Online-Nachricht - Mittwoch, 07.06.2017

Verfahrensrecht | Änderungsbefugnis wegen im Ausland erzielter Einkünfte (BFH)

Der BFH hat zum Verhältnis einer gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen zur Feststellung von dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünften sowie zum Merkmal der Tatsache i.S. von § 173 AO entschieden (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Streitig ist, ob das FA berechtigt war, einen bestandskräftigen Bescheid der Klägerin über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2005 gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO zu ändern und zugleich erstmals dem Progressionsvorbehalt unterliegende Einkünfte festzustellen: Die Klägerin, eine GbR mit Einkünften aus Übersetzertätigkeit, unterhielt neben ihrer deutschen Betriebsstätte eine weitere Betriebsstätte in Spanien. Den Gewinn aus ihrem einheitlichen Unternehmen ermittelte sie durch separate Betriebsstätten-Buchführungen. Den Gewinn aus der deutschen Betriebsstätte ermittelte sie durch Einnahmenüberschussrechnung, den Gewinn der spanischen Betriebsstätte durch Bestandsvergleich nach spanischem Recht. Aufzeichnungen darüber, wie sie die Betriebseinnahmen und -ausgaben den beiden Betriebsstätten zugerechnet hatte, führte sie nicht. Auch wurden die in der spanischen Betriebsstätte erzielten Einkünfte nicht in der Anlage AUS zu den Feststellungserklärungen der VZ 1999-2006 deklariert.

Das FA gelangte wegen des "nicht unbeträchtlichen Umfanges von Fremdleistungen" zu der Auffassung, dass die Tätigkeit der Klägerin als gewerblich zu beurteilen sei und erließ im Juli 2009 einen gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderten Bescheid für das Streitjahr über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen. Hier berücksichtigte es sowohl die auf die deutsche als auch auf die spanische Betriebsstätte entfallenden Gewinnanteile und stellte Einkünfte aus Gewerbebetrieb fest. Die Klägerin machte die Freistellung der spanischen Betriebsstättengewinne von der deutschen Besteuerung geltend. Zudem war sie der Auffassung, dass der bestandskräftige Feststellungsbescheid nicht mehr geändert werden könne.

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Liegen die Voraussetzungen für eine gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (§ 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO) und für eine Feststellung der steuerfreien, dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte (§ 180 Abs. 5 Nr. 1 AO) vor, können beide Feststellungen miteinander verbunden werden.

  • Eine Nachholung der Feststellung gemäß § 180 Abs. 5 Nr. 1 AO ist auch während des finanzgerichtlichen Verfahrens möglich.

  • Die konkrete Höhe der in einer deutschen Betriebsstätte erzielten Einnahmen sowie der Umstand, dass keine Aufzeichnungen vorhanden sind, die eine direkte Zuordnung von Einnahmen und Ausgaben einerseits zu der deutschen und anderseits zu der ausländischen Betriebsstätte ermöglichen, sind im Zusammenhang mit der gesonderten und einheitlichen Feststellung der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte Tatsachen i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO.

  • Verletzt das FA seine Aufklärungspflicht und der Steuerpflichtige die ihm obliegende Mitwirkungspflicht, steht der Änderung des Steuerbescheides gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO der Grundsatz von Treu und Glauben nur dann entgegen, wenn der Verstoß des FA die Pflichtverletzung des Steuerpflichtigen deutlich überwiegt.

  • Vorliegend war die Klägerin nicht nur verpflichtet, die in Spanien und Deutschland erzielten Einkünfte (auf der Grundlage entsprechender Aufzeichnungen) zutreffend auf die Betriebsstätten aufzuteilen und in ihrer Feststellungserklärung zutreffende Angaben zur Höhe der gesondert und einheitlich festzustellenden Besteuerungsgrundlagen (vgl. § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO) zu machen.

  • Sie war weiterhin verpflichtet, die in Deutschland nicht steuerpflichtigen Einkünfte aus der spanischen Betriebsstätte in der Anlage AUS zu erklären, was für die Klägerin aufgrund der Hinweise in der Anleitung zur Anlage AUS auch hinreichend erkennbar war.

  • Vor diesem Hintergrund ist die Würdigung des FG, der Pflichtverstoß des FA überwiege nicht in deutlichem Maße die der Klägerin anzulastende Mitwirkungspflichtverletzung, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
NWB OAAAG-46890