 II S. 1011) und (BStBl 2017 II S. 1014) – gilt im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder zur lohnsteuerlichen Behandlung vom Arbeitnehmer selbst getragener Aufwendungen bei der Überlassung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs Folgendes:
Die Urteile sind über den jeweils entschiedenen Einzelfall hinaus entsprechend den nachfolgenden Regelungen anzuwenden.
1. Grundsätze der BFH-Rechtsprechung
1 Der BFH hat mit seinen Urteilen vom (a. a. O.) entschieden, dass ein vom Arbeitnehmer an den Arbeitgeber gezahltes Nutzungsentgelt den vom Arbeitnehmer zu versteuernden Nutzungswert auf der Einnahmenseite mindert (R 8.1 Absatz 9 Nummer 4 Satz 1 LStR 2015) und ein den Nutzungswert übersteigender Betrag weder zu negativem Arbeitslohn noch zu Werbungskosten führt (vgl. Rdnr. 8).
2 Der BFH hat zudem seine im , BStBl 2008 II S. 198) vertretene Rechtsprechung geändert. Er vertritt nunmehr die Auffassung, dass im Rahmen der privaten Nutzung vom Arbeitnehmer selbst getragene (laufende) individuelle Kraftfahrzeugkosten (z. B. Treibstoffkosten) bei der pauschalen Nutzungswertmethode (1 %-Regelung, 0,03 %-Regelung) den Nutzungswert auf der Einnahmenseite mindern. Dies setzt voraus, dass der Arbeitnehmer den geltend gemachten Aufwand im Einzelnen umfassend darlegt und belastbar nachweist.
2. Nutzungsentgelt i. S. von R 8.1 Absatz 9 Nummer 4 LStR 2015
3 Zahlt der Arbeitnehmer an den Arbeitgeber oder auf dessen Weisung an einen Dritten zur Erfüllung einer Verpflichtung des Arbeitgebers (abgekürzter Zahlungsweg) für die außerdienstliche Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs, insbesondere für die Nutzung zu
privaten Fahrten,
Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie Fahrten nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 EStG
und
Heimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung,
ein Nutzungsentgelt, mindert dies den Nutzungswert, siehe R 8.1 Absatz 9 Nummer 4 Satz 1 LStR 2015, (a. a. O.).
4 Nutzungsentgelt i. S. von R 8.1 Absatz 9 Nummer 4 LStR 2015 ist bei der pauschalen und der individuellen Nutzungswertmethode:
ein arbeitsvertraglich oder aufgrund einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage vereinbarter nutzungsunabhängiger pauschaler Betrag (z. B. Monatspauschale),
ein arbeitsvertraglich oder aufgrund einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage vereinbarter an den gefahrenen Kilometern ausgerichteter Betrag (z. B. Kilometerpauschale),
die arbeitsvertraglich oder aufgrund einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage vom Arbeitnehmer übernommenen Leasingraten, und bei der pauschalen Nutzungswertmethode (zur Nichtbeanstandungsregelung bei der individuellen Nutzungswertmethode s. Rdnr. 13):
die arbeitsvertraglich oder aufgrund einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage vereinbarte vollständige oder teilweise Übernahme einzelner Kraftfahrzeugkosten durch den Arbeitnehmer ( a. a. O.).
Dies gilt auch für einzelne Kraftfahrzeugkosten, die zunächst vom Arbeitgeber verauslagt und anschließend dem Arbeitnehmer weiterbelastet werden oder, wenn der Arbeitnehmer zunächst pauschale Abschlagszahlungen leistet, die zu einem späteren Zeitpunkt nach den tatsächlich entstandenen Kraftfahrzeugkosten abgerechnet werden.
5 Vom Arbeitnehmer selbst getragene einzelne Kraftfahrzeugkosten i. S. der Rdnr. 4 Buchstabe d sind Kosten, die zu den Gesamtkosten des Kraftfahrzeugs i. S. des § 8 Absatz 2 Satz 4 gehören, z. B. Treibstoffkosten, Wartungs- und Reparaturkosten, Kraftfahrzeugsteuer, Beiträge für Halterhaftpflicht- und Fahrzeugversicherungen, Garagen-/Stellplatzmiete, Aufwendungen für Anwohnerparkberechtigungen, Aufwendungen für die Wagenpflege/-wäsche, Ladestrom. Unberücksichtigt bleiben Kosten, die nicht zu den Gesamtkosten des Kraftfahrzeugs gehören, z. B. Fährkosten, Straßen- oder Tunnelbenutzungsgebühren (Vignetten, Mautgebühren), Parkgebühren, Aufwendungen für Insassen- und Unfallversicherungen, Verwarnungs-, Ordnungs- und Bußgelder.
6 Bei der individuellen Nutzungswertmethode ist R 8.1 Absatz 9 Nummer 2 Satz 8 zweiter Halbsatz LStR 2015 weiter anzuwenden, vgl. Rdnr. 12.; zur Nichtbeanstandungsregelung siehe Rdnr. 13.
7 Kein Nutzungsentgelt i. S. von R 8.1 Absatz 9 Nummer 4 LStR 2015 ist insbesondere der Barlohnverzicht des Arbeitnehmers im Rahmen einer Gehaltsumwandlung.
8 In Höhe des Nutzungsentgelts i. S. von Rdnr. 4 ist der Arbeitnehmer nicht bereichert und die gesetzlichen Voraussetzungen des § 8 Absatz 1 EStG i. V. m. § 19 Absatz 1 EStG sind nicht erfüllt. Übersteigt das Nutzungsentgelt den Nutzungswert, führt der übersteigende Betrag weder zu negativem Arbeitslohn noch zu Werbungskosten ( a. a. O.).
3. Pauschale Nutzungswertmethode (1 %-Regelung, 0,03 %-Regelung)
9 Der geldwerte Vorteil aus der Gestellung eines Dienstwagens ist monatlich pauschal mit 1 % des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen einschließlich der Umsatzsteuer zu bewerten (§ 8 Absatz 2 Satz 2 i. V. m. § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 EStG). Wird der geldwerte Vorteil aus der Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs zu privaten Fahrten typisierend nach der 1 %-Regelung ermittelt, so ist der geldwerte Vorteil grundsätzlich um monatlich 0,03 % des Listenpreises für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie Fahrten nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 EStG zu erhöhen, wenn das Kraftfahrzeug auch für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie Fahrten nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 EStG genutzt werden kann (§ 8 Absatz 2 Satz 3 EStG, im Übrigen vgl. BStBl 2011 I S. 301). Die Begrenzung des pauschalen Nutzungswerts auf die Gesamtkosten ist zu beachten (vgl. BStBl 1996 I S. 654 Tz. I.8).
4. Beispiele zur pauschalen Nutzungswertmethode
10 Der Arbeitgeber hat seinem Arbeitnehmer ein betriebliches Kraftfahrzeug auch zur Privatnutzung überlassen und den geldwerten Vorteil aus der Kraftfahrzeuggestellung nach der 1 %-Regelung bewertet.
In der Nutzungsüberlassungsvereinbarung ist geregelt, dass der Arbeitnehmer ein Nutzungsentgelt in Höhe von 0,20 Euro je privat gefahrenen Kilometer zu zahlen hat.
Es handelt sich um ein Nutzungsentgelt i. S. der Rdnr. 4 Buchstabe b.
In der Nutzungsüberlassungsvereinbarung ist geregelt, dass der Arbeitnehmer die gesamten Treibstoffkosten zu zahlen hat.
Die Kostenübernahme durch den Arbeitnehmer ist ein Nutzungsentgelt i. S. der Rdnr. 4 Buchstabe d.
5. Individuelle Nutzungswertmethode (Fahrtenbuchmethode)
11 Statt des pauschalen Nutzungswerts können die auf die außerdienstlichen Fahrten entfallenden tatsächlichen Aufwendungen als individueller Nutzungswert angesetzt werden. Diese Bewertungsmethode setzt den Nachweis der tatsächlichen Kraftfahrzeugkosten (Gesamtkosten) und die Führung eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs voraus. Werden auf Grund eines ordnungsgemäß geführten Fahrtenbuchs die außerdienstlichen und die dienstlichen Fahrten nachgewiesen, kann der auf die außerdienstliche Nutzung entfallende Anteil an den Gesamtkosten konkret ermittelt werden (§ 8 Absatz 2 Satz 4 EStG).
12 Bei der Fahrtenbuchmethode fließen vom Arbeitnehmer selbst getragene individuelle Kraftfahrzeugkosten nicht in die Gesamtkosten ein und erhöhen damit nicht den individuellen Nutzungswert (R 8.1 Absatz 9 Nummer 2 Satz 8 zweiter Halbsatz LStR 2015). Zahlt der Arbeitnehmer ein pauschales Nutzungsentgelt i. S. der Rdnr. 4 Buchstaben a bis c, ist der individuelle Nutzungswert um diesen Betrag zu kürzen.
13 Es wird nicht beanstandet, wenn bei der Fahrtenbuchmethode vom Arbeitnehmer selbst getragene Kosten abweichend von R 8.1 Absatz 9 Nummer 2 Satz 8 zweiter Halbsatz LStR 2015 in die Gesamtkosten i. S. von § 8 Absatz 2 Satz 4 EStG einbezogen und wie bei der pauschalen Nutzungswertmethode als Nutzungsentgelt (Rdnr. 4 Buchstabe d) behandelt werden.
6. Beispiele zur individuellen Nutzungswertmethode
14 Der Arbeitgeber hat seinem Arbeitnehmer ein betriebliches Kraftfahrzeug auch zur Privatnutzung überlassen und den geldwerten Vorteil aus der Kraftfahrzeuggestellung nach der Fahrtenbuchmethode bewertet.
In der Nutzungsüberlassungsvereinbarung ist geregelt, dass der Arbeitnehmer ein Nutzungsentgelt in Höhe von 0,20 Euro je privat gefahrenen Kilometer zu zahlen hat.
Es handelt sich um ein Nutzungsentgelt i. S. d. Rdnr. 4 Buchstabe b.
In der Nutzungsüberlassungsvereinbarung ist geregelt, dass der Arbeitnehmer die gesamten Treibstoffkosten zu zahlen hat. Diese betragen 3.000 Euro. Die übrigen vom Arbeitgeber getragenen Kraftfahrzeugkosten betragen 7.000 Euro. Auf die Privatnutzung entfällt ein Anteil von 10 %. Der individuelle Nutzungswert ist wie folgt zu ermitteln:
Bei Anwendung der Regelung in R 8.1 Absatz 9 Nummer 2 Satz 8 zweiter Halbsatz LStR 2015 (Rdnr. 12) fließen die vom Arbeitnehmer selbst getragenen Treibstoffkosten nicht in die Gesamtkosten des Kraftfahrzeugs ein. Es handelt sich auch nicht um ein Nutzungsentgelt i. S. d. Rdnr. 4. Anhand der (niedrigeren) Gesamtkosten ist der individuelle Nutzungswert zu ermitteln (10 % von 7.000 Euro = 700 Euro).
Ein Werbungskostenabzug i. H. von 2.700 Euro (90 % von 3.000 Euro) ist nicht zulässig.
oder
Bei Anwendung der Nichtbeanstandungsregelung (Rdnr. 13) fließen die vom Arbeitnehmer selbst getragenen Treibstoffkosten in die Gesamtkosten des Kraftfahrzeugs ein. Es handelt sich um ein Nutzungsentgelt i. S. d. Rdnr. 4 Buchstabe d i. H. von 3.000 Euro. Anhand der Gesamtkosten ist der individuelle Nutzungswert zu ermitteln (10 % von 10.000 Euro = 1.000 Euro). Dieser Nutzungswert ist um das Nutzungsentgelt bis auf 0 Euro zu mindern. Der den Nutzungswert übersteigende Betrag i. H. von 2.000 Euro führt nicht zu Werbungskosten (vgl. Rdnr. 8).
7. Zuzahlungen des Arbeitnehmers zu den Anschaffungskosten
15 R 8.1 Absatz 9 Nummer 4 Satz 2 und 3 LStR 2015 ist weiter anzuwenden. Zuzahlungen des Arbeitnehmers zu den Anschaffungskosten eines ihm auch zur privaten Nutzung überlassenen betrieblichen Kraftfahrzeugs können nicht nur im Zahlungsjahr, sondern auch in den darauf folgenden Kalenderjahren auf den privaten Nutzungswert für das jeweilige Kraftfahrzeug bis auf 0 Euro angerechnet werden.
8. Anwendung
16 Die BFH-Rechtsprechung ist im Lohnsteuerabzugsverfahren und im Einkommensteuer-Veranlagungsverfahren anwendbar.
8.1 Anwendung im Lohnsteuerabzugsverfahren
17 Im Lohnsteuerabzugsverfahren ist der Arbeitgeber zur Anrechnung der individuellen Kraftfahrzeugkosten des Arbeitnehmers bei der Nutzungswertermittlung nach Rdnr. 2 oder Rdnr. 13 verpflichtet, wenn sich aus der arbeitsvertraglichen oder einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage nichts anderes ergibt.
18 Hierzu hat der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber jährlich fahrzeugbezogen schriftlich die Höhe der individuellen Kraftfahrzeugkosten und die Gesamtfahrleistung des Kraftfahrzeugs zu erklären und im Einzelnen umfassend darzulegen und belastbar nachzuweisen. Der Arbeitgeber hat aufgrund dieser Erklärungen und Belege des Arbeitnehmers den Lohnsteuerabzug durchzuführen, sofern der Arbeitnehmer nicht erkennbar unrichtige Angaben macht. Ermittlungspflichten des Arbeitgebers ergeben sich hierdurch nicht. Die Erklärungen und Belege des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber im Original zum Lohnkonto zu nehmen.
19 Es ist aus Vereinfachungsgründen nicht zu beanstanden, wenn für den Lohnsteuerabzug zunächst vorläufig fahrzeugbezogen die Erklärung des Vorjahres zugrunde gelegt wird. R 8.1 Absatz 9 Nummer 3 Satz 2 und 3 LStR 2015 ist sinngemäß anzuwenden.
8.2. Anwendung im Einkommensteuer-Veranlagungsverfahren
20 Macht der Arbeitnehmer im Einkommensteuer-Veranlagungsverfahren individuelle Kraftfahrzeugkosten vorteilsmindernd geltend, muss er die Nutzungsvereinbarung vorlegen und fahrzeugbezogen darlegen, wie der Arbeitgeber den Nutzungswert ermittelt und versteuert hat (z. B. Gehaltsabrechnung, die die Ermittlung und Besteuerung des Nutzungswerts erkennen lässt; Bescheinigung des Arbeitgebers) sowie schriftlich die Höhe der von ihm selbst getragenen individuellen Kraftfahrzeugkosten und die Gesamtfahrleistung des Kraftfahrzeugs im Kalenderjahr umfassend darlegen und belastbar nachweisen.
21 Dieses Schreiben ist in allen offenen Fällen anzuwenden. Das (BStBl 2013 I S. 513) wird hiermit aufgehoben.
BMF v. - IV C 5 - S 2334/11/10004-02
Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2017 I Seite 1336
DB 2017 S. 2260 Nr. 39
DStR 2017 S. 2121 Nr. 39
DStZ 2017 S. 860 Nr. 23
EStB 2017 S. 435 Nr. 11
KSR direkt 2017 S. 10 Nr. 11
KSR direkt 2017 S. 12 Nr. 10
KÖSDI 2017 S. 20472 Nr. 10
StB 2017 S. 356 Nr. 11
ZAAAG-58225