BFH Beschluss v. - V S 15/00

Gründe

I. Die Klägerin und Antragstellerin (Klägerin) betrieb in den Streitjahren 1992 bis 1995 ein Fitness-Studio, in dem den Besuchern u.a. auch eine Sauna zur Verfügung stand. Die als Mitglieder bezeichneten Kunden der Klägerin schlossen mit ihr zwei Verträge, die sich nicht inhaltlich, sondern nur in der Überschrift (”Trainingsanmeldung” und ”Saunaanmeldung”) unterschieden.

Im Anschluss an eine Betriebsprüfung setzte der Beklagte und Antragsgegner (das Finanzamt —FA—) in den angefochtenen Umsatzsteuerfestsetzungen für 1992 bis 1995 die Steuer für sog. Sauna-Umsätze nicht mehr mit dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 des Umsatzsteuergesetzes 1991/1993 (UStG), sondern mit dem allgemeinen Steuersatz (§ 12 Abs. 1 UStG) fest, weil die Klägerin die Voraussetzungen für die Steuerermäßigung nicht erfüllt habe.

Gegen die bezeichneten Steuerfestsetzungen legte die Klägerin Einspruch ein. Das FA setzte die während des Einspruchsverfahrens beantragte Vollziehung der angefochtenen Steuerfestsetzungen nach § 361 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) in Höhe der streitigen Steuermehrbeträge bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung durch Verfügung vom aus. Das FA wies den Einspruch zurück, vollzog die streitigen Steuerfestsetzungen aber nicht.

Das Finanzgericht (FG) bestätigte in dem Urteil vom 14 K 3755/99 die rechtliche Beurteilung der Umsätze der Klägerin durch das FA, ermäßigte aber die bisher angesetzte Bemessungsgrundlage. Darauf richtete das FA am eine ”Ankündigung der Vollstreckung” an die Klägerin und führte darin weiter aus: ”Falls Sie dieser Aufforderung nicht nachkommen, muss das Finanzamt auf Ihre Kosten die Vollstreckung durchführen.”

Die Klägerin hatte am bei dem FG Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem erwähnten Urteil des FG erhoben.

Mit dem am bei dem Bundesfinanzhof (BFH) eingegangenen Schriftsatz beantragt sie, die Vollziehung der angefochtenen Umsatzsteuerfestsetzungen für 1992 bis 1995 auszusetzen. Sie hält die Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzungen für ernstlich zweifelhaft, weil sie steuerermäßigte Leistungen durch Verabreichung von Heilbädern ausgeführt habe.

Das FA hält den Aussetzungsantrag für unzulässig, weil keine Vollstreckung drohe; jedenfalls sei der Antrag der Klägerin aber unbegründet.

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin hat der Senat durch Beschluss vom zurückgewiesen (V B 115/00, NV).

II. Der Antrag der Klägerin, die Umsatzsteuerfestsetzungen für 1992 bis 1995 auszusetzen, ist abzulehnen.

1. Der Antrag ist zulässig, weil der BFH darüber als Gericht der Hauptsache (§ 69 Abs. 3 Satz 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—) entscheiden muss und weil die Zugangsvoraussetzungen (§ 69 Abs. 4 FGO) für einen Aussetzungsantrag bei dem FG (§ 69 Abs. 3 FGO) im Zeitpunkt der Antragstellung vorgelegen haben.

Das FA hat —aus der dafür maßgebenden Sicht der Klägerin— die Vollstreckung angedroht (§ 69 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 FGO). Nach der Ankündigung der Vollstreckung in dem Schreiben vom musste die Klägerin davon ausgehen, dass die Finanzbehörde —worauf sie ausdrücklich hingewiesen hatte— die Vollstreckung einleiten werde, falls die als Schuldbetrag ausgewiesenen Steuerrückstände nicht freiwillig entrichtet würden. Es handelt sich bei der Vollstreckungsankündigung des FA —im Gegensatz zu der Ansicht des FA— nicht um die bloße Mitteilung über den Fristablauf für eine gewährte Vollziehungsaussetzung (vgl. dazu BFH-Beschlüsse vom VI B 138/94, BFH/NV 1995, 701, und vom I B 17/92, BFH/NV 1993, 259).

2. Der Aussetzungsantrag (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO) ist aber nicht begründet.

Der Senat hat die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin mit Beschluss (V B 115/00) vom zurückgewiesen. Damit sind die im Hauptsacheverfahren angefochtenen Umsatzsteuerfestsetzungen für 1992 bis 1995 unanfechtbar geworden. Eine Aussetzung der Vollziehung eines unanfechtbaren Verwaltungsakts kommt nicht mehr in Betracht; denn ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der ursprünglich angefochtenen Verwaltungsakte darf wegen ihrer Unanfechtbarkeit nicht mehr nachgegangen werden (vgl. dazu Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 69 FGO Rz. 321, m.w.N.).

Fundstelle(n):
BFH/NV 2001 S. 620 Nr. 5
XAAAA-67197