Ermittlung der „ortsüblichen Marktmiete” und Überprüfung der Einkunftserzielungsabsicht bei Vereinbarung einer Bruttowarmmiete
in einem Angehörigen-Mietvertrag für eine sehr alte und schlecht isolierte Wohnung
Leitsatz
1. Beträgt die bei einer Vermietung an Angehörige (hier: in den Streitjahren 2008 bis 2010) vereinbarte Bruttowarmmiete mindestens
56 %, aber weniger als 75 % der ortsüblichen Marktmiete (= Summe aus der durchschnittlichen ortsüblichen Kaltmiete zuzüglich
der umlagefähigen Betriebskosten für die vermietete Wohnung), so ist die Einkünfteerzielungsabsicht des Vermieters anhand
einer Überschussprognose zu prüfen. Ist die Überschussprognose positiv, sind die mit der verbilligten Vermietung zusammenhängenden
Werbungskosten in voller Höhe abziehbar. Ist die Überschussprognose negativ, ist die Vermietungstätigkeit nach § 21 Abs. 2
EStG 2007 in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen; die anteilig auf den entgeltlichen Teil entfallenden
Werbungskosten sind abziehbar.
2. Das FG ist nicht zwingend zur Hinzuziehung eines Sachverständigengutachtens zur Ermittlung der ortsüblichen Miete verpflichtet.
Es ist dem Grunde nach nicht zu beanstanden, wenn das FA zur Schätzung der ortsüblichen Marktmiete die Werte aus einem von
ihm selbst erstellten internen Mietspiegel abgeleitet hat, dem u.a. auch der Größe nach vergleichbare Wohnungen zugrunde liegen.
Nicht zulässig ist es, wenn das FA die übliche Marktmiete aus einem arithmetischen Mittel der Mieten für Wohnungen verschiedenster
Größen, die zum Teil nicht mit den streitgegenständlichen Wohnungen vergleichbar sind, ableitet. Die ortsübliche Miete kann
nicht durch die Mietangaben in einem Zeitungsartikel nachgewiesen werden, der bereits fünf Jahre vor dem ersten Streitjahr
verfasst worden ist.
3. Von der durchschnittlichen Miete für vergleichbare Wohnungen in dem Mietspiegel sind bei negativen Ausstattungsmerkmalen
der vermieteten Wohnung Abschläge (im Streitfall: 20 % wegen lediglich einfach verglaster Fenster und des hohen Alters der
Immobilie) vorzunehmen. Muss – von Fremdvermietungen abweichend – nicht der Angehörigen-Mieter, sondern der Vermieter die
Schönheitsreparaturen tragen, ist die Kaltmiete laut Mietspiegel um 10 % zu erhöhen.
4. Bei Vereinbarung einer Bruttowarmmiete bietet es zur Ermittlung der umlagefähigen Nebenkosten als Bestandteil der ortsüblichen
Miete an, die für vergleichbare Wohnungen empirisch ermittelten durchschnittlichen Betriebskosten zugrunde zu legen.
Fundstelle(n): DStR 2018 S. 8 Nr. 36 DStRE 2019 S. 141 Nr. 3 EFG 2017 S. 1512 Nr. 18 CAAAG-57200
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Online-Dokument
FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 19.07.2017 - 3 K 3144/15
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