BFH Beschluss v. - VII R 61/00

Instanzenzug:

Gründe

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) nahm an der schriftlichen Steuerberaterprüfung 1998 teil. Da er in den schriftlichen Arbeiten nur einen Gesamtnotendurchschnitt von 4,66 erzielte, eröffnete ihm die Beklagte und Revisionsbeklagte (Oberfinanzdirektion), er sei von der mündlichen Prüfung ausgeschlossen und habe die Steuerberaterprüfung nicht bestanden. Die Klage, mit der der Kläger die Verletzung der Chancengleichheit durch äußere Störungen während der Prüfungszeit geltend machte, hatte keinen Erfolg.

Mit seiner Revision wendet sich der Kläger gegen das die Klage abweisende Urteil.

Die Revision ist unzulässig, weil sie nicht zugelassen worden ist (Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs) und der vom Kläger geltend gemachte Revisionsgrund der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts (§ 116 Abs. 1 Nr. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—), bei dessen Vorliegen die Revision zulassungsfrei statthaft wäre, nicht in einer den Anforderungen des § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO entsprechenden Weise gerügt worden ist. Die Revision ist deshalb durch Beschluss zu verwerfen (§ 126 Abs. 1 FGO).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs —BFH— (vgl. u.a. Entscheidungen vom IV R 114/85, BFH/NV 1986, 468, und vom III R 36/97, BFH/NV 1998, 1355) muss derjenige, der sich darauf beruft, das Gericht sei in der mündlichen Verhandlung nicht richtig besetzt gewesen, weil ein Richter während der Verhandlung zwar anwesend gewesen sei, ihr jedoch wegen Übermüdung oder Schlafs nicht habe folgen können, dies durch Angabe konkreter Tatsachen dartun, welche eine Konzentration des Richters auf die wesentlichen Vorgänge in der Verhandlung ausschließen. Erst wenn der Kläger schlüssig dargestellt hat, aus welchen Tatsachen er schließt, dass ein Richter den wesentlichen Vorgängen in der mündlichen Verhandlung nicht folgen konnte, ist Raum für eine diesbezügliche Beweiserhebung des Revisionsgerichts.

Die Darlegungen der Revision genügen den vorgenannten Anforderungen nicht. Die Tatsachenangaben der Revision erschöpfen sich darin, der näher bezeichnete ehrenamtliche Richter habe während der gesamten Verlesung der entscheidungserheblichen Beweisanträge durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers geschlafen. Er habe die Arme vor der Brust verschränkt und beide Augen geschlossen gehabt. Der Kopf sei des öfteren mit dem Kinn auf die Brust gefallen, dann wieder hoch geschnellt und dann wieder mit dem Kinn auf die Brust gefallen. Der Kläger habe beobachtet, dass der Vorsitzende Richter den ehrenamtlichen Richter böse gemustert habe.

Aus diesen vom Kläger mitgeteilten Beobachtungen lässt sich aber, selbst wenn sie zuträfen, noch nicht sicher darauf schließen, dass der bezeichnete Richter tatsächlich während der gesamten Verlesung der Beweisanträge geschlafen und diese nicht im Wesentlichen verstanden hat. Nicht jede vorübergehende Ermüdung eines Richters, wie sie zumal bei längeren Sitzungen im Laufe eines Tages aufzutreten pflegt, hindert den Richter daran, der Verhandlung in dem Umfang zu folgen und die Vorgänge in der Verhandlung geistig so zu verarbeiten, wie es erforderlich ist, um sich über die Streitsache aus dem vollen Inhalt der mündlichen Verhandlung ein Urteil zu bilden (, BFHE 89, 183, BStBl III 1967, 558). Allein das Schließen der Augen deutet noch nicht auf einen längeren Schlaf des Richters hin. Das vom Kläger außerdem beschriebene zeitweilige Fallen des Kopfes mit dem Kinn auf die Brust ist ebenfalls kein Zeichen für einen längeren Schlaf des Richters. Vielmehr lässt die vom Kläger ebenfalls mitgeteilte Beobachtung, dass der Kopf immer wieder nach oben geschnellt ist, darauf schließen, dass es sich allenfalls um einen Sekundenschlaf gehandelt haben kann, der die geistige Aufnahme des wesentlichen Inhalts der Beweisanträge nicht beeinträchtigt haben kann. Außerdem ist davon auszugehen, dass der Vorsitzende Richter, der das Verhalten des betreffenden Richters nach den Angaben des Klägers ebenfalls beobachtet haben soll, den Richter von sich aus zur Aufmerksamkeit ermahnt hätte, wenn er den Eindruck gehabt hätte, dass dieser der Verhandlung nicht folgen konnte.

Die übrigen vom Kläger vorgetragenen Bedenken gegen das Urteil rechtfertigen die zulassungsfreie Revision nicht. Das gilt auch, soweit sich der Kläger auf die Verletzung seines Rechts auf Gehör (§ 119 Nr. 3 FGO i.V.m. Art. 103 des Grundgesetzes) beruft, weil dieser Grund nicht in § 116 FGO, der die Gründe für eine zulassungsfreie Revision abschließend aufzählt, genannt ist.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
BFH/NV 2001 S. 324 Nr. 3
CAAAA-67486