BFH Beschluss v. - VII B 196/00

Gründe

Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Finanzgericht (FG) erkannt, dass die vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt —FA—) mit Verfügung vom erlassene Pfändungs- und Einziehungsverfügung in das Privatkonto der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) bei der X-Bank rechtmäßig war. Das FG wies infolgedessen die als zulässig erachtete Fortsetzungsfeststellungsklage der Klägerin gegen diese Pfändungsmaßnahme mitsamt zwei Nebenanträgen ab. Das FG sah alle Voraussetzungen für den Beginn der Vollstreckung als erfüllt an und hielt die Kontopfändung auch für ermessensfehlerfrei. Zur Begründung führte das FG u.a. aus, das FA sei nicht gehalten gewesen, zunächst anderweitige Vollstreckungsmaßnahmen zu versuchen, sondern habe unmittelbar in das Privatkonto der Klägerin vollstrecken dürfen. Die unterschiedlichen Vollstreckungsmöglichkeiten nach den Vorschriften der Abgabenordnung (AO 1977) stünden regelmäßig gleichrangig nebeneinander.

Gegen dieses Urteil des FG richtet sich die vorliegende Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin.

Die Beschwerde ist unzulässig, denn die Klägerin hat in der Beschwerdeschrift einen Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht in der gemäß § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlichen Weise dargelegt bzw. bezeichnet.

1. Grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO):

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Es muss sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln (, BFHE 144, 133, BStBl II 1985, 605), die klärungsbedürftig und im konkreten Streitfall auch klärungsfähig ist (ständige Rechtsprechung, vgl. die Hinweise bei Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl. 1997, § 115 Rz. 8 ff.). Nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache in der Beschwerdeschrift schlüssig und substantiiert dargelegt werden. Dazu ist erforderlich, dass der Beschwerdeführer konkret auf die Rechtsfrage, ihre Klärungsbedürftigkeit und ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung sowie darauf eingeht, weshalb von der Beantwortung der Rechtsfrage die Entscheidung über die Rechtssache abhängt (ständige Rechtsprechung, vgl. , BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479).

Die Ausführungen der Klägerin in der Beschwerdeschrift erfüllen diese Anforderungen nicht. Es fehlt bereits an der Formulierung konkreter Rechtsfragen, denen nach Auffassung der Klägerin grundsätzliche Bedeutung zukommen soll. Die Klägerin hält das angefochtene Urteil schlicht für falsch. Sie führt dazu aus, das FG hätte die Vollstreckung unter Beachtung der Grundsätze des geringst möglichen Eingriffs (eine mögliche Sachpfändung gehe der Vollstreckung in das Bankkonto vor) und unter Berücksichtigung des verhältnismäßig niedrigen Steuerrückstands für rechtswidrig erklären müssen. Ferner entspreche es keinesfalls rechtsstaatlichen Grundsätzen, wenn bei einer Vollstreckung —mit Außenwirkung— nur die interne Aktenlage und nicht die von der Finanzbehörde selbst erteilten Bescheide maßgeblich sein sollten und die Unkenntnis der Klägerin von den Kassenumbuchungen und Anträge sowie Beweisantritte außer Betracht blieben. Soweit die Klägerin überhaupt eine Rechtsfrage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung formuliert (s. A. II. des Beschwerdeschriftsatzes), fehlt es an Ausführungen dazu, weshalb diese Frage im konkreten Fall klärungsbedürftig sein soll und worin denn deren über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung liegen soll. Mit der Rüge der (angeblichen) Fehlerhaftigkeit des angefochtenen Urteils wird kein die Zulassung der Revision rechtfertigender Grund i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO geltend gemacht.

2. Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO):

Mit der von der Klägerin gerügten Abweichung des angefochtenen FG-Urteils von dem  KV (Entscheidungen der Finanzgerichte 1998, 1451) wird keine i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO beachtliche Divergenz geltend gemacht.

3. Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO):

Auch die von der Klägerin erhobene Rüge, das vorinstanzliche Urteil verletze ihr rechtliches Gehör, entspricht nicht den Anforderungen. Wird die Zulassung der Revision auf den Verfahrensmangel der Verletzung rechtlichen Gehörs gestützt (§ 115 Abs. 2 Nr. 3, § 96 Abs. 2 FGO, Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes) und damit begründet, das Gericht habe bei seinem Urteil entscheidungserhebliches Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen, ist in der Beschwerdeschrift substantiiert und schlüssig darzulegen, dass bei einer Berücksichtigung des übergangenen Sachvortrags eine andere Entscheidung des Gerichts möglich gewesen wäre (BFH-Beschlüsse vom II B 111/94, BFH/NV 1995, 1074, m.w.N.; vom VI B 168/95, BFH/NV 1996, 570, und vom VIII B 15/95, BFH/NV 1997, 241). Dabei muss der Beschwerdeführer —wie bei der Geltendmachung von anderen Verfahrensmängeln auch— seinem Vortrag den materiell-rechtlichen Standpunkt des FG zugrunde legen (s. dazu Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 24) und aufzeigen, dass das FG auf der Grundlage dieses Standpunkts, hätte es den übergangenen Sachvortrag nicht außer Acht gelassen, zu einer anderen, ihm, dem Beschwerdeführer, günstigeren Entscheidung hätte kommen können oder müssen. Nur bei Beachtung dieser Grundsätze wird die Pflicht zur ausreichenden Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO) erfüllt und die mögliche Entscheidungserheblichkeit des geltend gemachten Verfahrensmangels (s. § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) schlüssig dargelegt.

Im Streitfall ist die Klägerin diesen Anforderungen nicht nachgekommen. Sie hat nicht aufgezeigt, inwiefern eine Berücksichtigung ihres angeblich übergangenen Sachvortrags und der Akten (”weitgehend aktenkundigen Beweise”) das FG zu einer anderen, ihr günstigeren Entscheidung hätte führen können. In Wirklichkeit will die Klägerin indes nach Auffassung des Senats im Grunde auch gar nicht die Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend machen, sondern, wie die Beschwerde unmissverständlich zum Ausdruck bringt, die fehlende oder nicht ausreichende rechtliche Würdigung ihres Vorbringens durch das FG, unzutreffend eingebettet in die Gehörsrüge, rügen. Die Grundsätze der Tatsachen- und Beweiswürdigung sind aber revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen und deshalb der Prüfung des BFH im Rahmen eines mit der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemachten Verfahrensmangels i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO entzogen (vgl. z.B. , BFH/NV 1996, 421). Schließlich ist auch nicht ausreichend spezifiziert worden, welche Anträge sowie Beweisantritte der Klägerin außer Betracht geblieben sind.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
OAAAA-67362