Hier kocht der Chef noch selbst: Bilanzierung des Praxiswerts beim Freiberufler
[i]Marx, in: Kanzler/ Kraft/Bäuml, Einkommensteuergesetz Kommentar Online, § 7 Rz. 221 NWB EAAAG-35409 Das wichtigste und wertvollste Wirtschaftsgut einer Freiberufler-Praxis – und vielleicht mitunter entgegen der üblichen Erwartung – ist keineswegs der Dienstwagen, sondern der Praxiswert. Er verkörpert die persönliche Arbeitsleistung des Berufsträgers, das Vertrauen der Mandanten oder Kunden in die Kenntnisse, Erfahrungen und die Tüchtigkeit des Praxisinhabers – nicht zuletzt auch seiner Mitarbeiter. Das geflügelte Wort „Hier kocht der Chef noch selbst“ spitzt dieses Phänomen zu, um die Qualität der Praxis zu unterstreichen. Zu unterscheiden ist der Praxiswert dabei als verkehrsfähiges immaterielles Wirtschaftsgut von der persönlichen Leistungsfähigkeit des Inhabers: Denn diese Leistungsfähigkeit ist eben nicht übertragbar. Während der originäre Praxiswert selbst geschaffen ist und nicht aktiviert werden darf, umfasst der derivative Praxiswert den Teil des Kaufpreises, der über dem Substanzwert der übernommenen Wirtschaftsgüter liegt. Und dieser derivative Praxiswert dürfte in der Mehrzahl der Praxisübertragungen den Großteil des Kaufpreises ausmachen. Der BFH hat sich nun jüngst in zwei Entscheidungen mit der Abschreibung des Kaufpreises für eine Vertragsarztpraxis befasst, die BBK-Herausgeber Bernd Rätke in dieser Ausgabe in seiner Rubrik Steuerrecht aktuell ab Seite 598 vorstellt. Gleichzeitig waren die beiden Entscheidungen des VIII. BFH-Senats auch Anlass für den Beitrag von ab dieser Ausgabe, der die Bilanzierung immaterieller Wirtschaftsgüter in einer Freiberufler-Praxis noch einmal in den Gesamtzusammenhang stellt und zeigt, wie dabei neben dem originären und dem derivativen Praxiswert auch der Mandantenstamm oder der Geschäftswert abzugrenzen sind.
Wenn der Unternehmer [i]Rätke, BFH beendet Streit über die rechtliche Entstehung von Verpflichtungen bei der Rückstellungsbildung, BBK 9/2014 S. 416 NWB UAAAE-62238 sich mit dem Betriebsprüfer über eine Rückstellung streitet und vor dem Finanzgericht obsiegt und frohlockt, hat er sich womöglich zu früh gefreut. Im Falle einer Rückstellung für die Beiträge zur Handwerkskammer war dies der Fall, so dass der Kläger sich vermutlich mit einem Stoßseufzer in Gottes Hand befindlich wähnte wie der sprichwörtliche Schiffsführer, lehnte der BFH doch die Rückstellung rundweg ab. Allerdings stand die Begründung des Finanzgerichts auf tönernen Füßen, wie BBK-Herausgeber Bernd Rätke bereits in seiner Kurznachricht zur FG-Entscheidung ausführte. Im Urteilsfall knüpfte sich die Bemessung des Beitrags zur Handwerkskammer für das laufende Jahr an den Gewerbeertrag eines früheren Jahres. Dadurch war der Beitrag zwar im Vorhinein präzise ermittelbar, wirtschaftlich verursacht war der Beitrag aber erst im laufenden Jahr. Denn würde der Handwerker seinen Betrieb abmelden, entstünde auch kein Kammerbeitrag. Der Hinweis auf die Fortführungsannahme überzeugte unseren Herausgeber schon damals nicht. Mehr auf Seite 597.
Beste Grüße
Christoph Linkemann
Fundstelle(n):
BBK 2017 Seite 593
NWB CAAAG-48731