Gründe
Die Beteiligten streiten darüber, ob der hälftige Kinderfreibetrag zu übertragen ist. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) und der Beigeladene sind geschiedene Eheleute. Ihre gemeinsame Tochter S, die im September 1994 18 Jahre alt geworden ist, lebte bei der Klägerin. Diese machte mit ihrer Klage geltend, ihr stehe der volle Kinderfreibetrag für die Tochter S für das Streitjahr 1994 zu. Gemäß der Ladungsverfügung des sollten sämtliche Beteiligte mit ”Fax-EB” geladen werden. Das Sendeprotokoll über die an die Prozessvertreter der Klägerin gerichtete Übermittlung der Ladung per Telefax weist als Ergebnis den Ausdruck ”E-3)3)3)3)3)” aus. Nach der auf dem Sendeprotokoll niedergelegten Erläuterung bezeichnet der Ausdruck ”E-3)” die Fehlerursache: keine Antwort. In den Akten des FG befindet sich kein Empfangsbekenntnis der Prozessvertreter der Klägerin über die Zustellung der Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung vom . In diesem Termin waren weder die Klägerin noch ihre Prozessvertreter erschienen. Im Protokoll ist allerdings festgehalten, dass die ordnungsgemäße Ladung der nicht Erschienenen festgestellt worden sei.
Das FG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Beigeladene habe seine Unterhaltspflicht in vollem Umfang erfüllt. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer zulassungsfreien Revision, mit der sie als wesentlichen Mangel des Verfahrens geltend macht, im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten gewesen zu sein (§ 116 Abs. 1 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Eine Ladung der Prozessvertreter der Klägerin i.S. des § 91 Abs. 1 FGO sei nicht erfolgt. Die Revision sei auch der Sache nach begründet, da der Beigeladene seiner Verpflichtung zur Leistung von Unterhalt nicht im Wesentlichen nachgekommen sei.
Die Klägerin beantragt, das und die Einspruchsentscheidung des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt —FA—) vom aufzuheben und das FA zu verpflichten, den Einspruch des Beigeladenen gegen den geänderten Einkommensteuerbescheid 1994 vom abzuweisen.
Das FA hat keinen Antrag gestellt.
Es trägt vor, es könne nicht beurteilen, ob der gerügte Verfahrensmangel vorliege. In der Sache werde an der Auffassung festgehalten, dass der Beigeladene seine Unterhaltspflicht zumindest zu 75 v.H. erfüllt habe.
Der Beigeladene beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Zur Begründung führt er aus, der Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör sei nicht verletzt. In der mündlichen Verhandlung vom sei kein neuer Gesichtspunkt zu erörtern gewesen. Die Revision sei der Sache nach unbegründet; er, der Beigeladene, habe seine Unterhaltsverpflichtung voll umfänglich erfüllt.
Die Revision ist begründet, das angefochtene Urteil war aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).
Das Urteil leidet an einem wesentlichen Verfahrensmangel, da die Klägerin im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war (§ 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO a.F.). § 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO a.F. geht davon aus, dass der Beteiligte in gesetzwidriger Weise im Verfahren nicht vertreten war, weil das Gericht bei der Vorbereitung und Durchführung der mündlichen Verhandlung den Vorschriften des Gesetzes nicht genügt und dadurch den Beteiligten die Teilnahme unmöglich gemacht hat. Ein Fall fehlender Vertretung liegt somit insbesondere vor, wenn ein Prozessbeteiligter nicht ordnungsgemäß geladen worden ist (, BFHE 154, 17, BStBl II 1988, 948, 949).
Im Streitfall ist eine ordnungsgemäße Ladung der Klägerin bzw. ihrer Prozessbevollmächtigten nicht festzustellen. Die Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung erfolgt durch Zustellung nach dem Verwaltungszustellungsgesetz —VwZG— (§ 53 Abs. 1 und Abs. 2 FGO). Nach § 5 Abs. 2 VwZG kann u.a. an Rechtsanwälte das Schriftstück auch auf andere Weise als durch Aushändigung übermittelt werden; als Nachweis der Zustellung genügt dann das mit Datum und Unterschrift versehene Empfangsbekenntnis, das an das FG zurückzusenden ist. Ein solches von den Prozessvertretern der Klägerin unterzeichnetes Empfangsbekenntnis ist den Akten des FG nicht zu entnehmen. Aufgrund des Fehlervermerks: ”E-3) = keine Antwort” auf dem Sendeprotokoll betreffend die beabsichtigte Übermittlung der Ladung per Telefax an die Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist zudem davon auszugehen, dass dieses Telefax die Prozessvertreter der Klägerin nicht erreicht hat. Dementsprechend ist für die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung niemand erschienen. Die Kausalität dieses Mangels i.S. des § 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO a.F. für den Inhalt des Urteils wird gemäß § 119 Nr. 4 FGO vermutet, so dass die Sache an die Vorinstanz zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen war.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2001 S. 810 Nr. 6
CAAAA-67301