Bandenhandel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge: Versprechen der Beihilfe als Verabredung zum Verbrechen; Anforderungen an einen Bandenhandel
Gesetze: § 25 Abs 2 StGB, § 30 Abs 2 StGB, § 30 BtMG
Instanzenzug: LG Aurich Az: 13 KLs 8/15
Gründe
1Das Landgericht hat die Angeklagten wie folgt verurteilt:
- den Angeklagten F. wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, Verabredung zu einem Verbrechen in zwei Fällen sowie wegen Wohnungseinbruchdiebstahls unter Einbeziehung weiterer Strafen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten; außerdem hat es seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt und den Vorwegvollzug von einem Jahr und drei Monaten der Strafe angeordnet;
- die Angeklagte U. wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, Verabredung zu einem Verbrechen sowie wegen Hehlerei zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren;
- den Angeklagten M. wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, Verabredung zu einem Verbrechen in zwei Fällen sowie wegen Anstiftung zum Wohnungseinbruchdiebstahl zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten.
2Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten mit ihren auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen. Die Angeklagten U. und F. beanstanden daneben die Verletzung formellen Rechts.
3Die Verfahrensrügen sind aus den vom Generalbundesanwalt in den Antragsschriften ausgeführten Gründen unzulässig bzw. unbegründet. Mit den Sachrügen haben die Rechtsmittel hingegen den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
41. Im Fall B.VIII. der Urteilsgründe tragen die Feststellungen nicht die Verurteilung der Angeklagten U. wegen Verabredung zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge.
5a) Nach den vom Landgericht insoweit getroffenen Feststellungen verabredeten die drei Angeklagten, die gemeinsam Betäubungsmittelhandel betrieben und sich hierzu zu einer Bande zusammengeschlossen hatten, dem gesondert verfolgten A. Marihuana im Wert von 30.000 € aus den Niederlanden zu verschaffen. Der Angeklagte F. vergewisserte sich zunächst, ob A. tatsächlich über die Geldsumme verfügte. Dann organisierte er ein Treffen, an dem die drei Angeklagten und A. teilnahmen. Unmittelbar danach begab sich der Angeklagte M. zu seinem Fahrzeug und machte dort den A. mit einem K. bekannt, der als Kurier fungieren sollte. Dessen Beteiligung wurde von A. indes abgelehnt, da er schlechte Vorerfahrungen in der Zusammenarbeit mit K. hatte. Ob das Betäubungsmittelgeschäft schließlich zustande kam, konnte nicht geklärt werden. Den Ausführungen zur Beweiswürdigung lässt sich hinsichtlich des genannten Treffens konkretisierend entnehmen, dass der Angeklagte M. auf einem Parkplatz in ein von der Angeklagten U. gesteuertes Fahrzeug stieg, in dem auch der Angeklagte F. saß und an das A. herantrat, um sich mit den Personen im Fahrzeug zu unterhalten.
6b) Damit ist eine Verabredung der Angeklagten U. zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nicht belegt.
7aa) Die Strafbarkeit wegen Verabredung zu einem Verbrechen nach § 30 Abs. 2 StGB setzt die vom ernstlichen Willen getragene Einigung mehrerer Personen voraus, ein in Aussicht genommenes Verbrechen entweder selbst gemeinschaftlich ausführen oder einen anderen zu seiner Ausführung anstiften zu wollen. Das Versprechen einer Beihilfe zu der geplanten Tat genügt deshalb nicht (vgl. , NStZ 1982, 244; vom - 2 StR 165/08, BGHSt 53, 174, 176 mwN). Dies gilt auch dann, wenn es sich bei der in Aussicht genommenen Tat um ein Bandendelikt handelt. Denn der Zusammenschluss als Bande hat nicht zur Folge, dass jede von einem Bandenmitglied begangene Tat einem anderen Bandenmitglied ohne Weiteres als gemeinschaftlich begangene Tat im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet werden kann. Die Frage, ob die Beteiligung an einem Bandenhandel mit Betäubungsmitteln als Mittäterschaft oder Beihilfe zu werten ist, beurteilt sich vielmehr nach den allgemeinen Grundsätzen (, NStZ 2012, 517). Danach ist Mittäter im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB, wer einen eigenen Tatbeitrag leistet und diesen so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint. Zwar kann für die Einordnung als Mittäterschaft ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag ausreichen, der sich auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränkt. Stets muss sich die objektiv aus einem wesentlichen Tatbeitrag bestehende Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich Beteiligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen (, StraFo 2016, 392; st. Rspr.).
8bb) Hieran gemessen ergeben die Feststellungen nicht, dass sich die Angeklagte U. an dem verabredeten Betäubungsmittelgeschäft als Mittäterin beteiligen wollte. Das von der Angeklagten im Vorfeld der geplanten Tat gezeigte Verhalten genügt insoweit nicht. Der Beitrag der Angeklagten zur Vorbereitung des beabsichtigten Betäubungsmittelgeschäfts erschöpfte sich darin, den Angeklagten F. zu dem Treffen mit dem Angeklagten M. und dem gesondert verfolgten A. zu fahren und bei dem Gespräch auf dem Parkplatz zugegen zu sein. Das geringe Gewicht dieses Tatbeitrags könnte - wäre die Tat im Folgenden ausgeführt worden - auch unter Berücksichtigung ihres Interesses am Gelingen der Tat, das aus dem gemeinsamen "Wirtschaften" mit dem Angeklagten F. folgte, eine mittäterschaftliche Beteiligung an dem Betäubungsmittelhandel nicht begründen. Ob weitere Tatbeiträge zu dem geplanten Betäubungsmittelhandel mit der Angeklagten verabredet waren, bleibt offen.
9cc) Da nicht auszuschließen ist, dass in einer neuen Hauptverhandlung über die bisherigen Feststellungen hinausgehende Umstände belegt werden können, die die Annahme rechtfertigen, die Angeklagte habe sich als Mittäterin an dem Bandenhandel beteiligen wollen, bedarf die Sache insoweit insgesamt neuer tatgerichtlicher Verhandlung und Entscheidung.
102. Im Fall B.IX. der Urteilsgründe belegen die Feststellungen nicht, dass sich die Angeklagten F. und U. wegen Bandenhandels mit Betäubungsmitteln strafbar gemacht haben.
11a) Nach den diesbezüglich getroffenen Feststellungen verkauften die Angeklagten F. und U. insgesamt 90 g Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 5,4 g THC an zwei Abnehmer auf Kommission. Wenige Tage später trieb die Angeklagte U. mit Wissen des Angeklagten F. das Geld ein.
12b) Dies trägt lediglich eine Verurteilung der Angeklagten wegen mittäterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, nicht dagegen wegen bandenmäßigen Betäubungsmittelhandels. Zwar hatte die von den beiden Angeklagten mit dem Angeklagten M. gegründete Bande nach den Feststellungen im Tatzeitraum noch Bestand. Daraus folgt aber nicht, dass jedes von einem Bandenmitglied getätigte Betäubungsmittelgeschäft einen Bandenhandel darstellt. Denn die Annahme einer Bandentat setzt neben einer ausdrücklich oder konkludent getroffenen Bandenabrede zwischen mindestens drei Personen voraus, dass der Täter die Tat gerade als Mitglied der Bande unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht. Die Einzeltat muss Ausfluss der Bandenabrede sein und darf nicht losgelöst davon ausschließlich im eigenen Interesse der jeweils unmittelbar Beteiligten ausgeführt werden (vgl. , StraFo 2011, 521 mwN).
13Damit genügt es für die Einordnung als Bandenhandel nicht, dass vorliegend zwei Bandenmitglieder Betäubungsmittel verkauften. Weitere Anhaltspunkte für einen spezifischen Bandenbezug der Tat ergeben die Feststellungen indes nicht. Ihnen ist vielmehr zu entnehmen, dass die Angeklagten F. und U. bereits im Vorfeld der Bandenabrede gemeinschaftlich Betäubungsmittelhandel trieben. Auch die gegenüber dem Angeklagten F. untergeordnete Stellung des Angeklagten M. sowie der Umstand, dass die Angeklagten U. und F. zusammen wirtschafteten, während der Angeklagte M. seine Einkünfte aus den Verkäufen nicht mit den anderen Bandenmitgliedern teilte, steht der Annahme entgegen, die Angeklagten hätten nach Gründung der Bande ausschließlich als Bandenmitglieder und nicht auch im eigenen Interesse der jeweils unmittelbar Beteiligten Betäubungsmittelhandel betrieben.
14c) Das Urteil ist deshalb auch insoweit aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
153. Der Wegfall der für die Fälle B.VIII. der Urteilsgründe gegen die Angeklagte U. und B.IX. der Urteilsgründe gegen die Angeklagten F. und U. verhängten Einzelstrafen zieht jeweils die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs nach sich. Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten F. in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) hat dagegen Bestand, da sie von dem aufgezeigten Rechtsfehler nicht betroffen ist. Allerdings kann aufgrund der Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs auch die Bestimmung der Dauer des gegen den Angeklagten F. angeordneten Vorwegvollzugs der Strafe vor der Maßregel nicht bestehen bleiben (§ 67 Abs. 2 Sätze 2 und 3 StGB).
164. Der Ausspruch über die gegen den Angeklagten M. verhängte Gesamtfreiheitsstrafe hat keinen Bestand, weil das Urteil insoweit einen unauflöslichen Widerspruch aufweist. Nach dem Urteilstenor ist der Angeklagte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten verurteilt worden. Den Urteilsgründen zufolge hat das Landgericht hingegen auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten erkannt. Worauf dieser Widerspruch beruht, ist dem Urteil nicht zu entnehmen. Um ein offenkundiges Schreibversehen, das eine Berichtigung zuließe, handelt es sich nicht, da die Strafzumessungsgründe keinen Anhalt dafür bieten, welche der beiden Gesamtstrafen die Strafkammer für angemessen erachtet hat. Das Urteil bedarf indes nicht der Aufhebung im Strafausspruch, da auszuschließen ist, dass das Tatgericht auf eine noch niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe als drei Jahre und sechs Monate erkannt hätte (vgl. , BGHR StPO § 260 Abs. 1 Urteilstenor 5; Urteil vom - 5 StR 174/13, NStZ 2014, 225). Der Senat setzt deshalb in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO die Gesamtstrafe auf diese Höhe fest und ändert den Urteilstenor entsprechend ab.
17Der geringe Erfolg des Rechtsmittels des Angeklagten M. lässt es nicht unbillig erscheinen, ihn mit den gesamten Kosten des Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO).
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2016:201016B3STR321.16.0
Fundstelle(n):
NAAAG-47336