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OFD Niedersachsen - S 7106 - 264 - St 172

Umsatzsteuerliche Behandlung der im Zusammenhang mit der Vermessung einer Liegenschaft durch die Vermessungs- und Katasterverwaltung, durch öffentlich bestellte Vermessungsingenieure und kommunale Körperschaften erbrachten Leistungen

I. Allgemeines

Das Land hat als Träger des amtlichen Vermessungswesens ein Landesbezugssystem vorzuhalten und die Liegenschaften und die Topografie für das Landesgebiet nachzuweisen (§ 1 Abs. 1 des Niedersächsischen Gesetzes über das amtliche Vermessungswesen vom  – NVermG).

Die Aufgaben werden von der Vermessungs- und Katasterverwaltung (VKV) wahrgenommen (§ 6 Abs. 1 NVermG). Die VKV ist verpflichtet, Angaben des amtlichen Vermessungswesens und Standardpräsentationen (Auszüge aus dem Liegenschaftskataster bestehend aus der Liegenschaftskarte, dem Flurstücknachweis, dem Eigentümernachweis, dem Flurstücknachweis mit Eigentümerangaben, dem Bestandsnachweis und der Bestandsübersicht aus dem Liegenschaftsbuch) auf Antrag bereitzustellen (§ 5 Abs. 1 und § 6 Abs. 2 Satz 2 NVermG).

Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure – ÖbVI – (§ 6 Abs. 2 NVermG), andere behördliche Vermessungsstellen (§ 6 Abs. 3 NVermG) und kommunale Körperschaften (§ 6 Abs. 4 NVermG) wirken bei der Erfüllung der Aufgaben in unterschiedlichem Umfang mit.

VKV, ÖbVI, andere behördliche Vermessungsstellen und kommunale Körperschaften erheben Gebühren nach der Kostenordnung für das amtliche Vermessungswesen vom (VermKostO ND/KOVerm 2017) .

MI hat im Einvernehmen mit MF durch Runderlass vom  – 47 – 05111/1 – VORIS 21160, die umsatzsteuerliche Behandlung von Amtshandlungen und Leistungen der VKV in Niedersachsen geregelt.

II. Unternehmereigenschaft

1. Vermessungs- und Katasterverwaltung (VKV)

Die VKV gilt als Unternehmer, wenn sie Tätigkeiten ausübt, die ihrer Art nach auch von den ÖbVI ausgeführt werden, soweit es sich dabei weder um Amtshilfe für eine andere juristische Person des öffentlichen Rechts noch um eine unentgeltliche Wertabgabe handelt ( Katalogtätigkeit, je nach Gültigkeit und Wahrnehmung der Optionsmöglichkeit : § 2 Abs. 3 S. 2 Nr. 4 UStG oder § 2b Abs. 4 S. 1 Nr. 3 UStG 2016 i. V. m. Abschn. 2.11 Abs. 7 und 8 UStAE). Wirtschaftliche Tätigkeiten der VKV fallen nicht unter die o. g. Katalogtätigkeit. Die VKV ist insoweit Unternehmer nach den allgemeinen Grundsätzen des § 2 Abs. 3 UStG bzw. § 2b UStG i. V. m. Abschn. 2.11 Abs. 9 UStAE ).

Die Regelungen in Abschn. 2.11 Abs. 7 bis 11 UStAE sind auch für Fälle des § 2b UStG anzuwenden ( Rz. 56).

Amtshandlungen der VKV als Aufsichtsbehörde der ÖbVI i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 2 KOVerm 2017 i. V. m. Anlage 2 erfolgen hoheitlich und sind der VKV eigentümlich und vorbehalten. Sie sind nicht steuerbar.

2. Andere behördliche Vermessungsstellen und kommunale Körperschaften

Andere behördliche Vermessungsstellen und die kommunalen Körperschaften gelten als Unternehmer i. S. d. § 2 Abs. 3 S. 2 Nr. 4 UStG oder § 2b Abs. 4 S. 1 Nr. 3 UStG 2016 , weil sie Tätigkeiten ausüben, die ihrer Art nach auch von den ÖbVI ausgeführt werden.

Die Regelungen in Abschn. 2.11 Abs. 7 bis 11 UStAE sind auch für Fälle des § 2b UStG anzuwenden ( Rz. 56).

3. ÖbVI

ÖbVI sind Unternehmer i. S. d. § 2 Abs. 1 UStG.

III. Bereitstellung von Angaben des amtlichen Vermessungswesens und von Standardpräsentationen

1. VKV

Soweit die VKV Angaben des amtlichen Vermessungswesens und Standardpräsentationen

  1. einem nicht unter b) bis d) genannten Auftraggeber bereitstellt, ist die Bereitstellung steuerbar (§ 2 Abs. 3 S. 2 Nr. 4 UStG oder § 2b Abs. 4 S. 1 Nr. 3 UStG 2016 ). Die hierfür nach § 1 Abs. 1 KOVerm 2017 i. V. m. Nr. 1 und Nr. 2.1 und 2.3 der Anlage 1 erhobenen Gebühren unterliegen der Umsatzsteuer. Die Tätigkeit kann mit einer ebenfalls beauftragten Vermessung eine einheitliche Leistung bilden.

  2. einer anderen Landesbehörde, einer kommunalen Körperschaft oder einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts, für deren eigene nichtwirtschaftlichen Zwecke bereitstellt, ist die Bereitstellung nicht steuerbar. Entweder handelt die VKV nicht gegenüber einem anderen Rechtsträger (Abschn. 2.11 Abs. 7 S. 4 UStAE) oder die Bereitstellung ist nicht steuerbare Amtshilfe (Abschn. 2.11 Abs. 8 Satz 1 UStAE). Die Gebühren nach § 2 Abs. 1 KOVerm 2017 i. V. m. Nr. 1 Anlage 3 unterliegen nicht der Umsatzsteuer.

  3. einer anderen juristischen Person, die öffentliche Aufgaben wahrnimmt, z. B. Eigengesellschaft einer Kommune im Bereich der Abwasserentsorgung, für deren eigene nichtwirtschaftlichen Zwecke bereitstellt, ist die Bereitstellung steuerbar (§ 2 Abs. 3 S. 2 Nr. 4 UStG oder § 2b Abs. 4 S. 1 Nr. 3 UStG 2016 ). In diesem Fall unterliegen die Gebühren nach § 2 Abs. 1 KOVerm 2017 i. V. m. Nr. 1 Anlage 3 der Umsatzsteuer.

  4. einem ÖbVI, einer anderen behördlichen Vermessungsstelle oder einer kommunalen Körperschaft für deren wirtschaftlichen Zwecke überlässt, handelt es sich um nicht steuerbare Amtshilfe (Abschn. 2.11 Abs. 8 UStAE). Die Gebühren nach § 2 Abs. 2 KOVerm 2017 i. V. m. Anlage 4 unterliegen nicht der Umsatzsteuer.

2. ÖbVI, andere behördliche Vermessungsstelle, kommunale Körperschaft

Mit der Bereitstellung der Angaben des amtlichen Vermessungswesens und Standardpräsentationen an seinen Auftraggeber

Der Umsatzsteuer unterliegen die weiterberechneten Gebühren (III. 1. d)) sowie die Gebühren für die Vermessung (IV).

IV. Vermessung einer Liegenschaft

Im Zusammenhang mit der Vermessung einer Liegenschaft fallen regelmäßig Leistungen an, für die die KOVerm 2017 gesonderte Gebührentatbestände vorsieht:

  1. die Bereitstellung und Verwendungserlaubnis für amtliche Unterlagen des amtlichen Vermessungswesens (§ 1 Abs. 1 KOVerm 2017 i. V. m. Nr. 9 der Anlage 1),

  2. die Vermessung und Auswertung (§ 1 Abs. 1 KOVerm 2017 i. V. m. Nr. 9 der Anlage 1) und

  3. die Eintragung der Vermessungsergebnisse in das Liegenschaftskataster (§ 1 Abs. 1 KOVerm 2017 i. V. m. Nr. 10 der Anlage 1).

Während die Arbeiten zu a) und c) der VKV vorbehalten sind, kann eine Vermessung i. S. v. b) auch ein ÖbVI oder eine andere behördliche Vermessungsstelle durchführen (§ 2 NÖbVIngG).

1. VKV

Stellt die VKV amtliche Unterlagen des amtlichen Vermessungswesens bereit , übt sie eine hoheitliche Tätigkeit aus. Die bloße Bereitstellung und Verwendungserlaubnis der Vermessungsunterlagen gegen Gebühren nach § 1 Abs. 1 KOVerm 2017 i. V. m. Nr. 9 der Anlage 1 an einen ÖbVI oder eine andere behördliche Vermessungsstelle fällt nicht unter den Tatbestand des § 2 Abs. 3 S. 2 Nr. 4 UStG oder § 2b Abs. 4 S. 1 Nr. 3 UStG 2016 . Es handelt sich um nicht steuerbare Amtshilfe (Abschn. 2.11 Abs. 8 UStAE).

Vermisst die VKV eine Liegenschaft im Auftrag eines Dritten, ist das Anfertigen der Vermessungsunterlagen keine eigenständige Leistung mehr, sondern geht als notwendige Vorbereitungshandlung in der nach § 2 Abs. 3 S. 2 Nr. 4 UStG oder § 2b Abs. 4 S. 1 Nr. 3 UStG 2016 i. V. m. Abschnitt 2.11 Abs. 7 Satz 1 und 2 UStAE steuerbaren Vermessungsleistung auf. Die für die Vermessungsunterlagen erhobenen Gebühren nach § 1 Abs. 1 KOVerm 2017 i. V. m. Nr. 9 der Anlage 1 gehören zum Entgelt für die Vermessungsleistung und sind zusammen mit den übrigen Gebühren nach § 1 Abs. 1 KOVerm 2017 i. V. m. Nr. 9 der Anlage 1 der Umsatzsteuer zu unterwerfen.

2. ÖbVI oder andere behördliche Vermessungsstelle

Gleiches gilt, wenn ein ÖbVI oder eine andere behördliche Vermessungsstelle die Vermessung ausführt. Die Beschaffung der Vermessungsunterlagen gehört zum Leistungsumfang der beauftragten Tätigkeit. Die Abrechnung der ihnen von der VKV berechneten Gebühren für die Vermessungsunterlagen (IV. 1.) als durchlaufender Posten ist nicht zulässig. Der ÖbVI oder die andere behördliche Vermessungsstelle haben die Gebühren nicht im Namen und für Rechnung ihres Auftraggebers verauslagt (§ 10 Abs. 1 S. 6 UStG). Das NVermG und die KOVerm 2017 sehen vielmehr vor, dass

  • die Vermessungsunterlagen nur vom ÖbVI oder einer anderen behördlichen Vermessungsstelle beantragt werden können,

  • der Aufwandsersatz vom ÖbVI oder einer anderen behördlichen Vermessungsstelle und nicht vom Auftraggeber geschuldet wird und dass

  • die Abrechnung der VKV an den ÖbVI oder eine andere behördlichen Vermessungsstelle zu richten ist.

Folglich haben ein ÖbVI oder eine andere behördliche Vermessungsstelle die weiterberechneten Gebühren zusammen mit den Gebühren nach § 1 Abs. 1 KOVerm 2017 i. V. m. Nr. 9 der Anlage 1 für die Vermessung der Umsatzsteuer zu unterwerfen.

3. Eintragung der Vermessungsergebnisse in das Liegenschaftskataster

Die Eintragung der Vermessungsergebnisse in das Liegenschaftskataster hat gegenüber der Vermessung keine eigene wirtschaftliche Bedeutung. Die Gebühren nach § 1 Abs. 1 KOVerm 2017 i. V. m. Nrn. 10 u. 12.3 der Anlage 1 setzt die VKV jeweils gesondert durch Leistungsbescheid gegenüber dem Auftraggeber fest, unabhängig davon, wer die Vermessung durchgeführt hat. Die Eintragung stellt eine eigenständige hoheitliche Leistung der VKV dar, für die kein Wettbewerb besteht und die deshalb nicht der Umsatzsteuer unterliegt.

V. Zusammenfassung ausgewählter Gebührentatbestände und ihre umsatzsteuerliche Behandlung

Anlage 1 zu § 1 KOVerm 2017 – Gebührenverzeichnis –


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Nr. des Gebührenverzeichnisses
umsatzsteuerliche Behandlung bei
VKV
ÖbVI
anderen behördlichen Vermessungsstellen und kommunalen Körperschaften
1.1 bis 1.2
steuerbar
§ 2 (1) UStG
s. Tz. III. 2.
2.1.1 bis 2.1.3
steuerbar
§ 2 (1) UStG
s. Tz. III. 2.
2.1.4
nicht steuerbar hoheitlich
üben die Tätigkeit nicht aus
üben die Tätigkeit nicht aus
2.2 bis 2.3
nicht steuerbar hoheitlich
üben die Tätigkeit nicht aus
üben die Tätigkeit nicht aus
2.4.1
nicht steuerbar hoheitlich
üben die Tätigkeit nicht aus
üben die Tätigkeit nicht aus
2.4.2
steuerbar
§ 2 (1) UStG
s. Tz. III. 2.
2.4.3 a
2.4.4 a
steuerbar
§ 2 (1) UStG
s. Tz. III. 2.
2.4.3 b
2.4.4 b
nicht steuerbar hoheitlich
üben die Tätigkeit nicht aus
üben die Tätigkeit nicht aus
2.5
nicht steuerbar hoheitlich
üben die Tätigkeit nicht aus
üben die Tätigkeit nicht aus
3.1. bis 3.4
nicht steuerbar hoheitlich
üben die Tätigkeit nicht aus
üben die Tätigkeit nicht aus
4 bis 7
nicht steuerbar hoheitlich
üben die Tätigkeit nicht aus
üben die Tätigkeit nicht aus
8
steuerbar
§ 2 (1) UStG
s. Tz. III. 2.
üben die Tätigkeit nicht aus
9
steuerbar
§ 2 (1) UStG
s. Tz. IV. 2.
steuerbar
§ 2 Abs. 3 S. 2 Nr. 4 UStG oder § 2b Abs. 4 Nr. 3 UStG 2016
s. Tz. IV. 2.
(kommunale Körperschaft übt die Tätigkeit nicht aus)
10 bis 11
nicht steuerbar
s. Tz. IV. 3.
üben die Tätigkeit nicht aus
üben die Tätigkeit nicht aus
12.1
12.2
steuerbar
§ 2 (1) UStG
üben die Tätigkeit nicht aus
12.3
nicht steuerbar hoheitlich
Tz. IV.3
üben die Tätigkeit nicht aus
üben die Tätigkeit nicht aus
13.1
steuerbar
§ 2 (1) UStG
üben die Tätigkeit nicht aus
13.2
nicht steuerbar hoheitlich
Tz. IV.3
üben die Tätigkeit nicht aus
üben die Tätigkeit nicht aus
14
nicht steuerbar
Tz. IV.1
steuerbar
§ 2 (1) UStG
üben die Tätigkeit nicht aus
15
steuerbar
§ 2 (1) UStG
steuerbar
§ 2 Abs. 3 S. 2 Nr. 4 UStG oder § 2b Abs. 4 Nr. 3 UStG 2016
(kommunale Körperschaft übt die Tätigkeit nicht aus)
16.1
nicht steuerbar hoheitlich
üben die Tätigkeit nicht aus
üben die Tätigkeit nicht aus
16.2
steuerbar
§ 2 (1) UStG
üben die Tätigkeit nicht aus
17 [1]
ggf. steuerbar
§ 2 (3) S. 1 UStG, wenn ein Betrieb gewerblicher Art vorliegt, oder nach § 2b UStG
s. Tz. II. 1. S.2
steuerbar
§ 2 (1) UStG
ggf. steuerbar
§ 2 (3) S. 1 UStG, wenn ein Betrieb gewerblicher Art vorliegt, oder nach § 2b UStG
s. Tz. II. 2.
18
steuerbar
§ 2 (1) UStG
steuerbar
§ 2 Abs. 3 S. 2 Nr. 4 UStG oder § 2b Abs. 4 Nr. 3 UStG 2016
(kommunale Körperschaft übt die Tätigkeit nicht aus)
19 [2]
ggf. steuerbar
§ 2 (3) S. 1 UStG, wenn ein Betrieb gewerblicher Art vorliegt, oder nach § 2b UStG
s. Tz. II. 1. S.2
steuerbar
§ 2 (1) UStG
ggf. steuerbar
§ 2 (3) S. 1 UStG, wenn ein Betrieb gewerblicher Art vorliegt, oder nach § 2b UStG
s. Tz. II. 2.

Anlage 3 zu § 2 Abs. 1 KOVerm 2017 – Berechnung der Aufwandserstattung –


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Nr. des Gebührenverzeichnisses
umsatzsteuerliche Behandlung bei
VKV
ÖbVI
1.1 a
1.1 b
nicht steuerbar
Tz. III. 1. b)
steuerbar
§ 2 (1) UStG
1.1 c
steuerbar
§ 2 (1) UStG
1.2 bis 5
nicht steuerbar, hoheitlich
üben die Tätigkeit nicht aus
6
Zuschläge zu den o. g. Gebühren werden umsatzsteuerlich wie die Gebühren behandelt
w. o.

OFD Niedersachsen v. - S 7106 - 264 - St 172

Fundstelle(n):
Umsatzsteuerkartei NI UStG § 2 Abs. 3 Karte Karte 12 - S 7106 -
UR 2018 S. 254 Nr. 6
WAAAG-56551

1Die Tätigkeiten zu Nr. 17 und 19 (Kombination, Reproduktion von Produkten und Aufbereitung digitaler Datensätze) sind gleichartig. Für die Berechnung der Umsatzgrenze nach § 2 Abs. 3 S. 1 UStG iVm. R 4.1 Abs. 5 KStR sind sie als wirtschaftliche Einheit zu behandeln.

2Die Tätigkeiten zu Nr. 17 und 19 (Kombination, Reproduktion von Produkten und Aufbereitung digitaler Datensätze) sind gleichartig. Für die Berechnung der Umsatzgrenze nach § 2 Abs. 3 S. 1 UStG iVm. R 4.1 Abs. 5 KStR sind sie als wirtschaftliche Einheit zu behandeln.