Nachträgliche Gesamtstrafenbildung nach Verurteilungen wegen Betäubungsmitteldelikten: Zäsurwirkung durch Verurteilung zu einer Jugendstrafe
Gesetze: § 55 StGB, § 354 Abs 1b S 1 StPO, § 460 StPO
Instanzenzug: LG Magdeburg Az: 25 KLs 63/15
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu der Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich die Revision des Angeklagten mit einer Verfahrensbeanstandung und der Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2Der Strafausspruch hält einer rechtlichen Prüfung insoweit nicht stand, als das Landgericht von der Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe abgesehen hat.
3Die abgeurteilte Tat wurde am und damit zeitlich vor dem rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts Wernigerode vom begangen, durch das der Angeklagte wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Freiheitsstrafe von einem Jahr mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt worden ist. Die Strafkammer hat sich an der Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe gehindert gesehen, weil die Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Wernigerode vom und die zur Bewährung ausgesetzte Jugendstrafe von einem Jahr und sechs Monaten aus dem Urteil des Amtsgerichts Wernigerode vom an sich untereinander gesamtstrafenfähig seien und das Urteil vom daher Zäsurwirkung entfalte. Dabei hat das Landgericht übersehen, dass nur solchen Urteilen Zäsurwirkung zukommt, auf die § 55 StGB Anwendung findet und mit deren Strafen eine Gesamtstrafe gebildet werden kann (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 4 StR 204/07, StraFo 2007, 424; vom - 5 StR 58/06, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Zäsurwirkung 17; Eschelbach in Satzger/Schluckebier/Widmaier, StGB, 3. Aufl., § 55 Rn. 12). Dies ist bei einer Verurteilung zu Jugendstrafe wegen der bei getrennter Aburteilung rechtlich ausgeschlossenen Gesamtstrafenbildung nach § 55 StGB (vgl. , BGHSt 36, 270) nicht der Fall.
4Der Senat macht von der Möglichkeit des § 354 Abs. 1b Satz 1 StPO Gebrauch, die Entscheidung über die nachträglich zu bildende Gesamtstrafe dem Nachverfahren gemäß §§ 460, 462 StPO zuzuweisen. Das danach zuständige Gericht wird auch über die Kosten des Rechtsmittels zu entscheiden haben.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Bender Paul
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2016:221116B4STR466.16.0
Fundstelle(n):
LAAAG-50707