BFH Beschluss v. - I B 94/00

Gründe

I. Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Abrechnungsbescheids i.S. des § 218 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977).

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist Rechtsnachfolgerin einer GmbH (B-GmbH), die durch Umwandlung aus einem ehemaligen Volkseigenen Betrieb (VEB) hervorgegangen war. Der Gesellschaftsvertrag der B-GmbH datierte vom , der Antrag auf Eintragung im Handelsregister vom . Am wurde die Umwandlung im Handelsregister eingetragen.

Durch einen an den VEB gerichteten ”Bescheid über die Haushaltsbeziehungen der in Kapitalgesellschaften umgewandelten volkseigenen Kombinate, Betriebe und Einrichtungen” vom hatte der Magistrat von…als Steuerabschlagszahlung einen Steuersatz ”ab dem Monat der Umwandlung 1990 auf 27,66 % des Umsatzes” festgesetzt. Auf der Grundlage dieses Bescheides hatte der VEB u.a. am einen Betrag von 1 337 466 Mark der DDR gezahlt.

Am reichte die B-GmbH beim Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt —FA—) eine Körperschaftsteuererklärung für 1990 ein, in der sie zum 1. Halbjahr keine Angaben machte und für das 2. Halbjahr einen Verlust erklärte. Das FA folgte der Erklärung und setzte die Steuerrate 1990 auf 0 DM fest.

Am erging eine Abrechnung, in der auf die Steuerrate von 0 DM ein Betrag von 1 337 466 DM als getilgt angerechnet wurde. Unter Berücksichtigung fälliger Umsatzsteuer und Säumniszuschläge von insgesamt 149 297,97 DM verblieb hiernach ein Restguthaben von 1 188 168,03 DM. Diesen Betrag zahlte das FA in der Folge an die B-GmbH aus.

Mit Schreiben vom teilte das FA der B-GmbH mit, es halte die Abrechnung vom für fehlerhaft. Die vom VEB geleistete Zahlung betreffe Haushaltsbeziehungen des 1. Halbjahres 1990 und könne deshalb nicht für spätere Zeiträume in Anrechnung gebracht werden. Es habe sich nicht um eine Steuervorauszahlung gehandelt. Ferner kündigte das FA an, dass eine neue Abrechnung erstellt werde, in der die irrtümlich als getilgt bezeichneten 1 337 466 DM zurückgefordert würden. Schließlich bat es darum, ”den zu Unrecht angerechneten Betrag in Höhe von 149 297,97 DM…auf das Konto des FA zu überweisen”.

In einem weiteren, vom datierenden Schreiben führte das FA aus, dass die Steuerpflicht der B-GmbH am begonnen habe. Es folgen weitere Ausführungen zu dem nach Auffassung des FA einschlägigen Übergangsrecht und schließlich die Bitte, ”Ihren Standpunkt zu überdenken und den genannten Betrag bis zum zu überweisen”. Nachdem die B-GmbH dieser Aufforderung nicht nachgekommen war, zog das FA den Betrag von 1 188 168,03 DM im Vollstreckungswege ein.

Daraufhin legte die B-GmbH mit Schreiben vom einen ”Rechtsbehelf ein gegen alle Verwaltungsakte, die in den folgenden Schreiben (möglicherweise) enthalten sind:


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a) b) c) d) e) f)
Schreiben vom , automatische Mahnung vom , Schreiben vom , Zahlungsaufforderungen vom , Schreiben vom sowie alle zwischenzeitlich ergangenen Vollstreckungsmaßnahmen."

Zur Begründung machte sie im Wesentlichen geltend, dass die Anrechnung vom nicht rückgängig gemacht werden könne, da die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nach §§ 130 f. AO 1977 nicht vorlägen. Das FA wies den Einspruch zurück und führte zur Begründung u.a. aus, dass der Bescheid vom rechtswidrig gewesen und deshalb zurückgenommen worden sei.

In der Folge erging ein Rückforderungsbescheid, durch den das FA den Betrag von 1 188 168,03 DM bei der B-GmbH anforderte. In einem diesen Bescheid betreffenden Rechtsstreit entschied der beschließende Senat, dass zunächst durch einen Abrechnungsbescheid darüber zu entscheiden sei, in welchem Umfang die vom VEB geleisteten Zahlungen auf die festgesetzte Steuerschuld anzurechnen sei (Senatsbeschluss vom I B 2/98, BFH/NV 1999, 440). Daraufhin erließ das FA einen Abrechnungsbescheid folgenden Inhalts:

Vorauszahlungssoll 0,00 DM

Veranlagung vom 0,00 DM

Ist

Zahlung am … 1 337 466,00 M/

bestimmt für Haushaltskonto

zur Lösung gesellschaftl.

Entwicklungsprobleme

Abbuchung auf div. Steuern und SZ

am ./. 149 297,00 DM

Erstattung am ./. 1 188 168,03 DM

Rückbuchung von div. Steuern und

SZ am 149 297,00 DM

Zahlung am 1 188 168,03 DM

0,00 DM

Die gegen diesen Bescheid erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) ab, ohne die Revision zuzulassen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer auf Divergenz und grundsätzliche Bedeutung gestützten Nichtzulassungsbeschwerde.

Das FA ist der Nichtzulassungsbeschwerde entgegengetreten.

II. Die Zulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde ist, da das angefochtene Urteil der Klägerin vor dem zugestellt worden ist, nach den bis zum geltenden Vorschriften zu beurteilen (Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze —2.FGOÄndG— vom , BStBl I 2000, 1567). Maßgeblich ist mithin § 115 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in der im Jahr 2000 geltenden Fassung (FGO a.F.).

III.

Die Beschwerde ist unzulässig. Die Klägerin hat Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 FGO a.F. nicht in der erforderlichen Form dargelegt bzw. bezeichnet.

1. Das gilt zunächst insoweit, als sie sich auf eine Abweichung des angefochtenen Urteils von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) beruft. Dieser Zulassungsgrund wird nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F. nur dann in statthafter Form geltend gemacht, wenn die Abweichung in der Beschwerdeschrift bezeichnet wird. Hierzu ist es nach ständiger Rechtsprechung des BFH erforderlich, dass der Beschwerdeführer einen das FG-Urteil tragenden abstrakten Rechtssatz formuliert und diesen einem ebenfalls tragenden Rechtssatz aus einer BFH-Entscheidung so gegenüberstellt, dass die Abweichung erkennbar wird (BFH-Beschlüsse vom V B 184/99, BFH/NV 2000, 1223; vom VIII B 52/99, BFH/NV 2000, 1487; vom III B 32/00, BFH/NV 2001, 45). Das ist im Streitfall nicht geschehen. Die Klägerin rügt vielmehr lediglich, dass das FG die Rechtsprechung des BFH zu den Voraussetzungen für das Vorliegen eines Verwaltungsakts übersehen oder unrichtig angewandt habe, was den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F. nicht genügt.

2. Im Ergebnis dasselbe gilt, soweit die Klägerin die Nichtzulassungsbeschwerde auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache stützt. Diese Rüge wäre nur dann ordnungsgemäß erhoben worden, wenn in der Beschwerdeschrift die grundsätzliche Bedeutung dargelegt worden wäre (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F.). Hierzu hätte die Klägerin vortragen müssen, dass und weshalb eine im Streitfall entscheidungserhebliche Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig ist (, BFH/NV 1999, 1217; Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 115 FGO Rz. 216). Dem wird die hier zu beurteilende Beschwerdeschrift nicht gerecht:

Die Klägerin macht dort geltend, dass nach der Rechtsprechung des BFH und des Bundesverwaltungsgerichts eine behördliche Maßnahme nur dann Verwaltungsakt sein könne, wenn sie eine verbindliche und auf Rechtsbeständigkeit abzielende Regelung beinhalte. Mit dieser Rechtsprechung sei es nicht vereinbar, wenn das FG davon ausgehe, dass die Abrechnungsverfügung vom durch die Schreiben des FA vom , vom und vom zurückgenommen worden sei. In allen diesen Schreiben seien nämlich verbindliche Regelungen nicht getroffen, sondern nur angekündigt worden. Unabhängig davon, ob dieser Vortrag in der Sache zutrifft oder nicht, ergibt sich aus ihm jedoch keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Vielmehr läuft auch er letztlich darauf hinaus, dass das FG —nach Meinung der Klägerin— die höchstrichterliche Rechtsprechung missachtet hat und sein Urteil in diesem Sinne unrichtig ist. Mit dem Hinweis auf die Unrichtigkeit der im Einzelfall ergangenen Entscheidung wird jedoch ein Revisionszulassungsgrund nicht dargelegt (BFH-Beschlüsse vom VII B 251/97, BFH/NV 1998, 1231, 1232; vom V B 47/98, BFH/NV 1999, 195, 196).

Fundstelle(n):
FAAAA-66704