Gründe
Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) begehrt im Hauptsacheverfahren die Leistung von Kindergeld für ihre Tochter.
Der Beschwerdegegner (Arbeitsamt Potsdam —Familienkasse—) hatte mit Bescheid vom den gegen die Antragstellerin gerichteten Kindergeldbescheid mit Wirkung ab Februar 1996 aufgehoben und das zu viel gezahlte Kindergeld zurückgefordert, nachdem der von der Antragstellerin getrennt lebende Ehemann mitgeteilt hatte, die Antragstellerin sei seit Januar 1996 aus dem gemeinsamen Einfamilienhaus ausgezogen. Im Einspruchsverfahren gegen diesen Bescheid hatte die Antragstellerin vorgetragen, sie habe noch in der Zeit vom Februar 1996 bis August 1997 in der unteren Etage des Einfamilienhauses, das ihr und ihrem Ehemann je zur Hälfte gehöre, gewohnt und sei dort auch gemeldet gewesen. Die Tochter habe zwar gegen sie Strafanzeige wegen angeblicher Misshandlung erstattet, die Tochter habe aber während des umstrittenen Zeitraums in der oberen Etage des Einfamilienhauses gewohnt und sei im Wesentlichen von der Antragstellerin betreut worden.
Nach Zurückweisung des Einspruchs hat die Antragstellerin Klage erhoben und zugleich einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) gestellt, den das Finanzgericht (FG) mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen hat. Zur Begründung seines Beschlusses hat das FG im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin könne die Kosten der Prozessführung selbst aufbringen, weil sie Miteigentümerin des Einfamilienhauses mit einem Wert von 180 000 DM sei, das nur mit Grundschulden von 30 000 DM belastet sei. Da das Einfamilienhaus von der Antragstellerin nicht selbst genutzt werde, stelle es verwertbares Vermögen dar.
Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde. Es möge zwar zutreffen, dass das Einfamilienhaus einen Wert von 180 000 DM habe und mit 30 000 DM belastet sei. Sie könne über ihren Miteigentumsanteil, der im Wesentlichen ihr gesamtes Vermögen darstelle, jedoch nicht ohne Zustimmung ihres Ehemannes verfügen (§ 1365 des Bürgerlichen Gesetzbuchs —BGB—). Auch eine Belastung in Höhe der Prozesskosten sei nicht möglich. Zwar könne sie möglicherweise einen Kredit von 3 000 DM bis 5 000 DM zur Finanzierung der Prozesskosten durch Bestellung eines Grundpfandrechts absichern. Aufgrund ihrer Einkommensverhältnisse sei sie jedoch nicht in der Lage, die monatlichen Zins- und Tilgungsraten zur Rückführung des Kredits aufzuwenden. Zur Frage, ob sie gegen ihren Ehemann einen Anspruch auf einen Prozesskostenvorschuss nach § 1360a Abs. 4 BGB hat, hat sich die Antragstellerin auf einen Hinweis des Senats nicht geäußert. Aus der im Beschwerdeverfahren erneut eingereichten Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ergibt sich im Übrigen, dass sie regelmäßig Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von 630 DM monatlich hat und von ihrem getrennt lebenden Ehemann unregelmäßig Unterhalt von monatlich 1 000 DM erhält.
Die Beschwerde ist unbegründet. Die Vorinstanz hat den Antrag auf Gewährung von PKH zu Recht abgelehnt, weil die Antragstellerin zur Zahlung der Prozesskosten in der Lage ist.
Die Bedürftigkeit eines PKH begehrenden Verfahrensbeteiligten ist nicht nur nach dessen Einkommensverhältnisse (§ 142 der Finanzgerichtsordnung —FGO— i.V.m. § 115 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung —ZPO—), sondern auch danach zu beurteilen, ob er im Rahmen des Zumutbaren die zur Prozessführung erforderlichen Kosten unter Einsatz des Vermögens aufbringen kann (§ 115 Abs. 2 ZPO). Die Frage der Zumutbarkeit ist grundsätzlich in entsprechender Anwendung des § 88 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) zu beurteilen (vgl. , BFH/NV 2000, 862). Zum Vermögen gehört das gesamte verwertbare Vermögen, mithin auch die der Antragstellerin gehörende Miteigentumshälfte. Die Heranziehung dieses Vermögenswerts steht § 88 Abs. 2 Nr. 7 BSHG nicht entgegen, weil die Antragstellerin das Einfamilienhaus nicht bewohnt. Soweit die Verwertung der Miteigentumshälfte wegen der von der Antragstellerin vorgetragenen Gründe nicht möglich sein sollte, muss sie sich auf die Inanspruchnahme eines Kredits verweisen lassen. Besitzt der PKH begehrende Prozessbeteiligte —wie im Streitfall— einsatzpflichtiges Vermögen, so stellt eine Kreditaufnahme auf der Grundlage dieses Vermögens eine zumutbare (Teil-)Verwertung dieses Vermögens dar. Durch die Aufnahme eines solchen Kredits ist der Weg offen, von einer sofortigen Verwertung des Vermögens Abstand zu nehmen. In einem solchen Fall kann sich der Antragsteller auch nicht darauf berufen, aus seinem Einkommen die Zinsen nicht zahlen zu können, da auch insoweit die Möglichkeit besteht, Zinsen und Kapital erst nach der Verwertung des Vermögens zurückzuzahlen (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2000, 862). Da das Einfamilienhaus nach dem Vortrag der Antragstellerin einen Wert von 180 000 DM hat und nur mit 30 000 DM Grundpfandrechten belastet ist, kann die Antragstellerin die Prozesskosten durch einen grundpfandrechtsgesicherten Kredit finanzieren. Dem steht § 1365 BGB nicht entgegen, weil die Kreditaufnahme nicht zur Verfügung über das gesamte Vermögen führt.
Die Antragstellerin hat außerdem gegen ihren Ehemann einen Anspruch auf Zahlung von Prozesskostenvorschuss nach § 1360a Abs. 4 BGB (vgl. dazu , BFH/NV 2000, 1357), da es sich auch bei dem Anspruch auf Zahlung von Kindergeld um eine persönliche Angelegenheit im Sinne dieser Vorschrift handelt (vgl. dazu Palandt/ Brudermüller, Bürgerliches Gesetzbuch, 60. Aufl., § 1360a Rdnr. 14). Die Antragstellerin hat sich dazu trotz Hinweises des Gerichts nicht geäußert, obwohl sie im Einspruchsverfahren vorgetragen hatte, ihr Ehemann sei vermögend. Es ist deshalb davon auszugehen, dass sie die Prozesskosten aus diesem Anspruch decken kann.
Fundstelle(n):
BFH/NV 2001 S. 809 Nr. 6
VAAAA-67257