BFH Beschluss v. - XI B 157/00

Gründe

I. Mit Beschluss vom hatte das Finanzgericht (FG) den Antrag des Antragstellers und Beschwerdeführers (Antragsteller) auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) des Einkommensteuerbescheides 1992 zurückgewiesen. Mit Schriftsatz vom beantragte der Antragsteller erneut AdV. Das FG wies den Antrag wiederum zurück. In Bezug auf die Einkommensteuer 1992 seien die Voraussetzungen des § 69 Abs. 6 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht gegeben.

Mit der Beschwerde macht der Antragsteller geltend:

Das FG habe den Beweiswert der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung nicht gewürdigt. Es habe mit dem angefochtenen Beschluss erneut den verfassungsrechtlichen Grundsatz des rechtlichen Gehörs verletzt; es habe die eidesstattliche Versicherung des Steuerberaters L nicht berücksichtigt, da diese Versicherung auch schon in den vorhergehenden Verfahren hätte vorgelegt werden können. Ein Vortrag, selbst wenn er verspätet wäre, könne nur bei offenbarem Missbrauch und bei beabsichtigter Prozessverschleppung zurückgewiesen werden (, BFH/NV 1986, 674). Davon könne keine Rede sein. Unter Berücksichtigung dieser Versicherung sei nun klar, dass Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Einkommensteuerbescheides bestünden.

Das FG unterstelle Sachverhalte, die nicht vorgetragen seien und sich auch aus sonstigen Indizien nicht ergäben. Der Beschluss des FG sei greifbar gesetzeswidrig.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides 1992 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom in Höhe von ... DM auszusetzen.

Gegen die Beschlüsse des ..., vom …und vom …hatte der Antragsteller mit Schriftsatz vom Verfassungsbeschwerde erhoben. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nahm die Beschwerde mit Beschluss vom 2 BvR 1041/00 (NV) nicht zur Entscheidung an. Die Verfassungsbeschwerde werfe keine grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Fragen auf. Soweit der Antragsteller die Verletzung rechtlichen Gehörs geltend mache, hätte er zunächst nochmals einen Antrag gemäß § 69 Abs. 6 Satz 2 FGO stellen müssen. Soweit der Antragsteller geltend gemacht habe, dass es sich um Willkürentscheidungen handele, hätte er eine außerordentliche Beschwerde einlegen müssen, die vom BFH in Fällen einer ”greifbaren Gesetzesverletzung” als statthaft angesehen werde. Im Übrigen ergäben sich keine Anhaltspunkte, dass das FG die Rechtsgrundsätze des § 69 Abs. 3 FGO verkannt habe, noch dafür, dass das Gericht bei seiner Entscheidungsfindung von einem im Widerspruch zum Vortrag des Antragstellers stehenden Sachverhalt ausgegangen sei. Vielmehr habe das FG den Sachvortrag des Antragstellers einer verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden eigenen Gesamtwürdigung unterzogen.

II. 1. Die Beschwerde gegen den Beschluss nach § 69 Abs. 3 FGO ist gemäß § 128 Abs. 3 FGO nicht statthaft. Das FG hat die Beschwerde nicht zugelassen.

2. Auch als außerordentliche Beschwerde ist das Rechtsmittel nicht statthaft (zu diesem Rechtsmittel vgl. BFH-Beschlüsse vom VI B 20/99, BFH/NV 2000, 60; vom IV B 146/99, BFH/NV 2000, 413; vom VI B 218/99, BFH/NV 2000, 481; vom XI B 24/00, BFH/NV 2001, 51; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., 1997, Rz. 28 Vor § 115, § 128 Rz. 3a). Die Statthaftigkeit eines solchen in der FGO nicht vorgesehenen ”Ausnahme-Rechtsmittels” hat die Rechtsprechung allenfalls für Sonderfälle greifbarer Gesetzeswidrigkeit in Erwägung gezogen, d.h. für Fälle, in denen die erstinstanzliche Entscheidung jeglicher Grundlage entbehrt und sie damit eine nicht hinzunehmende Gesetzeswidrigkeit zur Folge hat (, BFH/NV 1992, 509). Die erstinstanzliche Entscheidung muss demgemäß unter schwerwiegender Verletzung von Verfahrensvorschriften zustande gekommen sein oder auf einer Gesetzesauslegung beruhen, die offensichtlich dem Wortlaut und dem Zweck des Gesetzes widerspricht und die eine Gesetzesanwendung zur Folge hat, die durch das Gesetz ersichtlich ausgeschlossen werden sollte (, BFH/NV 1995, 791, m.w.N.).

Ein solcher Sonderfall liegt hier nicht vor. Die Entscheidung des FG beruht weder auf einer schwerwiegenden Verletzung von Verfahrensvorschriften noch auf einer offensichtlich rechtswidrigen Gesetzesauslegung. Das FG hat zu Recht darauf hingewiesen, dass gemäß § 69 Abs. 6 Satz 2 FGO die Änderung eines Beschlusses nur wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände erwirkt werden kann. Das vom Antragsteller angeführte Urteil in BFH/NV 1986, 674 ist nicht einschlägig. Die Beurteilung des FG, dass die eidesstattliche Versicherung des Steuerberaters L schon im Zuge des vorhergehenden AdV-Verfahrens hätte vorgelegt werden können, ist nicht zu beanstanden.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2001 S. 1033 Nr. 8
OAAAA-66539