BAG Urteil v. - 7 AZR 236/15

Befristung - Altersgrenze 60. Lebensjahr - Wunsch des Arbeitnehmers

Gesetze: § 14 Abs 1 S 2 Nr 6 TzBfG, § 14 Abs 1 S 1 TzBfG

Instanzenzug: Az: 2 Ca 7128/13 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Az: 2 Sa 31/14 Urteilnachgehend Az: 1 BvR 1375/17 Nichtannahmebeschluss

Tatbestand

1Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung am geendet hat.

2Die 1953 geborene Klägerin war bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerinnen seit dem beschäftigt, zuletzt als Leiterin der Abteilung „Corporate Information Resources“. Das Arbeitsverhältnis beruhte zuletzt auf dem Arbeitsvertrag vom 30. Januar/, der unter Nr. 7. Bestimmungen zur Altersversorgung und unter Nr. 17. folgende Regelungen zur „Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ enthielt:

3Die Rechtsvorgängerin der Beklagten stellte die betriebliche Altersversorgung für die sog. „Leitenden Führungskräfte“ im Jahr 2003 um. Die neue betriebliche Altersversorgung („Pension Capital“) orientiert sich nicht mehr nur am Monatsgehalt der Beschäftigten. Sie sieht vielmehr vor, dass der Versorgungsbeitrag in Form von Kapitalbausteinen auf einem Versorgungskonto dokumentiert und im Versorgungsfall in verschiedenen Formen ausbezahlt werden kann. Die Beschäftigten erwerben einen Anspruch auf das Versorgungsguthaben als vorzeitige Altersleistung, wenn das Arbeitsverhältnis ab Vollendung des 60. Lebensjahrs vor Erreichen der festen Altersgrenze endet.

4Seit dem Jahr 2003 bot die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin den neu eingestellten und neu ernannten Leitenden Führungskräften grundsätzlich nur noch zum 60. Lebensjahr befristete Arbeitsverträge an. Den unbefristet beschäftigten Leitenden Führungskräften bot sie an, mit Vollendung des 60. Lebensjahrs auf der Grundlage eines sog. „Konzepts 60+“ aus dem Arbeitsverhältnis auszuscheiden. Im Dezember 2002 wurden die Leitenden Führungskräfte schriftlich über die Programme „Pension Capital“ und „Konzept 60+“ informiert. Mit Schreiben an die „Damen und Herren Leitende Führungskräfte der DAG“ vom August 2003 übersandte die Beklagte die Broschüre „Konzept 60+“. Darin heißt es ua.:

5Die Broschüre „Konzept 60+“ enthält auszugsweise folgende Informationen:

6Mit dem Schreiben vom August 2003 wurde der Klägerin auch das Angebot zur Änderung ihres Arbeitsvertrags vom übersandt. Dieses Angebot enthält folgende Bestimmungen:

7Im September 2005 erhielt die Klägerin eine E-Mail folgenden Inhalts:

8Am unterschrieb die Klägerin das Angebot der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom . Der Kapitalbetrag von 104.000,00 Euro wurde aufgrund des späteren Rentenbezugs durch die Anhebung des gesetzlichen Rentenalters auf 108.000,00 Euro erhöht.

9Mit der am beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am zugestellten Klage hat die Klägerin die Auffassung vertreten, die Änderungsvereinbarung, zumindest die in ihr enthaltene Befristung zum , sei unwirksam.

10Die Parteien hätten die im Arbeitsvertrag vom 30. Januar/ unter Nr. 17. vereinbarte Altersgrenze (Vollendung des 65. Lebensjahrs) nicht durch die Vereinbarung vom / unter Nr. 16. (Vollendung des 60. Lebensjahrs) abgeändert. Es sei unklar, welche Altersgrenze gelte. Diese Unklarheit über den Vertragsinhalt führe nach § 305c Abs. 1 BGB zur Unanwendbarkeit der Altersgrenze in der Änderungsvereinbarung. Die Änderungsvereinbarung sei außerdem mangels Beteiligung des Betriebsrats unwirksam. Bei der nachträglichen Befristung des Arbeitsverhältnisses handele es sich um eine Einstellung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG. Das Arbeitsverhältnis habe auch nach § 41 Satz 2 SGB VI nicht am geendet. Außerdem sei sie nach der Anhebung der gesetzlichen Regelaltersgrenze wegen Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 3 BGB „vorsorglich“ von der Änderungsvereinbarung zurückgetreten. Diese sei daher gegenstandslos.

11Jedenfalls sei die in dem Änderungsvertrag vereinbarte Befristung des Arbeitsverhältnisses zum unwirksam. Die Befristung des Arbeitsverhältnisses auf die Vollendung des 60. Lebensjahrs sei nicht nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG gerechtfertigt. Die Befristung entspreche insbesondere nicht ihrem Wunsch, sondern dem Wunsch der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin, die darauf hingewirkt habe, dass sie das Umstellungsangebot für Leitende Führungskräfte angenommen habe. Außerdem sei die Befristungsabrede intransparent iSv. § 307 Abs. 1 BGB.

12Die früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin, denen sie den Streit verkündet hat und die dem Rechtsstreit als Streithelfer auf Seiten der Klägerin beigetreten sind, haben die Auffassung vertreten, die Befristung sei wegen Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot wegen des Alters gemäß § 7 Abs. 2 AGG unwirksam.

13Die Klägerin hat zuletzt beantragt

14Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Änderungsvereinbarung sei wirksam. Sie sei als Aufhebungsvertrag zum auszulegen und unterliege deshalb nicht der Befristungskontrolle. Sollte es sich bei der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses um eine Befristung handeln, sei diese wirksam. Sie sei nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG gerechtfertigt. Die Änderungsvereinbarung beruhe letztlich auf dem Wunsch der Klägerin, nachdem sie über das „Konzept 60+“ informiert und aufgeklärt worden sei. Danach habe sie die freie Wahl zwischen der unveränderten Weiterbeschäftigung auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom 30. Januar/ bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs und der befristeten Weiterbeschäftigung zu den Bedingungen des „Konzepts 60+“ bis zur Vollendung des 60. Lebensjahrs gehabt und sich nach über zwei Jahren Bedenkzeit für die befristete Weiterbeschäftigung nach dem „Konzept 60+“ entschieden.

15Hilfsweise hat die Beklagte Widerklage auf Rückzahlung eines Bruttobetrags iHv. 125.280,00 Euro erhoben, den sie der Klägerin entsprechend der Vereinbarung vom nach dem gezahlt hatte.

16Die Beklagte hat hilfsweise beantragt,

17Die Klägerin hat beantragt, die Hilfswiderklage abzuweisen.

18Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte beim Landesarbeitsgericht keinen Erfolg. Mit der Revision verfolgt sie ihr Klagebegehren weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Gründe

19Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, zur Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung und zur Stattgabe der Befristungskontrollklage. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat nicht aufgrund der im Änderungsvertrag vom / vereinbarten Befristung am geendet. Über die Hilfswiderklage kann der Senat nicht abschließend entscheiden. Insoweit ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

20I. Der Klageantrag zu 1. ist nach der gebotenen Auslegung als kombinierte Befristungskontrollklage und allgemeine Feststellungsklage zulässig.

211. Bei dem Antrag festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristungsvereinbarung vom zum geendet hat, handelt es sich nicht nur um eine Befristungskontrollklage gemäß § 17 Satz 1 TzBfG, sondern auch um eine allgemeine Feststellungsklage iSv. § 256 Abs. 1 ZPO. Dies ergibt die Auslegung des Klagebegehrens unter Heranziehung der Klagebegründung sowie unter Berücksichtigung des Klageziels und der Interessenlage der Klägerin (vgl. zu einem solchen Antragsverständnis:  - Rn. 15; - 7 AZR 525/11 - Rn. 12, BAGE 145, 128; - 7 AZR 471/10 - Rn. 15; - 7 AZR 946/08 - Rn. 13).

22Die Klägerin hält die Befristung nicht nur wegen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot in § 307 Abs. 1 BGB, mangels eines sie rechtfertigenden Sachgrunds iSv. § 14 Abs. 1 TzBfG und einer Diskriminierung wegen des Alters nach § 7 Abs. 2 AGG für unwirksam, was mit einer Befristungskontrollklage geltend zu machen ist. Sie meint auch, die Befristungsabrede in der Änderungsvereinbarung vom / sei unklar und deshalb nicht Vertragsbestandteil geworden. Dies ist nicht Gegenstand einer Befristungskontrollklage, sondern einer allgemeinen Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO (vgl.  - Rn. 10, BAGE 126, 295). Gleiches gilt, soweit sich die Klägerin darauf beruft, die Änderungsvereinbarung sei mangels Zustimmung des Betriebsrats zu ihrer Einstellung nach § 99 Abs. 1 BetrVG nicht wirksam zustande gekommen und die Änderungsvereinbarung sei gegenstandslos geworden, da sie wegen einer Störung der Geschäftsgrundlage infolge der Anhebung der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung „vorsorglich“ von der Änderungsvereinbarung zurückgetreten sei. Auch soweit die Klägerin geltend macht, das Arbeitsverhältnis habe nach § 41 Satz 2 SGB VI nicht am geendet, ist dies nicht Gegenstand einer Befristungskontrollklage, sondern einer allgemeinen Feststellungsklage. Die Vorschrift verbietet zwar nicht die Vereinbarung einer vorgezogenen Altersgrenze, sondern ordnet nur ein späteres Ausscheiden an. Damit regelt diese Bestimmung jedoch keinen Unwirksamkeitsgrund, auf den § 17 Satz 1 TzBfG anzuwenden ist (vgl. APS/Backhaus 5. Aufl. TzBfG § 17 Rn. 13; ErfK/Müller-Glöge 17. Aufl. § 17 TzBfG Rn. 3; ErfK/Rolfs SGB VI § 41 Rn. 18 f.; Dörner Der befristete Arbeitsvertrag 2. Aufl. Rn. 805; offengelassen  - zu B I 1 der Gründe, BAGE 101, 70).

232. Mit diesem Inhalt ist der Klageantrag zu 1. zulässig. Dies gilt auch, soweit der Antrag als allgemeiner Feststellungsantrag zu verstehen ist. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben, da sich die Beklagte auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der in der Änderungsvereinbarung vereinbarten Befristung und damit auf deren Wirksamkeit beruft.

24II. Die Befristungskontrollklage ist begründet. Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis hat nicht aufgrund der in dem Änderungsvertrag vom / vereinbarten Altersgrenze am geendet. Die Parteien haben im Arbeitsvertrag vom 30. Januar/ unter Nr. 17. eine auf den Zeitpunkt des Erreichens der Regelaltersgrenze für den Bezug einer Rente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezogene Befristungsabrede getroffen. Das Merkmal „Vollendung des 65. Lebensjahrs“ ist als Beschreibung des Zeitpunkts zu verstehen, in dem die Klägerin nach ihrem Lebensalter zum Bezug einer Regelaltersrente berechtigt ist (vgl. zu diesem Verständnis  - Rn. 16 mwN). Zugunsten der Beklagten kann unterstellt werden, dass der Änderungsvertrag vom /, in dem die Parteien unter Nr. 16. die Vertragsbeendigung bei Vollendung des 60. Lebensjahrs der Klägerin, somit zum , vereinbart haben, wirksam zustande gekommen und nicht durch den „vorsorglichen“ Rücktritt der Klägerin wegen Störung der Geschäftsgrundlage gegenstandslos geworden ist. Denn die in dem Änderungsvertrag vereinbarte Befristung hat das Arbeitsverhältnis nicht am beendet. Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen ist die Befristung unwirksam. Sie ist nicht durch einen Sachgrund nach § 14 Abs. 1 TzBfG gerechtfertigt.

251. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass der Änderungsvertrag vom / der Befristungskontrolle unterliegt. Bei dem Änderungsvertrag handelt es sich nicht um einen Aufhebungsvertrag, sondern um eine Vereinbarung über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zur Vollendung des 60. Lebensjahrs der Klägerin.

26a) Ein Aufhebungsvertrag ist eine Vereinbarung über das vorzeitige Ausscheiden eines Arbeitnehmers aus einem Arbeitsverhältnis. Er ist seinem Regelungsgehalt nach auf eine alsbaldige Beendigung der arbeitsvertraglichen Beziehungen gerichtet. Das bringen die Parteien in der Regel durch die Wahl eines zeitnahen Beendigungszeitpunkts, der sich häufig an der jeweiligen Kündigungsfrist orientiert, und weitere Vereinbarungen über Rechte und Pflichten aus Anlass der vorzeitigen Vertragsbeendigung zum Ausdruck. Ein solcher auf die alsbaldige Beendigung eines Arbeitsverhältnisses gerichteter Aufhebungsvertrag ist nicht Gegenstand der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle. Für das Eingreifen der Befristungskontrolle ist nicht die von den Parteien gewählte Vertragsbezeichnung entscheidend, sondern der Regelungsgehalt der getroffenen Vereinbarung. Von einer befristeten Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ist auszugehen, wenn der von den Parteien gewählte Beendigungszeitpunkt die jeweilige Kündigungsfrist um ein Vielfaches überschreitet und es an weiteren Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses fehlt, wie sie im Aufhebungsvertrag regelmäßig getroffen werden. Dazu gehören insbesondere Freistellungen, Urlaubsregelungen, ggf. auch Abfindungen uä. ( - Rn. 16, BAGE 121, 257; - 7 AZR 48/99 - zu 2 und 3 der Gründe, BAGE 93, 162).

27b) Danach sind die Voraussetzungen eines Aufhebungsvertrags hier nicht erfüllt. Der Änderungsvertrag vom / ist nicht auf die alsbaldige Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichtet. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses knapp acht Jahre nach Abschluss des Änderungsvertrags überschreitet die in Nr. 17. Buchst. a des Arbeitsvertrags vom 30. Januar/ vereinbarte Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Halbjahresende um ein Vielfaches. Der Änderungsvertrag ist deshalb auf die befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gerichtet. Auf die darin vereinbarte Befristung finden die Vorschriften des TzBfG Anwendung. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bedarf die nachträgliche Befristung eines Arbeitsverhältnisses eines Sachgrunds (vgl.  - Rn. 28; - 7 AZR 40/14 - Rn. 19; - 7 AZR 1048/06 - Rn. 12; vgl. bereits vor Inkrafttreten des TzBfG: - 7 AZR 349/97 - zu II der Gründe, BAGE 89, 345; - 7 AZR 496/95 - zu I der Gründe, BAGE 82, 101).

282. Die im Änderungsvertrag vom / vereinbarte Befristung zum ist unwirksam.

29Die Befristung ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht durch in der Person der Klägerin liegende Gründe nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG gerechtfertigt. Sie beruht nicht auf dem Wunsch der Klägerin.

30a) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann der Wunsch des Arbeitnehmers nach einer nur zeitlich begrenzten Beschäftigung die Befristung eines Arbeitsvertrags nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG sachlich rechtfertigen. Allein aus dem durch Unterzeichnung des Arbeitsvertrags dokumentierten Einverständnis des Arbeitnehmers mit dem befristeten Vertragsschluss kann allerdings nicht auf einen entsprechenden Wunsch geschlossen werden, weil anderenfalls bei keiner Befristung eine Sachgrundkontrolle erforderlich wäre. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses müssen vielmehr objektive Anhaltspunkte vorliegen, aus denen ein Interesse des Arbeitnehmers gerade an einer befristeten Beschäftigung folgt. Solche objektiven Umstände können zB in familiären Verpflichtungen, noch nicht abgeschlossener Ausbildung oder einem Heimkehrwunsch eines ausländischen Arbeitnehmers liegen. Entscheidend ist, ob der Arbeitnehmer auch bei einem Angebot auf Abschluss eines unbefristeten Vertrags nur ein befristetes Arbeitsverhältnis vereinbart hätte ( - Rn. 36, BAGE 150, 366; - 7 AZR 115/04 - zu II 2 a aa der Gründe; - 7 AZR 241/01 - zu I 3 c der Gründe, BAGE 101, 262; - 7 AZR 909/95 - zu 3 der Gründe; - 7 AZR 316/84 - zu III 3 b der Gründe). Ein sachlicher Grund für die nachträgliche Befristung eines Arbeitsverhältnisses liegt nicht allein darin, dass der neue befristete Arbeitsvertrag für den Arbeitnehmer günstigere Arbeitsbedingungen vorsieht und der Arbeitnehmer zwischen diesem neuen Arbeitsvertrag und der unveränderten Fortsetzung seines bisherigen Arbeitsverhältnisses frei wählen konnte ( - zu III 3 der Gründe, BAGE 89, 345).

31b) Danach beruht die im Änderungsvertrag vom / vereinbarte Befristung zum nicht auf dem Wunsch der Klägerin.

32aa) Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, das bloße Einverständnis der Klägerin mit dem arbeitgeberseitigen Angebot des auf die Vollendung des 60. Lebensjahrs befristeten Änderungsvertrags lasse nicht darauf schließen, dass die Befristung dem Wunsch der Klägerin entspreche. Die Initiative zum Abschluss des Änderungsvertrags mit der auf das 60. Lebensjahr der Klägerin bezogenen Befristung ging nicht von der Klägerin, sondern von der Rechtsvorgängerin der Beklagten aus. Diese verfolgte damit das Ziel, die Arbeitsverhältnisse mit den Leitenden Führungskräften entsprechend der überwiegend in dem Unternehmen geübten Praxis generell mit der Vollendung des 60. Lebensjahrs zu beenden. Sie unterbreitete deshalb im Rahmen des „Konzepts 60+“ der Klägerin und allen damals bei ihr beschäftigten Leitenden Führungskräften das Angebot auf Abschluss eines zum 60. Lebensjahr befristeten Arbeitsvertrags, um Planungssicherheit zu erhalten. Aus diesen Umständen ergibt sich, dass die Vereinbarung der Befristung in erster Linie im Interesse der Beklagten lag.

33bb) Zu Unrecht hat das Landesarbeitsgericht aber angenommen, die in dem Änderungsvertrag vereinbarte Befristung des Arbeitsverhältnisses entspreche dennoch dem Wunsch der Klägerin, weil sie ihr Einverständnis mit dem Angebot der Arbeitgeberin erst nach einer Zeitspanne von über zwei Jahren erklärt habe, um die von der Rechtsvorgängerin der Beklagten angebotenen finanziellen Anreize einer vorzeitigen Vertragsbeendigung (Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung und Zahlung eines Einmalkapitals) in Anspruch nehmen zu können. Die am erklärte Zustimmung der Klägerin zu dem Änderungsangebot der Rechtsvorgängerin der Beklagten stelle zwar formal eine Annahme nach § 151 BGB dar. Eine Annahmeerklärung nach weit über zwei Jahren habe aber „einen anderen Charakter“. Je größer die zeitliche Distanz zwischen dem Angebot des Arbeitgebers und der Annahmeerklärung des Arbeitnehmers sei, desto weniger könne die Erklärung des Arbeitnehmers als bloße Reaktion auf das Arbeitgeberangebot verstanden werden. Aus der Reaktion werde eine Aktion. Die von außen unbeeinflusste Unterzeichnung des Änderungsangebots mit der Befristungsabrede könne als selbstbestimmter und eigenverantwortlicher Wunsch der Klägerin auf Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags iSd. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG verstanden werden.

34Mit dieser Würdigung hat das Landesarbeitsgericht verkannt, dass ein Wunsch des Arbeitnehmers an der Befristung seines Arbeitsverhältnisses iSd. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG nicht schon dann vorliegt, wenn er nach reiflicher Überlegung und ausführlicher Beratungsmöglichkeit das Angebot zum Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags annimmt. Die von der Rechtsvorgängerin der Beklagten eingeräumte lange Frist zur Annahme ihres Antrags ist nicht geeignet, die Befristung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG zu rechtfertigen. Die Länge der Frist ändert nichts daran, dass die Befristung in erster Linie im Interesse der Rechtsvorgängerin der Beklagten lag. Diese wollte aus Gründen der Planungssicherheit bis zum Klarheit darüber erlangen, ob die Befristungsabrede zustande kommt. Bis zu diesem Zeitpunkt sollte das „Konzept 60+“ realisiert werden. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass es gerade im Interesse der Klägerin lag, sich bereits zu diesem Zeitpunkt festzulegen, ob sie das Arbeitsverhältnis bis zur ursprünglich mit Arbeitsvertrag vom 30. Januar/ vereinbarten Altersgrenze fortführen oder von der Möglichkeit einer vorzeitigen Beendigung mit Erreichen des 60. Lebensjahrs auf der Grundlage des „Konzepts 60+“ Gebrauch machen wollte. Die Befristung entspricht auch nicht deshalb dem Wunsch der Klägerin, weil das die Befristung enthaltende Änderungsangebot der Beklagten mit finanziellen Vergünstigungen verbunden war. Allein die freie Wahlmöglichkeit des Arbeitnehmers, ein für ihn günstiges Vertragsänderungsangebot seines Arbeitgebers anzunehmen oder das Arbeitsverhältnis unverändert fortzusetzen, ist kein Sachgrund dafür, das geänderte Arbeitsverhältnis auch zu befristen ( - zu III 3 a der Gründe, BAGE 89, 345). Zwar sind die finanziellen Vergünstigungen, insbesondere die Ausgleichszahlung, untrennbar mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Vollendung des 60. Lebensjahrs verbunden. Die Befristung des Arbeitsvertrags auf die Vollendung des 60. Lebensjahrs würde jedoch nur dann auf dem Wunsch der Klägerin iSd. Rechtsprechung des Senats beruhen, wenn die Klägerin die Möglichkeit gehabt hätte, das Arbeitsverhältnis wie bisher fortzusetzen mit der Option, bereits mit Vollendung des 60. Lebensjahrs zu den Konditionen des „Konzepts 60+“ aus dem Arbeitsverhältnis auszuscheiden, und wenn sie sich dennoch für den Abschluss des Änderungsvertrags entschieden hätte.

353. Die angefochtene Entscheidung erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Die Befristung des Arbeitsvertrags zum ist nicht wegen Erreichens der in dem Änderungsvertrag vereinbarten Altersgrenze nach § 14 Abs. 1 TzBfG gerechtfertigt.

36a) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann eine mit Erreichen des Regelrentenalters verknüpfte Altersgrenzenregelung, die einzelvertraglich vereinbart ist oder kollektivrechtlich gilt, die Befristung des Arbeitsverhältnisses iSv. § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG sachlich rechtfertigen. Zwar verfolgt der Arbeitnehmer mit seinem Wunsch nach einer dauerhaften Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses über das Regelrentenalter hinaus legitime wirtschaftliche und ideelle Anliegen. Das Arbeitsverhältnis sichert seine wirtschaftliche Existenzgrundlage und bietet ihm die Möglichkeit beruflicher Selbstverwirklichung. Jedoch hat der Arbeitnehmer bei Erreichen der Regelaltersgrenze regelmäßig ein langes Berufsleben hinter sich. Daneben war er typischerweise von der Anwendung der Altersgrenzenregelung durch seinen Arbeitgeber selbst begünstigt, weil sich seine Einstellungs- und Aufstiegschancen durch das altersbedingte Ausscheiden anderer Arbeitnehmer verbessert haben. Demgegenüber steht das Bedürfnis des Arbeitgebers nach einer sachgerechten und berechenbaren Personal- und Nachwuchsplanung. Dessen Interessen überwiegen das Bestandsschutzinteresse des Arbeitnehmers, wenn dieser durch den Bezug einer Regelaltersrente wirtschaftlich abgesichert ist. Endet das Arbeitsverhältnis durch die vereinbarte Altersgrenze, verliert der Arbeitnehmer den Anspruch auf die Arbeitsvergütung, die ihm bisher zum Bestreiten seines Lebensunterhalts zur Verfügung gestanden hat. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer Altersgrenzenregelung ist unter Beachtung des Schutzzwecks des Art. 12 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich nur gerechtfertigt, wenn an die Stelle der Arbeitsvergütung die Möglichkeit eines dauerhaften Bezugs von Leistungen aus einer Altersversorgung tritt. Die Anbindung an eine rentenrechtliche Versorgung bei Ausscheiden durch eine Altersgrenze ist damit Bestandteil des Sachgrunds. Die Wirksamkeit der Befristung ist allerdings nicht von der konkreten wirtschaftlichen Absicherung des Arbeitnehmers bei Erreichen der Altersgrenze abhängig (vgl.  - Rn. 26; - 1 AZR 853/13 - Rn. 15, BAGE 153, 46; - 7 AZR 17/13 - Rn. 25, BAGE 150, 366; - 7 AZR 917/11 - Rn. 23 mwN; - 1 AZR 417/12 - Rn. 27 und 30 f.; - 7 AZR 443/04 - zu 2 c cc der Gründe, BAGE 115, 265).

37b) Es kann dahinstehen, ob nach diesen Grundsätzen Altersgrenzen, die die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor dem Erreichen der gesetzlichen Regelaltersgrenze vorsehen, ohne Hinzutreten besonderer Umstände sachlich gerechtfertigt sein können. Jedenfalls setzt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer Altersgrenzenregelung die Möglichkeit des Bezugs einer gesetzlichen Altersrente ab Erreichen der Altersgrenze voraus. Die für die sachliche Rechtfertigung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der Altersgrenze maßgebliche Absicherung des Arbeitnehmers durch eine gesetzliche Altersrente kann nicht durch eine Ausgleichszahlung des Arbeitgebers oder eine betriebliche Altersversorgung ersetzt werden (vgl. ErfK/Rolfs 17. Aufl. § 41 SGB VI Rn. 17 mwN).

38c) Danach ist die in dem Änderungsvertrag vom / vereinbarte Altersgrenzenregelung nicht nach § 14 Abs. 1 TzBfG gerechtfertigt. Nach dem Änderungsvertrag soll das Arbeitsverhältnis nicht - wie nach der ursprünglichen Regelung in Nr. 17. Buchst. c des Arbeitsvertrags vom 30. Januar/ - mit Erreichen des gesetzlichen Regelrentenalters enden, sondern bereits mit Vollendung des 60. Lebensjahrs der Klägerin. Bei Vertragsschluss konnte nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin bei Vollendung des 60. Lebensjahrs eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen konnte.

39III. Der Klageantrag zu 2., mit dem die Klägerin nach der Klagebegründung ihre vorläufige Weiterbeschäftigung verlangt, fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an, da der Rechtsstreit hinsichtlich des Befristungskontrollantrags mit der Entscheidung des Senats rechtskräftig abgeschlossen ist.

40IV. Im Hinblick auf die von der Beklagten erhobene Hilfswiderklage, mit der sie die Rückerstattung der der Klägerin aufgrund des Änderungsvertrags vom / gewährten Zahlung iHv. 125.280,00 Euro nebst Zinsen verlangt, ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

411. Die hilfsweise für den Fall des Unterliegens in Bezug auf die Befristungskontrollklage erhobene Widerklage der Beklagten fällt dem Senat zur Entscheidung an. Über eine Hilfswiderklage ist in der Revisionsinstanz zu befinden, wenn die Klage vom Berufungsgericht abgewiesen worden ist, eine Entscheidung über die Hilfswiderklage der beklagten Partei deshalb nicht erforderlich war und die Klagepartei die Klageabweisung mit der Revision erfolgreich angreift. Die Klagepartei hat nicht die Möglichkeit, durch ein von ihr eingelegtes Rechtsmittel ein von der beklagten Partei zulässigerweise in das Verfahren eingeführtes Widerklagebegehren, über das nicht entschieden zu werden brauchte, zu beschränken (vgl.  - zu II 1 der Gründe).

422. Der Senat kann über die Hilfswiderklage jedoch nicht entscheiden, da das Landesarbeitsgericht die für den Rückerstattungsanspruch erforderlichen Tatsachen bisher nicht festgestellt hat. Die Sache ist daher insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2017:180117.U.7AZR236.15.0

Fundstelle(n):
BB 2017 S. 1461 Nr. 25
DStR 2017 S. 14 Nr. 28
XAAAG-46780