BSG Beschluss v. - B 5 R 338/16 B

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Aufklärungsbedarf eines im Berufungsverfahren nicht anwaltlich vertretenen Klägers

Gesetze: § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160a Abs 4 S 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG, § 109 SGG, § 128 Abs 1 S 1 SGG, § 169 SGG, § 103 SGG

Instanzenzug: SG Augsburg Az: S 17 R 594/13vorgehend Bayerisches Landessozialgericht Az: L 6 R 887/14 Urteil

Gründe

1Mit Urteil vom hat das Bayerische LSG einen Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung verneint und die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG Augsburg vom zurückgewiesen.

2Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er beruft sich auf einen Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG und rügt eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht aus § 103 SGG.

3Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.

5Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 S 3 SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.

6Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

7Soweit - wie vorliegend - Verstöße gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) gerügt werden, muss die Beschwerdebegründung hierzu jeweils folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen, (3) Darlegung der von dem betreffenden Beweisantrag berührten Tatumstände, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten, (4) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (5) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterlassenen Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5 mwN; Fichte in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2009, § 160a RdNr 55).

8Auch wenn ein Beteiligter - wie hier der Kläger nach Niederlegung der Vertretung durch seinen früheren Prozessbevollmächtigten - im Berufungsverfahren zuletzt nicht mehr rechtskundig vertreten war, muss er nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG darlegen, einen konkreten Beweisantrag zumindest sinngemäß gestellt zu haben, und deshalb angeben, welche konkreten Punkte er am Ende des Verfahrens noch für aufklärungsbedürftig gehalten hat und auf welche Beweismittel das Gericht hätte zurückgreifen sollen, um den Fall weiter aufzuklären. Daher müssen auch unvertretene Kläger dem Berufungsgericht verdeutlichen, dass und ggf aus welchem Grund sie die Sachaufklärungspflicht noch nicht als erfüllt ansehen und deshalb im Berufungsverfahren auf die weitere Sachverhaltsaufklärung hinwirken (vgl - BeckRS 2013, 69985 RdNr 8 mwN). Ebenso wie bei vor dem LSG rechtskundig vertretenen Klägern ist im Rahmen der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde der Beweisantrag so genau zu bezeichnen, dass ihn das Revisionsgericht ohne Weiteres auffinden kann (vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5; Nr 21 RdNr 5). Es ist daher auch bei unvertretenen Klägern darzulegen, wann und wie sie dem LSG gegenüber den aus ihrer Sicht noch notwendigen Aufklärungsbedarf geltend gemacht haben (vgl - BeckRS 2011, 68263 RdNr 9).

9Der Kläger hat dazu in seiner Beschwerdebegründung nichts vorgetragen. Er macht geltend, er sei lediglich auf unfallchirurgischem bzw orthopädischem Fachgebiet begutachtet worden. Der Kläger nimmt Bezug auf Akteninhalte des Klage- und Berufungsverfahrens, insbesondere auf Befundberichte der behandelnden Ärzte und auf ärztliche Gutachten, und führt dazu aus, es lägen vorrangig eine somatoforme Schmerzstörung, eine psychische Störung und ein chronisches Schmerzsyndrom vor. Zur Beurteilung seiner beruflichen Leistungsfähigkeit sei deshalb ein weiteres ärztliches Sachverständigengutachten im Fachbereich Psychosomatik, Psychiatrie und Schmerzmedizin von Amts wegen einzuholen gewesen. Dazu ob, wann und in welcher Form der Kläger diesen aus seiner Sicht noch notwendigen Aufklärungsbedarf bereits vor dem LSG geltend gemacht hat, enthält die Beschwerdebegründung keinerlei Ausführungen (vgl - BeckRS 2013, 69985 RdNr 8 mwN).

10Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

11Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2017:080217BB5R33816B0

Fundstelle(n):
VAAAG-49471