Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) werden für das Streitjahr 1992 gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Der Klägerin gehört ein Zweifamilienhaus, in dem die Kläger eine Wohnung selbst nutzen; die andere Wohnung ist vermietet.
Mit Vertrag vom schloss die Klägerin mit ihrem im Februar 1992 geborenen Sohn M, der durch einen gerichtlich bestellten Ergänzungspfleger vertreten wurde, einen Leihvertrag (§ 598 des Bürgerlichen Gesetzbuches —BGB—), wonach die Klägerin die vermietete Wohnung ihrem Sohn überließ. Der Leihvertrag sollte rückwirkend zum in Kraft treten und frühestens zum , spätestens Ende 2010, dem Jahr der Volljährigkeit des Sohnes, enden. Der Sohn war berechtigt, die Wohnung zu vermieten. Er hatte alle zum Erhalt der Wohnung notwendigen Aufwendungen zu tragen, soweit sie die jährlichen Mieterlöse nicht überschritten; darüber hinausgehende Aufwendungen hatte die Klägerin zu tragen.
Mit Schreiben vom teilte die Klägerin den Mietern der Wohnung mit, dass ihr Sohn nunmehr als Vermieter in das Mietverhältnis eingetreten sei und die monatliche Miete ab Dezember 1992 auf ein Konto des Sohnes überwiesen werden solle. Die Mieter erklärten sich damit (ohne Datumsangabe) einverstanden.
Für das Streitjahr reichten die Kläger für ihren Sohn eine Einkommensteuererklärung ein, in der sie für ihn Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der Wohnung in Höhe von 3 644 DM (Einnahmen 8 100 DM) erklärten. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) rechnete dagegen die Einkünfte der Klägerin zu. Der Sohn habe keine gesicherte Rechtsposition erlangt. Durch die Beendigung des Leihvertrages spätestens bei Volljährigkeit des Sohnes und die jährlichen Kündigungsmöglichkeiten habe sich die Klägerin ihrer Besitz- und Verwaltungsbefugnisse nie begeben. Die Vermietungsinitiative und das Vermieterrisiko werde von der Klägerin getragen. Außerdem liege im Streitfall ein Gestaltungsmissbrauch vor, weil der Leihvertrag allein der Steuerminderung diene.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab (Entscheidungen der Finanzgerichte —EFG— 1997, 411).
Die zur Umsetzung des Leihvertrages getroffenen Vereinbarungen reichten nicht aus, um eine steuerlich wirksame Übertragung der Vermieterposition anzunehmen. Aufgrund des Schreibens vom hätten die Mieter nicht beurteilen können, ob ein von ihnen zu beachtender rechtlich wirksamer Wechsel in der Person des Vermieters stattgefunden habe. Außerdem berühre der Eintritt des minderjährigen Sohnes in den Mietvertrag das Gesamtvertretungsrecht der Eltern (§ 1629 Abs. 1 Satz 2 BGB), das Schreiben vom weise dagegen nach Inhalt und Unterschrift nur die Klägerin als Absenderin aus. Schließlich lasse sich aus den Kontounterlagen nicht erkennen, dass dem Sohn bereits 1992 Mietzahlungen zugeflossen seien. Danach sei im Jahre 1992 nur eine Überweisung von 700 DM erfolgt, es sei aber nicht ersichtlich, von wem sie stamme. Die Vereinbarung, dass die Aufwendungen vom Sohn der Kläger nur bis zur Höhe des jährlichen Mieterlöses zu tragen seien, halte einem Fremdvergleich nicht stand.
Im Übrigen seien die Voraussetzungen des § 42 der Abgabenordnung (AO 1977) hier gegeben. Für die gewählte Gestaltung sei —mit Ausnahme des Steuersparmotivs— kein einleuchtender wirtschaftlicher Grund ersichtlich.
Die Kläger legten Revision ein, die sie im Wesentlichen wie folgt begründen:
Aufgrund des Schreibens vom , dem die damaligen Mieter zugestimmt hätten, sei ein rechtlich wirksamer Wechsel des Vermieters erfolgt. Die Unterschrift der Mutter sei ausreichend gewesen, da sich beide Elternteile stillschweigend zur Alleinvertretung gegenseitig ermächtigt hätten.
Die Überweisung von 700 DM betreffe die Monatsmiete Dezember 1992 einschließlich der Nebenkosten. Abweichend vom Antrag in der Klageschrift seien die Erträge aus der vermieteten Wohnung dem Sohn erst ab dem (statt bisher 1. November) zuzuordnen. Wenn die Vereinbarung eines Bruttonießbrauchs zwischen Angehörigen zulässig sei, dann müsse auch die Vereinbarung möglich sein, dass die Kosten vom Nutzungsberechtigten nur bis zur Höhe der Einnahmen zu tragen seien. Im Übrigen sei im vorliegenden Fall ein Fremdvergleich nicht vorzunehmen.
Die Kläger beantragen, das Urteil des FG Münster aufzuheben und unter Änderung des Einkommensteuerbescheids 1992 in der durch die Einspruchsentscheidung vom geänderten Fassung der Klägerin Einkünfte aus der Vermietung der Wohnung nur für die Zeit vom 1. Januar bis zum zuzurechnen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet.
Das FG hat der Klägerin zu Recht die Einkünfte aus der Vermietung der Wohnung für das ganze Streitjahr 1992 zugerechnet. Sie und nicht ihr Sohn hat den Tatbestand des § 21 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auch für die Zeit vom 1. bis 31. Dezember des Streitjahres verwirklicht.
1. Zu Recht geht das FG zunächst davon aus, dass auch die zeitlich begrenzte Überlassung einer Wohnung von den Eltern an ihre Kinder zur Nutzung mit steuerrechtlicher Wirkung möglich ist (, BFH/NV 1996, 122, zur schuldrechtlichen Verpflichtung; vom VIII R 128/78, BFHE 131, 216, BStBl II 1981, 299, zur zeitlich begrenzten Einräumung eines Nießbrauchsrechts; vgl. ferner Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom , BStBl I 1998, 914 Tz. 7).
2. Allerdings können Verträge unter nahen Angehörigen nach ständiger Rechtsprechung des BFH nur dann der Besteuerung zugrunde gelegt werden, wenn feststeht, dass die vereinbarte Leistung allein aufgrund des Vertrages und nicht aus privaten Gründen, die der Lebensführung zuzuordnen sind (§ 12 EStG), erbracht wird. Voraussetzung der steuerrechtlichen Anerkennung eines Vertrages ist daher, dass er bürgerlich-rechtlich wirksam geschlossen ist und darüber hinaus sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entspricht (Senatsurteil vom IX R 39/99, BFHE 190, 173, BStBl II 2000, 224, m.w.N.). Das FG ist im Ergebnis mit Recht zu dem Schluss gekommen, dass die Vereinbarung zwischen der Klägerin und ihrem Sohn einem Fremdvergleich nicht standhält, die Zahlung von 700 DM auf das Konto des Sohnes daher den Lebensführungskosten der Klägerin zuzurechnen sind (§ 12 EStG) und nicht als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung des Sohnes zu werten sind (§§ 8 Abs. 1, 21 Abs. 1 EStG).
Abgesehen davon, dass die zivilrechtliche Wirksamkeit des Leihvertrags zweifelhaft ist, weil er auf einen Zeitraum zurückbezogen wurde, in dem der Sohn noch nicht geboren war, kann er für die Zeit vor dem steuerrechtlich bereits deshalb keine Wirkung entfalten, weil die Verwirklichung eines Steuertatbestandes nicht rückwirkend geändert werden kann (, BFHE 130, 391, 396, BStBl II 1980, 441). Mit dem FG ist der erkennende Senat im Übrigen der Ansicht, dass der Leihvertrag zum Teil unklar ist und von der Klägerin auch nicht wie vereinbart durchgeführt wurde.
Unklar ist nach dem Vertrag und offensichtlich auch nach der Vorstellung der Kläger, ob dem Sohn —mit oder ohne Vereinbarung mit den Mietern— ab dem 1. Januar, ab dem 1. November oder ab dem 1. Dezember des Streitjahres die Erträge aus der Vermietung zugute kommen sollten. Die Kläger haben sich in der Steuererklärung, im finanzgerichtlichen Verfahren und in Revisionsverfahren für jede dieser Alternativen einmal entschieden. Die zuletzt beantragte Zurechnung der Einkünfte ab dem ergibt sich aus dem Vertrag nicht. Da ferner nicht ersichtlich ist, wann die Mieter die Mitteilung der Klägerin über den Vermieterwechsel unterschrieben haben, steht auch nicht fest, ob im Streitjahr darüber eine Einigung zustande gekommen ist (vgl. dazu , BFHE 138, 242, BStBl II 1983, 502).
Der Vertrag ist auch, soweit sein Inhalt eindeutig ist, nicht durchgeführt worden. Nach den Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) lässt sich aus den Kontounterlagen nicht erkennen, ob dem Sohn im Streitjahr Mieteinnahmen zugeflossen sind. Ihm wurde zwar am ein Betrag von 700 DM gutgeschrieben. Es ist jedoch nach den Feststellungen des FG unklar, wie er sich zusammensetzt und von wem er stammt. Dem Sohn stand im Übrigen nach dem Leihvertrag nur der Saldo aus den Mieteinnahmen abzüglich der (anteiligen) Aufwendungen zu. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Betrag von 700 DM ein solcher Nettobetrag ist. Auch aus dem neuen Vortrag der Kläger im Revisionsverfahren, der allerdings vom Revisionsgericht nicht berücksichtigt werden kann (§ 118 Abs. 2 FGO), es handle sich dabei um die Miete zuzüglich der Nebenkosten für Dezember, ergibt sich dies nicht.
Die Klägerin hat sich danach in wesentlichen Punkten nicht an die vertragliche Vereinbarung mit ihrem Sohn gehalten und damit Hauptpflichten des Leihvertrages nicht eingehalten (vgl. zur Verletzung der Hauptpflichten eines Vertrages Senatsurteil vom IX R 30/96, BFHE 185, 397, zu 1., BStBl II 1998, 349); gegen die Behandlung der Zahlung von 700 DM an den Sohn als Zuwendung an eine unterhaltsberechtigte Person gemäß § 12 Nr. 2 EStG bestehen danach keine Bedenken.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
GAAAA-67664