Gründe
I. Nachdem der Kläger und Revisionskläger (Kläger) Ansprüche aus einem Versicherungsvertrag bei der V-Lebensversicherung AG zur Tilgung eines Bankdarlehens an die X-Bank abgetreten hatte, stellte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) die Steuerpflicht der Zinsen aus dem Versicherungsvertrag gemäß § 9 der Verordnung zu § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) gesondert fest.
Nach erfolglosem Einspruch erhob der Kläger Klage beim Finanzgericht (FG). Den Termin zur mündlichen Verhandlung setzte das FG für den fest. Am beantragte die Prozessbevollmächtigte eine Verlegung dieses Termins und begründete dies mit einem Todesfall in der Verwandtschaft; am sei Frau A gestorben, die am in S beerdigt werde. Der Vorsitzende Richter lehnte den Antrag mit Telefax vom selben Tag ab und führte hierzu aus, dass der genaue Beerdigungstermin nicht ersichtlich sei, der Grund für die Teilnahme an der Beerdigung nicht genannt sei und zudem der Kläger auch durch einen Mitarbeiter der Prozessbevollmächtigten vertreten werden könne. Ausweislich eines im Parallelverfahren in den Akten des FG (Bl. 77) befindlichen Sendeberichts des Telefaxgeräts des FG wurde die Ablehnung des Verlegungsantrags dem FA unter dessen Faxnummer übermittelt; eine weitere Übermittlung —an die Prozessbevollmächtigte— ist aus dem Sendebericht nicht ersichtlich. Zur mündlichen Verhandlung am erschienen weder die Prozessbevollmächtigte noch der Kläger. Das FG wies die Klage als unbegründet ab.
Mit seiner Revision rügt der Kläger einen Verfahrensmangel i.S. von § 119 Nr. 4, § 116 Abs. 1 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) und macht geltend, dass er im Verfahren vor dem FG nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten gewesen sei. Seine Prozessbevollmächtigte sei auf Grund des Todesfalls am verpflichtet gewesen, an der Beerdigung am teilzunehmen. Da das FG den Antrag nicht beschieden habe, sei sie von der Aufhebung des Termins zur mündlichen Verhandlung überzeugt gewesen und daher nicht zum Termin vor dem FG erschienen. Erst nachdem sie auch in den folgenden Tagen keine Nachricht vom FG erhalten habe, habe sie beim FG nachgefragt und erfahren, dass ihr Terminverlegungsantrag abgelehnt worden sei.
Der Kläger beantragt, das aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unzulässig und war daher gemäß § 124 Abs. 1 Satz 2, § 126 Abs. 1 FGO durch Beschluss zu verwerfen. Der Kläger hat seine Rüge, er sei gemäß § 116 Abs. 1 Nr. 3, § 119 Nr. 4 FGO im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten gewesen, nicht schlüssig erhoben (§ 120 Abs. 2 Satz 2 FGO).
1. Eine Revision ist ohne besondere Zulassung durch das FG oder durch den Bundesfinanzhof (BFH) nur statthaft, wenn die in § 116 Abs. 1 FGO aufgeführten wesentlichen Verfahrensmängel gemäß § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO schlüssig gerügt werden. Dazu müssen die zur Begründung der Verfahrensrüge vorgetragenen Tatsachen —als wahr unterstellt— den behaupteten Verfahrensmangel ergeben (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFH/NV 1993, 250). Hieran fehlt es im Streitfall.
2. Ein Beteiligter ist dann in gesetzwidriger Weise im Verfahren nicht vertreten (§ 116 Abs. 1 Nr. 3, § 119 Nr. 4 FGO), wenn das Gericht bei der Vorbereitung oder Durchführung der mündlichen Verhandlung den Vorschriften des Gesetzes nicht genügt und dadurch die Teilnahme unmöglich gemacht hat (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFH/NV 1991, 756; , BFH/NV 2000, 741). Dies ist insbesondere der Fall, wenn ein Beteiligter nicht ordnungsgemäß geladen wird (vgl. , BFH/NV 1995, 225), das FG zu Unrecht einen Verzicht auf mündliche Verhandlung angenommen und unter Verstoß gegen § 90 Abs. 1 und Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entschieden hat (, BFH/NV 1999, 1485) oder der Vorsitzende Richter (oder dessen Vertreter) dem Prozessbevollmächtigten eine Terminsverlegung zugesagt hat, der Termin aber gleichwohl stattfindet (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1991, 756). Demgegenüber ist kein Fall mangelnder Vertretung i.S. von § 116 Abs. 1 Nr. 3, § 119 Nr. 4 FGO gegeben, wenn das FG einen Antrag auf Aufhebung oder Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung zu Unrecht ablehnt und durch Urteil entscheidet; die Fehlerhaftigkeit dieser Ablehnung kann der Kläger allenfalls unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 des Grundgesetzes i.V.m. § 119 Nr. 3 FGO) rügen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom III R 86/90, BFH/NV 1996, 230; vom IV R 40-42/94, BFH/NV 1995, 137).
3. Der Kläger hat nicht schlüssig Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ergibt, dass das FG auf Grund einer Nichtbeachtung der gesetzlichen Vorschriften die Teilnahme des Klägers bzw. seiner Prozessbevollmächtigten unmöglich gemacht hat.
Dabei braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob die Ablehnung des Antrags auf Terminsverlegung der Prozessbevollmächtigten noch vor der mündlichen Verhandlung per Telefax bekannt gegeben wurde oder ob —wofür das in den FG-Akten befindliche Sendeprotokoll spricht, in dem als Empfängernummer allein die Faxnummer des FA, nicht aber die der Prozessbevollmächtigten vermerkt ist— das entsprechende Telefax nur dem FA übermittelt wurde. Sollte die Ablehnung des Verlegungsantrags der Prozessbevollmächtigten per Telefax am , dem Tag vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung, bekannt gegeben worden sein, so hätte die Prozessbevollmächtigte Kenntnis von der Durchführung der mündlichen Verhandlung am gehabt und wäre entsprechend den unter 2. der Gründe gemachten Ausführungen nicht auf Grund einer Nichtbeachtung der gesetzlichen Vorschriften durch das FG gehindert gewesen, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen. In diesem Fall könnte die Rüge des Klägers nur unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 119 Nr. 3 FGO) gewürdigt werden, die jedoch keine zulassungsfreie Revision nach § 116 Abs. 1 FGO begründet.
Sollte hingegen die Prozessbevollmächtigte die Ablehnung ihres Verlegungsantrags nicht vor dem erhalten haben, so hätte sich an ihrer Kenntnis vom Termin zur mündlichen Verhandlung am nichts geändert. Besondere Umstände, aus denen ersichtlich wäre, dass die Prozessbevollmächtigte vernünftigerweise von einer Verlegung bzw. Aufhebung des Termins ausgehen durfte, sind nicht dargelegt worden (zu derartigen Umständen vgl. z.B. BFH-Urteil in BFH/NV 1991, 756). Insbesondere durfte die Prozessbevollmächtigte nicht allein aus der Nichtbescheidung ihres —nur einen Tag vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung gestellten— Verlegungsantrags schließen, dass der Termin aufgehoben oder verlegt worden sei. Vielmehr hätte sie sich unter dem Gesichtspunkt der Prozessverantwortung vor Beginn der mündlichen Verhandlung Kenntnis über die Entscheidung des Vorsitzenden Richters bezüglich ihres Verlegungsantrags durch Nachfrage beim FG verschaffen müssen (vgl. hierzu , BFH/NV 1997, 424).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2001 S. 466 Nr. 4
WAAAA-67582