Online-Nachricht - Donnerstag, 01.06.2017

Einkommensteuer | Fünftelregelung für Abfindungszahlung (FG)

Die sog. Fünftelregelung gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 24 Nr. 1 EStG ist auch auf eine Abfindungszahlung anwendbar, die der Steuerpflichtige in Folge eines Aufhebungsvertrags erhält, der auf seine eigene Initiative hin geschlossen wurde (; Revision anhängig).

Hintergrund: Bei Arbeitnehmern wendet die Rechtsprechung des BFH § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG bereits dann an, wenn die Zahlung unmittelbar durch den Verlust von steuerbaren Einnahmen veranlasst und dazu bestimmt ist, diesen Verlust auszugleichen. Sie muss außerdem auf einer neuen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage beruhen. Hinzukommen muss weiterhin, dass es sich um ein „besonderes Ereignis“ handelt. Ein „besonderes Ereignis“ ist schon dann anzunehmen, wenn die Beendigung oder Änderung des Vertrags vom Arbeitgeber ausgeht oder wenn der Arbeitnehmer beim Abschluss einer Aufhebungs- oder Änderungsvereinbarung unter einem nicht unerheblichen rechtlichen, wirtschaftlichen oder tatsächlichen Druck oder zumindest in einer Konfliktlage zur Vermeidung von Streitigkeiten gehandelt hat. Der Steuerpflichtige darf das schadenstiftende Ereignis nicht aus eigenem Antrieb herbeigeführt haben.

Sachverhalt: Der Kläger war als Verwaltungsangestellter bei der Stadt beschäftigt. Ab dem bezog er Renteneinkünfte. Grundlage für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers war ein Auflösungsvertrag, demzufolge das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des im gegenseitigen Einvernehmen beendet werde. Der Kläger sollte zum Zeitpunkt seines Ausscheidens eine Abfindung erhalten. Für das Jahr 2013 beantragte der Kläger, den Abfindungsbetrag dem ermäßigten Steuersatz gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 2 EStG, der sog. Fünftel-Regelung, zu unterwerfen. Das FA folgte dem nicht und veranlagte den Kläger, ohne den ermäßigten Steuersatz anzuwenden.

Hierzu führte das FG Münster weiter aus:

  • Unter Berücksichtigung der Kriterien des § 24 Nr. 1 a EStG stellt die von der Stadt an den Kläger gezahlte Abfindung eine Entschädigung i.S.v. § 24 Nr. 1 a EStG dar.

  • Durch den Abschluss des Auflösungsvertrages erlitt der Kläger einen Schaden in Form des Wegfalls seiner Bezüge aus dem Anstellungsvertrag. Die Abfindungszahlung war unmittelbar zum Ausgleich dieses Schadens bestimmt. Neue Rechtsgrundlage für die Abfindung war der Auflösungsvertrag. Der Kläger stand bei dem Abschluss des Auflösungsvertrages auch unter dem von der BFH-Rechtsprechung geforderten nicht unerheblichen tatsächlichen Druck, denn er handelte in einer Konfliktlage zur Vermeidung von Streitigkeiten über die weitere Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses und über die von ihm begehrte Höhergruppierung.

  • Der Anwendung des § 24 Nr. 1 a EStG steht dabei nicht entgegen, dass der Kläger auf die Stadt zugegangen war und den Abschluss eines Auflösungsvertrages mit Abfindungsregelung eingefordert hatte. Für die Annahme einer Konfliktsituation muss es ausreichen, dass überhaupt eine gegensätzliche Interessenlage zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestand, beide Konfliktparteien zur Entstehung des Konflikts beigetragen haben und die Parteien den Konflikt im Konsens lösen. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt.

  • Die an den Kläger gezahlte Abfindung führt auch zu einer Zusammenballung von Einkünften i.S.v. § 34 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 EStG. Von einer Zusammenballung von Einkünften ist auszugehen, wenn der Steuerpflichtige infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in dem jeweiligen VZ einschließlich der Entschädigung insgesamt mehr erhält, als er bei ungestörter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erhalten hätte.

Hinweise:

Der Volltext des Urteils ist auf der Homepage des FG Münster verfügbar. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.

Die Revision (BFH-Az. IX R 16/17) wurde zugelassen, da nicht abschließend geklärt ist, welche Anforderungen an eine Konfliktlage, die als „besonderes Ereignis“ im Sinne der Rechtsprechung des BFH zur Annahme einer Entschädigung i.S.v. § 24 Nr. 1 a EStG führt, zu stellen sind, insbesondere, ob hierfür das Bestehen einer gegensätzlichen Interessenlage zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, zu deren Entstehung beide Konfliktparteien beigetragen haben und die im Konsens gelöst wird, ausreicht, ohne dass es auf das Gewicht und den Zeitpunkt der jeweiligen Verursachungsbeiträge für die Entstehung der Konfliktlage ankommt.

Quelle: FG Münster online (Sc)

Fundstelle(n):
NWB NAAAG-46500