Gründe
I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) nach Versäumung einer Einspruchsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erhalten kann.
Die Klägerin ist eine GmbH, deren alleiniger Geschäftsführer Herr K ist. Nachdem bei ihr eine Außenprüfung stattgefunden hatte, teilte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) ihr mit Schreiben vom mit, dass der Prüfungsbericht nunmehr zur Auswertung und zur Erstellung von Änderungsbescheiden weitergeleitet werde. Die betreffenden Bescheide wurden an die Klägerin adressiert und mit einfachem Brief am zur Post gegeben.
Am legte die Klägerin gegen die Änderungsbescheide Einspruch ein; zugleich beantragte sie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Hierzu trug sie vor, ihr Geschäftsführer K sei am zu einem Erholungsurlaub aufgebrochen, aus dem er am zurückgekehrt sei. Erst zu diesem Zeitpunkt habe er deshalb die Bescheide zur Kenntnis genommen. Das FA versagte der Klägerin die Wiedereinsetzung und verwarf den Einspruch als unzulässig.
Das Finanzgericht (FG) hat die deswegen erhobene Klage abgewiesen, ohne die Revision zuzulassen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde.
Das FA ist der Nichtzulassungsbeschwerde entgegengetreten.
II. Da das angefochtene Urteil der Klägerin am zugestellt worden ist, richtet sich die Zulässigkeit der Beschwerde nach den bis zum geltenden Vorschriften (Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze vom , BGBl I 2000, 1757).
III.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Klägerin hat die geltend gemachten Gründe für eine Zulassung der Revision nicht in der erforderlichen Weise dargelegt bzw. bezeichnet:
1. Nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung in der hier maßgeblichen Fassung (FGO a.F.). ist die Revision gegen ein finanzgerichtliches Urteil u.a. dann zuzulassen, wenn entweder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1) oder das angefochtene Urteil von einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2). Wird auf einen dieser Gründe eine Nichtzulassungsbeschwerde gestützt, so müssen in der Beschwerdeschrift die grundsätzliche Bedeutung dargelegt bzw. die Abweichung bezeichnet werden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO). Geschieht dies nicht, so ist die Nichtzulassungsbeschwerde unzulässig.
2. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn im konkreten Fall eine Rechtsfrage entscheidungserheblich ist, die im allgemeinen Interesse an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts der höchstrichterlichen Klärung bedarf (BFH-Beschlüsse vom III B 19/00, BFH/NV 2001, 48; vom VII B 16/00, BFH/NV 2001, 55; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 115 Rz. 7, m.w.N.). Das ist in der Regel nicht der Fall, wenn das FG seine Beurteilung auf konkrete Umstände des individuellen Falles gestützt hat. In einer solchen Situation kann eine grundsätzliche Bedeutung nur dann vorliegen, wenn anzunehmen ist, dass vergleichbare Umstände in einer Vielzahl weiterer Fälle gegeben sind und dass unter diesem Gesichtspunkt ein allgemeines Interesse an der Überprüfung der vom FG vorgenommenen Würdigung besteht. Das muss deshalb, wenn in einem derartigen Fall eine Nichtzulassungsbeschwerde erhoben wird, in der Beschwerdeschrift dargetan werden.
Der Vortrag der Klägerin wird den hiernach zu stellenden Anforderungen nicht gerecht. Aus ihm ergibt sich nicht, dass die Beurteilung der Verschuldensfrage durch das FG auf Erwägungen beruht, die über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung haben:
Das FG ist davon ausgegangen, dass K in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Klägerin die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anwenden musste (§ 43 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung —GmbHG—). Die sich hieraus ergebende Sorgfaltspflicht hat es deshalb als verletzt angesehen, weil K ohne weitere Vorkehrungen einen sechswöchigen Urlaub angetreten hat, obwohl ihm das FA den alsbaldigen Erlass von Steuerbescheiden angekündigt hatte. Diese Beurteilung wird insoweit von der Rechtsprechung des BFH getragen, als hiernach ein Steuerpflichtiger vor Antritt einer längeren Reise Vorkehrungen für die Weiterleitung eingehender Bescheide treffen muss, wenn er mit solchen konkret rechnen muss (, BFHE 134, 388, BStBl II 1982, 165). Die Klägerin hat nicht aufgezeigt, dass sich in diesem Zusammenhang eine klärungsbedürftige Rechtsfrage stellt.
Sie meint vielmehr, dass die vorbezeichnete BFH-Rechtsprechung deshalb nicht einschlägig sei, weil das FA die sonstige die Klägerin betreffende Korrespondenz mit dem Steuerberater der Klägerin —und nicht mit dieser selbst— geführt habe. Das ist jedoch eine Besonderheit, die nur dann zur Annahme einer grundsätzlichen Bedeutung führen könnte, wenn eine solche Konstellation in einer Vielzahl von Fällen aufträte. Das hat die Klägerin nicht geltend gemacht oder gar näher erläutert. Statt dessen hat sie sich auf den nicht näher substantiierten Vortrag beschränkt, die Frage nach den Anforderungen an das Verhalten eines Geschäftsführers einer GmbH ohne eigenständige Organisation habe grundsätzliche Bedeutung. Damit zielt sie an der Argumentation des FG vorbei. Abgesehen davon hat sie auch die grundsätzliche Bedeutung der von ihr bezeichneten Frage nicht dargelegt, sondern letztlich nur behauptet, was den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO nicht genügt (Senatsbeschluss vom I B 161/98, BFH/NV 2000, 717; Gräber/ Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 61).
3. Zur Darlegung einer Divergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO a.F. ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH erforderlich, dass der Beschwerdeführer einen das FG-Urteil tragenden abstrakten Rechtssatz formuliert und diesen einem ebenfalls tragenden Rechtssatz aus einer Entscheidung des BFH oder des BVerfG so gegenüberstellt, dass die Abweichung erkennbar wird (BFH-Beschlüsse vom V B 184/99, BFH/NV 2000, 1223; vom VIII B 52/99, BFH/NV 2000, 1487; vom III B 32/00, BFH/NV 2001, 45). Dem genügt der Vortrag der Klägerin ebenfalls nicht. Die Klägerin hat zwar zwei Entscheidungen des BFH (Urteile in BFHE 134, 388, BStBl II 1982, 165; vom I R 39/90, BFH/NV 1992, 146) als (angebliche) Divergenzentscheidungen benannt. Sie hat jedoch keinen Rechtssatz formuliert, der ihrer Ansicht nach dem angefochtenen Urteil zugrunde liegt und einem in jenen Entscheidungen aufgestellten Rechtssatz widerstreitet. Das wäre umso mehr erforderlich gewesen, als das FG seiner Entscheidung die von der Klägerin zitierte BFH-Rechtsprechung zugrunde gelegt hat. Vor diesem Hintergrund macht die Klägerin mit ihrem Vortrag, das FG habe gegen die Entscheidungen des BFH ”verstoßen”, allenfalls eine unrichtige Umsetzung der höchstrichterlichen Rechtsprechung durch das FG geltend. Das reicht zur Bezeichnung einer Divergenz nicht aus (BFH-Beschlüsse vom I B 121/99, BFH/NV 2000, 1477; vom III B 18/00, BFH/NV 2001, 59).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2001 S. 1221 Nr. 10
TAAAA-66640