Bewerber trägt materielle Beweislast für gesundheitliche Eignung
Gesetze: § 9 S 1 BBG, Art 33 Abs 2 GG
Gründe
I
1Der Antragsteller begehrt die Einstellung in den mittleren nichttechnischen Verwaltungsdienst im Bundesnachrichtendienst (BND).
2Der Antragsteller wurde zum Auswahlverfahren für den Laufbahnlehrgang zugelassen und nahm hieran erfolgreich teil. Aufgrund der erzielten Platzziffer teilte ihm die Antragsgegnerin mit, zu einer Einstellung zum könne er nur vorgeschlagen werden, wenn ein vor ihm platzierter Bewerber ausfalle. Gleichzeitig bat die Antragsgegnerin den Antragsteller, eine Untersuchung beim Amtsarzt zu vereinbaren und wies darauf hin, dass ohne positives Ergebnis dieser Untersuchung die Bewerbung nicht weiterbearbeitet werden könne.
3In dem vom Gesundheitsamt daraufhin vorgelegten Gesundheitszeugnis vom wird ausgeführt, unter Bezugnahme auf Anamnese, ältere und aktuelle Untersuchungsbefunde hätten sich beim Antragsteller rezidivierende Gesundheitsstörungen und eine aktuell in Abklärung befindliche weitere Gesundheitsstörung gezeigt. Aus amtsärztlicher Sicht könne nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine vorzeitige Dienstunfähigkeit und/oder gehäufte bzw. längere Ausfallzeiten ausgeschlossen werden.
4Mit Schreiben vom teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass er für die Laufbahnausbildung des mittleren Dienstes im Bundesnachrichtendienst nicht mehr berücksichtigt werden könne. Gleichzeitig kündigte sie das seit bestehende privatrechtliche Arbeitsverhältnis - u.a. wegen erheblicher krankheitsbedingter Fehlzeiten - während der Probezeit zum .
5Unabhängig hiervon hat die Antragsgegnerin weitere Schritte zur Aufklärung des Gesundheitszustands des Antragstellers unternommen. Mit Schreiben vom hat sie das Gesundheitsamt darauf hingewiesen, dass die Formulierung nicht dem aktuellen Maßstab der Rechtsprechung zur Feststellung der gesundheitlichen Eignung entspreche, und um Klarstellung gebeten. Daraufhin ergänzte der Amtsarzt seine Feststellungen mit Schreiben vom : Der Nachweis der gesundheitlichen Eignung zur Übernahme in das Beamtenverhältnis habe nicht erbracht werden können. Der Antragsteller leide seit dem Jugendalter an einer rezidivierenden psychischen Störung, die zu intensiven Therapien und Reha-Maßnahmen geführt habe. Eine weitere Abklärung sei trotz intensiver Bemühungen nicht gelungen. Der Antragsteller habe sich zur Abklärung einer internistischen/infektiologischen Störung eines zentralen Stoffwechselorgans zu Kontrolluntersuchungen mehrfach in einem Universitätsklinikum befunden. Trotz mehrfacher Aufforderungen seien von dort aber stets nur nicht unterschriebene, als Entwurf bzw. vorläufiger Arztbrief gekennzeichnete Stellungnahmen vorgelegt worden. Mit Schreiben vom bat die Antragsgegnerin das am Wohnsitz des Antragstellers gelegene Gesundheitsamt um erneute amtsärztliche Untersuchung.
6Am hat der Antragsteller unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Da es Absagen vor ihm platzierter Bewerber gegeben habe, müsse er als erster Nachrücker Berücksichtigung finden. Im Oktober 2016 habe eine Leberuntersuchung in der Universitätsklinik stattgefunden. Die positiven Ergebnisse habe das Gesundheitsamt in der ersten Kalenderwoche 2017 erhalten. Eine positive Gesundheitsprognose liege damit vor.
7Der Antragsteller beantragt,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragsteller sofort zur Einstellung für die Laufbahnausbildung des mittleren nichttechnischen Verwaltungsdienstes im Bundesnachrichtendienst vorläufig zuzulassen.
8Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
9An der gesundheitlichen Eignung des Antragstellers bestünden erhebliche Zweifel. Nach gegenwärtigem Stand sei mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Antragsteller vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze dienstunfähig werde. Man habe zur weiteren Aufklärung das Gesundheitsamt aber um eine zweite Begutachtung gebeten. Sobald diese vorliege, werde die Antragsgegnerin die gesundheitliche Eignung beurteilen. Unabhängig hiervon bestehe kein Einstellungsanspruch. Aufgrund der diagnostizierten rezidivierenden psychischen Störung und dem beobachteten Verhalten des Antragstellers fehle es an der sicherheitsrechtlichen Eignung des Antragstellers. Eine wiederkehrende psychische Störung spreche auch dann gegen die Annahme der sicherheitsrechtlichen Eignung für eine Tätigkeit beim BND, wenn der Antragsteller gegenwärtig in erfolgreicher Behandlung sein sollte.
II
10Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, über den das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 123 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO zu entscheiden hat, ist unbegründet. Dem Antragsteller steht zwar ein Anordnungsgrund für sein Begehren zur Seite, weil die Teilnahme an der Laufbahnausbildung durch fortschreitenden Zeitablauf unmöglich wird. Der Antragsteller hat aber keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
111. Die vom Antragsteller begehrte Einstellung in den Vorbereitungsdienst für den mittleren nichttechnischen Verwaltungsdienst im BND setzt die Ernennung zum Beamten auf Widerruf voraus (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 und § 6 Abs. 4 Nr. 1 BBG, § 11 Satz 1 BLV). Der Antragsteller muss daher über die Eignung für die angestrebte Laufbahn verfügen (§ 9 Satz 1 BBG, Art. 33 Abs. 2 GG). Geeignet in diesem Sinne ist nur, wer dem angestrebten Amt in körperlicher, psychischer und charakterlicher Hinsicht gewachsen ist ( - BVerfGE 92, 140 <151>). Bei der von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Eignungsbeurteilung hat der Dienstherr immer auch eine Entscheidung darüber zu treffen, ob der Bewerber den Anforderungen des jeweiligen Amtes in gesundheitlicher Hinsicht entspricht ( - BVerfGK 14, 492 <496>). Ist nach der körperlichen oder psychischen Konstitution eines Bewerbers die gesundheitliche Eignung nicht gegeben, kann er unabhängig von seiner fachlichen Eignung nicht verbeamtet werden ( 2 C 12.11 - BVerwGE 147, 244 Rn. 10).
12Das Vorliegen der erforderlichen Eignung ist damit eine Einstellungsvoraussetzung. Ist ein Bewerber nicht geeignet, kann er nicht in das Beamtenverhältnis berufen werden ( 2 C 79.59 - BVerwGE 11, 139 <141>). Auch das aus Art. 33 Abs. 2 GG folgende Recht auf Zugang zu einem öffentlichen Amt setzt voraus, dass der Bewerber die tatbestandlichen Voraussetzungen des grundrechtsgleichen Rechts - und damit auch die Eignung für das angestrebte Amt - erfüllt. Selbst ein ausgewählter Bewerber kann nicht ernannt werden, wenn sich nachträglich Zweifel an seiner gesundheitlichen Eignung ergeben ( - ZBR 1983, 336 <338>) oder zwischenzeitlich die Einstellungshöchstaltersgrenze überschritten worden ist ( 2 B 113.11 - DÖD 2012, 104 <105>).
13Der Einstellungsbewerber trägt daher die materielle Beweislast für die erforderliche Eignung ( 2 A 2.16 - NVwZ 2017, 232 Rn. 30). Er ist - anders als im Falle der Feststellung einer Dienstunfähigkeit von bereits ernannten Beamten (vgl. 2 C 22.13 - BVerwGE 150, 1 Rn. 9) oder der hierauf Bezug nehmenden Entlassung eines Beamten auf Probe nach § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BBG (vgl. 2 C 16.12 - BVerwGE 148, 204 Rn. 40) - mit dem Risiko der Nichterweislichkeit seiner gesundheitlichen Eignung belastet.
14Anderes folgt auch nicht aus dem 2 C 12.11 - (BVerwGE 147, 244 Rn. 21). Die vom Senat dort geforderte überwiegende Wahrscheinlichkeit des Eintritts einer Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze bezieht sich auf Bewerber, deren gesundheitliche Eignung im Zeitpunkt der Einstellungsuntersuchung vorhanden ist, und trägt den Schwierigkeiten prognostischer Einschätzungen künftiger Entwicklungen Rechnung. Auch diese Fallkonstellation setzt damit eine zunächst vorhandene bzw. aktuelle gesundheitliche Eignung des Bewerbers gerade voraus.
152. Angesichts der Feststellungen des Gesundheitsamts ist die Antragsgegnerin in nicht zu beanstandender Weise von Zweifeln an der gesundheitlichen Eignung des Antragstellers ausgegangen. Aus dem Attest des Hausarztes vom ergibt sich schon deshalb nichts anderes, weil die Bescheinigung sich nicht auf die psychische Erkrankung des Antragstellers bezieht. Weitergehende Feststellungen zu seiner gesundheitlichen Eignung - etwa durch Vorlage der Berichte aus der Behandlung im Universitätsklinikum - hat der Antragsteller auch im gerichtlichen Verfahren nicht glaubhaft gemacht. Im gegenwärtigen Zeitpunkt kann eine positive Eignungsfeststellung daher nicht erfolgen.
16Um die Möglichkeit einer Einstellung zu einem späteren Zeitpunkt zu gewährleisten, sind daher weitere Feststellungen zum Gesundheitszustand des Antragstellers erforderlich. Um diese hat sich die Antragsgegnerin in nicht zu beanstandender Weise bemüht.
17Unabhängig hiervon zählt auch die sicherheitsrechtliche Eignung zu den Einstellungsvoraussetzungen für die vom Antragsteller begehrte Einstellung in den Vorbereitungsdienst für den mittleren nichttechnischen Verwaltungsdienst im BND (vgl. 2 A 9.14 - BVerwGE 153, 36 Rn. 10 f.; Urteil vom - 2 A 2.16 - NVwZ 2017, 232 Rn. 11 f.). Bei Annahme eines Sicherheitsrisikos im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 3 SÜG - das bereits vorliegt, wenn tatsächliche Anhaltspunkte Zweifel an dieser Eignung begründen - kann der Antragsteller daher nicht eingestellt werden. Auch dieses Eignungshindernis, für das der Antragsgegnerin ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist ( 2 A 9.14 - BVerwGE 153, 36 Rn. 21 ff.), hat der Antragsteller im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht entkräftet.
183. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 i.V.m. Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 GKG.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2017:110417B2VR2.17.0
Fundstelle(n):
IAAAG-47689