Suchen
Online-Nachricht - Mittwoch, 19.07.2017

Einkommensteuer | Verkauf junger Aktien - Bezugsrechte aus Altanteilen (BFH)

Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns einer Aktie, die durch die Ausübung eines Bezugsrechts erworben wurde, das von einer vor dem erworbenen und bereits steuerentstrickten Aktie abgespalten wurde, sind die Anschaffungskosten des Bezugsrechts entgegen der Regelung des § 20 Abs. 4a Satz 4 EStG 2009 nicht mit 0 EUR, sondern in der tatsächlichen Höhe anzusetzen (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Nach der mit der Abgeltungsteuer eingeführten Vereinfachungsregelung des § 20 Abs. 4a Satz 4 EStG werden Bezugsrechte aus Gesellschaftsanteilen im Falle ihrer Ausübung oder Veräußerung nicht (mehr) mit ihrem rechnerischen/anteiligen Wert, sondern mit fiktiven Anschaffungskosten von 0 Euro angesetzt. Das BMF vertritt hierzu die Auffassung, dass dies unabhängig davon gilt, ob die Anteile, aus denen die Bezugsrechte abgespalten wurden, vor oder nach Einführung der Abgeltungsteuer erworben wurden ().

Sachverhalt: Der Kläger hielt u.a. Aktien der A-AG, welche sich bereits vor dem in seinem Wertpapierdepot befanden. Im Jahr 2010 wurde bei der A-AG eine Kapitalerhöhung vollzogen. In deren Rahmen erwarb der Kläger junge Aktien über Bezugsrechte aus Aktien, welche er bereits vor dem angeschafft hatte (sog. Altaktien). Im November 2010 wurden zehn dieser jungen Aktien verkauft. Der hieraus resultierende Gewinn wurde durch die A-AG AG in einer Erträgnisaufstellung bescheinigt.

Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung beantragte der Kläger die Überprüfung des Steuereinbehalts. Er brachte insoweit die Anschaffungskosten der Bezugsrechte in Abzug und setzte die erzielten Kapitalerträge dementsprechend niedriger an. Das Finanzamt berücksichtigte die Anschaffungskosten der Bezugsrechte gemäß § 20 Abs. 4a Satz 4 EStG demgegenüber mit 0 € und legte der Veranlagung – entsprechend der Erträgnisaufstellung – einen höheren Gewinn zu Grunde. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz Erfolg (s. hierzu unsere Online Nachricht vom 01.12.2014).

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Vorliegend sind bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns der jungen Aktien gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Abs. 4 Satz 1 EStG die Anschaffungskosten des Bezugsrechts entgegen der Regelung des § 20 Abs. 4a Satz 4 EStG nicht mit 0 EUR, sondern mit 72 EUR zu berücksichtigen.

  • Entgegen der Auffassung des FA und des BMF findet die Regelung des § 20 Abs. 4a Satz 4 EStG - trotz der Übergangsvorschrift des § 52a Abs. 10 Satz 10 EStG - keine Anwendung, wenn die veräußerten jungen Aktien aufgrund der Ausübung von Bezugsrechten erworben wurden, die von vor dem angeschafften Altanteilen abgespalten wurden, bei denen - wie im vorliegenden Fall - die Veräußerungsfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG in der am geltenden Fassung (EStG a.F.) zum Zeitpunkt der Veräußerung der jungen Aktien bereits abgelaufen war (so im Ergebnis auch u.a. Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 36. Aufl., § 20 Rz 163).

  • In diesem Fall sind bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns die tatsächlichen Anschaffungskosten des Bezugsrechts zu berücksichtigen.

  • Die Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 20 Abs. 4a Satz 4 EStG auf Bezugsrechte, die aus vor dem angeschafften Aktien abgespalten wurden, ist aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten. Es ist dem Gesetzgeber verwehrt, rückwirkend auf bereits steuerentstrickte Vermögenspositionen zuzugreifen.

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
RAAAG-50663