BFH Urteil v. - VII R 90/99

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

I. Am 13. und meldete die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) bei einem dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Hauptzollamt —HZA—) unterstehenden Zollamt (ZA) aus Thailand eingeführte Waren unter der Bezeichnung ”Hähnchenfilet ohne Haut, ohne Knochen, gewürzt, gefroren, mit einem Anteil an Fleisch von mehr als 57 GHT, nicht gegart” unter der Unterpos. 1602 39 11 der Kombinierten Nomenklatur (KN) zur Überführung in den freien Verkehr an. Das ZA entsprach den Anträgen und entnahm jeweils zwei Warenproben. Mit vorläufigen Bescheiden vom 13. und wies das ZA die Waren der Pos. 1602 KN zu und erhob die entsprechenden Einfuhrabgaben. Nachdem die zuständige Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt (ZPLA) nach Untersuchung der Proben zum Ergebnis gelangt war, dass die Ware als nicht gewürzt im Sinne der Zusätzlichen Vorschrift (gemeint ist wohl die Zusätzliche Anmerkung) 6 a zu Kap. 2 KN anzusehen sei, erhob das HZA mit Steueränderungsbescheid vom Abschöpfung in Höhe von 56 424 DM nach, wobei es die Ware der Pos. 0207 KN zuwies. Gegen den Steueränderungsbescheid legte die Klägerin Einspruch ein. Die eingeführte Ware sei gewürzt und daher —wie angemeldet— zu tarifieren gewesen. Hierzu legte sie mehrere Gutachten der A-GmbH, Analytisches Labor für chemische und mikrobiologische Untersuchungen vor, in denen diese zu dem Ergebnis kam, das ihr von der Klägerin vorgelegte Fleisch sei wegen des Salzgehaltes als gewürzt anzusehen. Daraufhin ließ das HZA im Einspruchsverfahren zwei weitere Proben aus den Einfuhrsendungen von der ZPLA untersuchen. Aufgrund der erneuten Untersuchung der ZPLA wies das HZA den Einspruch als unbegründet zurück (Einspruchsentscheidung vom ). Die dagegen erhobene Klage blieb erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) entschied, dass das HZA die eingeführten Waren zu Recht als nicht gewürztes Fleisch der Pos. 0207 KN zugewiesen und die Abschöpfung nacherhoben habe. Die eingeführten Waren seien nicht in die Pos. 1602 KN einzureihen, weil sie nicht entsprechend der Zusätzlichen Anmerkung 6 a zu Kap. 2 KN gewürzt gewesen seien. Insbesondere seien die Würzstoffe nicht deutlich durch Geschmack wahrnehmbar gewesen, was die sensorische Prüfung der Warenproben bei der ZPLA eindeutig belegt habe. Nach den Gutachten der ZPLA sei bei den dort geprüften Waren lediglich eine Salzung festgestellt worden, was zur Erfüllung des Merkmals ”Würzen” i.S. der Zusätzlichen Anmerkung 6 a zu Kap. 2 KN nicht ausreiche.

Schließlich erlaube auch der bei den eingeführten Waren festgestellte Salzgehalt nicht, die Waren der Pos. 0210 KN zuzuweisen. Nach der Zusätzlichen Anmerkung 8 zu Kap. 2 KN gelte Fleisch nämlich nur dann als gesalzen i.S. der Pos. 0210 KN, wenn es tiefgehend und in allen Teilen gleichmäßig so gesalzen sei, dass es einen Gesamtkochsalzgehalt von 1,2 GHT oder mehr aufweise. Der von der ZPLA festgestellte Salzgehalt der eingeführten Waren sei demgegenüber mit 0,47 % bzw. 0,49 % deutlich niedriger gewesen. Der für die Pos. 0210 KN maßgebende Salzgehalt werde im Übrigen noch nicht einmal dann erreicht, wenn man das Ergebnis der von der Klägerin in Auftrag gegebenen Gutachten als richtig unterstellen würde, da auch die von dem Labor untersuchten Warenproben einen Salzgehalt von unter 1,2 GHT aufgewiesen hätten.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision, mit der die Klägerin geltend macht, das FG habe insbesondere die Zusätzliche Anmerkung 6 a zu Kap. 2 KN nicht richtig ausgelegt. Die Klägerin habe wiederholt vorgetragen, dass das streitgegenständliche Geflügelfleisch nicht nur mit Salz, sondern auch mit sonstigen Gewürzen versehen worden sei. Diese seien auch in das Innere eingedrungen, da das Fleisch in dem sogenannten Tumbler-Verfahren produziert bzw. verarbeitet worden sei. Die Klägerin habe das in Rede stehende Fleisch über eine schweizerische Firma aus Thailand importiert. Dort sei das Fleisch nach den besonderen Vorgaben der Klägerin produziert und verarbeitet worden. Hierbei seien Gewürze und Gewürzmischungen verwendet worden, die eigens von der Klägerin bzw. ihrer Schwesterfirma nach Thailand geliefert worden seien. Das dortige Verarbeitungsunternehmen habe die enthäuteten Hähnchenbrustfilets in einem Tumbler gewälzt, der mit einer 8 %igen Lake aus Salz, Zuckerstoffen und Hefeextrakten sowie einer weiteren Gewürzmischung von 1,48 %, bestehend aus Salz, Gewürzaromen sowie Zucker und Zitrone, gefüllt gewesen sei. Das HZA möge nachweisen, dass die Würzmittel, mit denen das streitgegenständliche Fleisch in Thailand behandelt worden sei, auf dem Transport abhanden gekommen sei. Unstreitig sei, dass die aus Thailand importierte Ware dort mit dem Tumbler-Verfahren und einer eigens von der Klägerin entwickelten Würzmischung versehen worden sei. Hieraus könne man nur die Schlussfolgerung ziehen, dass das Hähnchenfleisch im Zeitpunkt der Untersuchung durch das HZA noch gewürzt gewesen sei.

Aus der Zusätzlichen Anmerkung 6 a zu Kap. 2 KN sei nicht zu entnehmen, dass sämtliche Würzstoffe, mit denen das Fleisch behandelt worden sei, deutlich wahrnehmbar sein müssten. Ausreichend sei es vielmehr, wenn nur einer von mehreren Würzstoffen feststellbar sei. Da die Würzung von Fleisch i.S. der Zusätzlichen Anmerkung 6 a zu Kap. 2 KN unstreitig auch durch Salz und einen weiteren Würzstoff vorgenommen werden könne, müsse es folgerichtig ausreichen, wenn bei der sensorischen Prüfung nur einer der beiden Würzbestandteile —Salz oder ein anderer Würzstoff— wahrnehmbar sei. Da in sämtlichen Proben Salz in deutlich wahrnehmbarer Form festgestellt worden sei, reiche dies zur Erfüllung der Voraussetzungen der Zusätzlichen Anmerkung 6 a zu Kap. 2 KN aus. Dass die übrigen Würzstoffe nicht mit hinreichender Deutlichkeit sensorisch hätten festgestellt werden können, sei unmaßgeblich.

Auch die vom FG zitierten Erwägungsgründe zur Verordnung (EWG) Nr. 3678/83 (VO Nr. 3678/83) der Kommission vom zur Einreihung bestimmter gewürzter Fleischsorten in den Zolltarif ... (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften —ABlEG— Nr. L 366/53) führten zu keinem abweichenden Ergebnis. Auch dort sei nicht erwähnt, dass sämtliche vorhandenen Würzstoffe deutlich wahrnehmbar sein müssten.

Festzuhalten sei daher, dass es in Anlehnung an das Urteil des Gerichtshofes der Euopäischen Gemeinschaften (EuGH) vom Rs. 175/82 ausreichend sei, wenn bei einem mit Salz und anderen Gewürzstoffen behandelten Fleisch nur das Salz geschmacklich erkennbar sei und die übrigen Gewürzstoffe lediglich mikroskopisch festgestellt werden könnten.

Falls das Revisionsgericht der Auslegung der Zusätzlichen Anmerkung 6 a zu Kap. 2 KN folgen sollte, aber das Vorhandensein anderer Gewürzstoffe außer Salz nicht für erwiesen halte, hätte das FG die ihm nach § 76 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) obliegende Verpflichtung zur Ermittlung des Sachverhalts verletzt. Die Klägerin habe hierzu dezidiert vorgetragen und Beweise angetreten, denen das FG nicht nachgegangen sei. Die Entscheidung würde insofern auch auf einem Verfahrensfehler beruhen.

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung und die Verwaltungsentscheidungen aufzuheben.

Das HZA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Nach der Zusätzlichen Anmerkung 6 a zu Kap. 2 KN sei für die Einreihung der Einfuhrwaren als gewürztes Fleisch das sensorisch festgestellte Merkmal ”gesalzen” nicht ausreichend, weil danach mindestens zwei Würzstoffe entweder optisch oder sensorisch wahrnehmbar sein müssten. Dies sei im Streitfall nicht gegeben, da nach den Untersuchungsergebnissen der ZPLA außer Salz kein Würzstoff festgestellt worden sei.

II. Die als Revision gegen ein Urteil in Zolltarifsachen zulassungsfrei statthafte Revision (§ 116 Abs. 2 FGO in der bis zum geltenden Fassung —FGO a.F.—, der nach Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze vom , BGBl I, 1757 noch anzuwenden ist) ist unbegründet und demzufolge zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat ohne Rechtsirrtum entschieden, dass die Klägerin durch den Steueränderungsbescheid vom nicht in ihren Rechten verletzt ist. Das HZA hat die eingeführte Ware zu Recht der Pos. 0207 KN zugewiesen und die entsprechenden Einfuhrabgaben erhoben.

1. Das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren ist nach ständiger Rechtsprechung des EuGH wie auch des erkennenden Senats (vgl. etwa —Vobis—, EuGHE 1996, I-3047 Rdnr. 13; Senatsurteil vom VII R 36/94, BFH/NV 1995, 846) allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen und Unterpositionen und in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln des Gemeinsamen Zolltarifs festgelegt sind (vgl. die Allgemeinen Vorschriften 1 und 6 für die Auslegung der KN). Dazu gibt es nach dem Übereinkommen zum Harmonisierten System Erläuterungen (ErlHS) und Einreihungsavise (Tarifavise), die ebenso wie die Erläuterungen zur KN ein wichtiges, wenn auch nicht verbindliches Erkenntnismittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen darstellen (vgl. —Knubben—, EuGHE 1997, I-7039 Rdnr. 14, sowie Urteil des erkennenden Senats vom VII R 95/92, BFH/NV 1994, 136).

2. Das Kap. 2 KN umfasst u.a. frisches Fleisch und zur Haltbarmachung behandeltes Fleisch; zu den Behandlungen gehören das Gefrieren und das Salzen (ErlHS 02/2 Rz. 18.0 bis 21.0). Dagegen gehören Zubereitungen von Fleisch zu Kap. 16 KN, wenn sie eine weitergehende Behandlung erfahren haben, als dies in den Kap. 2 und 3 vorgesehen ist (vgl. ErlHS 16/1 Rz. 01.0). Eine derartige Behandlung ist das Kochen, Grillen, Frittieren, Braten und das Zubereiten oder Haltbarmachen durch andere Verfahren einschließlich solcher Zubereitungen, bei denen das Fleisch lediglich mit Teig umhüllt oder paniert, getrüffelt oder gewürzt (z.B. mit Pfeffer und Salz) wird (vgl. ErlHS 02/2 Rz. 26.0).

Aus den ErlHS wird deutlich, dass die KN trennt zwischen frischem, gefrorenem bzw. durch Salz haltbar gemachtem Fleisch (Kap. 2 KN) einerseits und Zubereitungen von Fleisch (Kap. 16 KN), wie sie u.a. durch das Würzen von Fleisch entstehen können, andererseits. Gefrorenes oder frisches Fleisch gehört grundsätzlich in das Kap. 2 KN, und zwar unabhängig davon, welchen Salzgehalt das eingeführte Fleisch aufweist. Innerhalb des Kap. 2 KN wiederum ist Fleisch, das tiefgehend und in allen Teilen gleichmäßig zum Zwecke der Haltbarmachung so gesalzen ist, dass es einen Gesamtkochsalzgehalt von mindestens 1,2 GHT erreicht, in die Pos. 0210 KN einzureihen (vgl. —Gausepohl-Fleisch— EuGHE 1993, I-3047; sowie die Anm. 8 zu Kap. 2 KN).

Erzeugnisse der Pos. 0210 KN verbleiben nach der Zusätzlichen Anmerkung 6 b zu Kap. 2 KN auch dann in dieser Position, wenn ihnen bei ihrer Herstellung Würzstoffe zugesetzt worden sind, sofern dadurch ihr Charakter als Erzeugnis der Pos. 0210 KN nicht verändert wird. Bei Fleisch, das stärker gesalzen ist und den natürlichen Salzgehalt, der etwa 0,15 % beträgt (vgl. EuGH in EuGHE 1993, I-3047, 3067 Rdnr. 16), um ein Vielfaches überschreitet, ist folglich vorrangig die Einreihung in die Pos. 0210 KN zu prüfen. Ist dies zu verneinen, kann die Ware zum Kap. 16 KN gehören, wenn die Ware als gewürzt i.S. der Zusätzlichen Anmerkung 6 a zu Kap. 2 KN anzusehen ist.

3. Eine Einreihung unter die Pos. 0210 KN scheidet im Streitfall aus, weil die eingeführten Hähnchenteile nach den für den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO), die auf dem Untersuchungsergebnis der ZPLA beruhen, nur einen Salzgehalt von 0,47 % bzw. 0,49 % aufwiesen und damit deutlich unter der Mindestgrenze von 1,2 GHT lagen. Da auch die von der Klägerin in Auftrag gegebenen Gutachten zu dem Ergebnis gekommen sind, dass die Hähnchenteile zwischen 0,82 bis 1,18 GHT und damit nicht mindestens 1,2 GHT Salz enthielten, kann dahingestellt bleiben, ob und in welchem Umfang derartige Privatgutachten bei der Feststellung der Beschaffenheit einer eingeführten Ware überhaupt berücksichtigt werden können (vgl. zum früheren Recht: Senatsurteil vom VII R 32/74, BFHE 128, 284).

4. Die eingeführten Hähnchenteile gehören auch nicht —wie von der Klägerin in ihrer Zollanmeldung begehrt— zur Pos. 1602 KN.

a) Als ”gewürztes” Fleisch und damit als Zubereitung von Fleisch i.S. der Pos. 1602 KN gilt nach der Zusätzlichen Anmerkung 6 a zu Kap. 2 KN ungegartes Fleisch, das im Inneren oder auf der ganzen Oberfläche derart gewürzt ist, dass die Würzstoffe mit bloßem Auge oder deutlich durch Geschmack wahrnehmbar sind.

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die erste Alternative dieser Vorschrift (Würzstoffe mit bloßem Auge wahrnehmbar) nicht erfüllt ist. Die Revision ist aber der Meinung, dass das FG die zweite Alternative der genannten Vorschrift (”Würzstoffe deutlich durch Geschmack wahrnehmbar”) unzutreffend ausgelegt hat. Dem folgt der Senat nicht. Das FG hat vielmehr zu Recht entschieden, dass die Voraussetzungen der Zusätzlichen Anmerkung 6 a zu Kap. 2 KN nicht erfüllt sind, weil bei den eingeführten Waren bei den Geschmacksproben lediglich ein leichter Salzgehalt festgestellt worden ist.

b) Die Worte ”deutlich durch Geschmack wahrnehmbar” sind nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom VII R 133/87, BFHE 162, 151) dahin gehend auszulegen, dass Fleisch nur dann als gewürzt angesehen werden kann, wenn die Würzung in einem gesteigerten Maße wahrnehmbar ist. Eine Würzung in diesem Sinne liegt nicht vor, wenn die Ware nach dem Ergebnis der Probenuntersuchungen lediglich gesalzen ist. Wie die oben genannten Zusätzlichen Anmerkungen 6 a und 6 b zu Kap. 2 KN und die ErlHS zeigen, vermag allein die Zugabe von Salz, das zolltariflich zum Kap. 25 KN gehört, die Zuordnung von Fleisch zum Kap. 16 KN nicht zu begründen. Eine Zubereitung i.S. des Kap. 16 KN liegt erst dann vor, wenn dem Fleisch zumindest eine weitere Zutat, wie sie z.B. in Kap. 9 KN beschrieben ist (z.B. Curry, Pfeffer oder Paprika), zolltariflich also ein Gewürz, hinzugefügt worden ist.

Bestätigt wird dieses Ergebnis durch die im Jahr 2000, also nach dem hier maßgebenden Zeitpunkt, in Kap. 2 KN neu eingefügten Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur —ErlKN— (vgl. ErlKN 02/3 Rz. 06.0 bis 08.0), wonach Salz nicht als Würzstoff i.S. der Zusätzlichen Anmerkung 6 a zu Kap. 2 KN angesehen wird. Diese neu eingefügte ErlKN kann bei der Auslegung berücksichtigt werden, da sie bei —soweit hier erheblich— unveränderter Tariflage etwa noch bestehende Einreihungszweifel klärt. Ein Fall, wie ihn der Senat in seinem Urteil vom VII R 178/85 (BFH/NV 1989, 333) entschieden hat —keine Heranziehung späterer gegensätzlicher Erläuterungen—, ist nicht gegeben. Ein Gegensatz zwischen der Tariflage vor und nach Einfügung der neuen Erläuterung besteht nicht.

Da mithin die Behandlung mit Salz allein kein Würzen i.S. der Zusätzlichen Anmerkung 6 a zu Kap. 2 KN ist, kommt es auch nicht darauf an, ob man Salz begrifflich zu den Würzstoffen rechnet —wie dies die Klägerin meint— oder dies für unzutreffend hält. Entscheidend ist ausschließlich, dass dem Fleisch neben dem Salz ein anderer (weiterer) Würzstoff hinzugefügt worden ist und diese Würzung insgesamt durch Geschmack deutlich wahrnehmbar ist. Ob die Zusätzliche Anmerkung 6 a zu Kap. 2 KN außerdem verlangt, dass das Fleisch nicht nur einen, sondern mehrere Würzstoffe aufweisen muss, was das FG offenbar aus der Verwendung des Plurals (”Würzstoffe”) sowohl in den Erwägungsgründen der VO Nr. 3678/83 als auch in der Zusätzlichen Vorschrift 6 a zu Kap. 2 KN schließt, oder ob —wozu der Senat neigt— nicht bereits eine Würzung mit einem bestimmten Stoff wie z.B. mit Pfeffer ausreichen könnte, braucht im Streitfall nicht entschieden zu werden, weil die von der Klägerin eingeführten Hähnchenfilets nur leicht gesalzen waren.

c) Anhaltspunkte dafür, dass die Probenuntersuchungen nicht fachgerecht durchgeführt wurden, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Ausweislich der von der ZPLA vorgelegten Unterlagen zu der sensorischen Prüfung bei ungegartem Fleisch erfolgte die Untersuchung auch nach den Anforderungen des Zolltarifs auf der Grundlage von DIN- und ISO-Normen. Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass das sensorische Prüfverfahren zur Ermittlung von ”gewürztem Fleisch” nicht objektiv sei, und damit wissenschaftlichen Ansprüchen nicht genüge. Mit Urteil vom Rs. C-233/88 (EuGHE 1990, I-265) hat der EuGH entschieden, dass die sensorische Prüfung ein objektives Prüfungsverfahren ist, weil es auf nationalen und internationalen Normen, nämlich der DIN-Norm 10954 und der ISO-Norm 4120, beruht. Insbesondere sieht das Verfahren vor, dass die deutliche Wahrnehmbarkeit einer Würzung von mehreren Personen festzustellen ist, womit eine weitgehende Objektivierung des Verfahrens erreicht worden ist. Dies gilt nach den Feststellungen des FG auch für die Untersuchungsverfahren der hier in Rede stehenden ZPLA, die der DIN-Norm 10954 angepasst worden seien. Das FG hat sich danach zu Recht auf die Untersuchungsergebnisse der ZPLA gestützt und festgestellt, dass das Hähnchenfleisch aus den beiden streitgegenständlichen Sendungen lediglich leicht gesalzen war. Da nach Art. 70 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 (Zollkodex —ZK—) des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABlEG Nr. L 302/1) bei einer Teilbeschau der angemeldeten Waren die Ergebnisse dieser Teilbeschau für alle in der Anmeldung bezeichneten Waren gelten, sind die dabei anhand von Proben gewonnenen Ergebnisse auf alle in der Anmeldung bezeichneten Waren von gleicher Beschaffenheit zu übertragen.

d) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist eine Einreihung des von ihr eingeführten Hähnchenfleisches als ”gewürzt” auch nicht unter Berücksichtigung der —der Schwesterfirma der Klägerin erteilten— verbindlichen Zolltarifauskunft (vZTA) der ZPLA Hamburg vom möglich. Gemäß Art. 12 Abs. 3 ZK muss der Einführer den Nachweis führen, dass die streitbefangene —vorliegend aus Thailand eingeführte— Ware in jeder Hinsicht der Ware entspricht, die der vZTA zugrunde gelegen hat. Einen solchen Nachweis hat die Klägerin nicht erbracht. Es gibt vielmehr keinen Anhaltspunkt dafür, dass die streitgegenständlichen Waren so beschaffen waren, wie die Warenprobe, die dem Antrag auf Erteilung einer vZTA beigefügt war.

e) Schließlich geht auch die Aufklärungsrüge (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) der Klägerin fehl. Mit ihrem Einwand, die Ware sei nach den Vereinbarungen mit ihrem Lieferanten nicht nur mit Salz, sondern mit weiteren Würzstoffen zu behandeln gewesen und dies sei auch bei den eingeführten Hähnchenteilen der Fall gewesen, übersieht die Klägerin, dass es für die zolltarifliche Einreihung einer Ware letztlich ohne Belang ist, welche Verarbeitungshinweise der Einführer an seine Vertragspartner im Ausland erteilt hat und ob diese dort eingehalten worden sind, wenn sich diese Vereinbarungen nicht anhand der amtlichen Untersuchungsergebnisse bestätigen lassen. Es kommt daher auch im Streitfall nicht darauf an, ob die Klägerin ihren Partnern im Ausland eine bestimmte Behandlung des Fleisches mit Würzstoffen vorgeschrieben hat, da die Untersuchungen der ZPLA und die Gutachten, die von der Klägerin in Auftrag gegeben worden sind, übereinstimmend zum Ergebnis gekommen sind, dass die eingeführten Waren bei ihrer Einfuhr —außer dem Salz— keine anderen Stoffe, insbesondere keine Würzstoffe, enthielten. Das FG ist daher zu Recht nicht der Frage nachgegangen, welche Vereinbarungen die Klägerin im Einzelnen mit ihren Lieferanten abgeschlossen hat und ob sich die Lieferanten bei den streitgegenständlichen Einfuhren daran gehalten haben.

f) Kommt nach alledem eine Zuweisung zu den Pos. 0210 KN und 1602 KN nicht in Betracht, verbleibt es bei der durch das HZA vorgenommenen Einreihung in die Pos. 0207 KN.

5. Eine Vorlage an den EuGH ist nicht veranlasst. Die Auslegung der Zusätzlichen Anmerkung 6 a zu Kap. 2 KN im Lichte der maßgebenden Rechtsprechung des EuGH ist zweifelsfrei; sie erfordert keine Vorabentscheidung (vgl. EuGH-Entscheidung vom Rs. 283/81, EuGHE 1982, 3415, 3430 f.).

Fundstelle(n):
BFH/NV 2002 S. 229
BFH/NV 2002 S. 229 Nr. 2
FAAAA-67498