BAG Urteil v. - 4 AZR 128/15

Instanzenzug: ArbG Frankfurt Az: 15 Ca 421/13 Urteilvorgehend Hessisches Landesarbeitsgericht Az: 5 Sa 1455/13 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin und daraus resultierende Vergütungsdifferenzen.

2Die Beklagte ist eine Hotelbetriebsgesellschaft, die in F ein Hotel mit einem großen Bankett- und Veranstaltungsbereich nebst Restaurant unterhält. Sie ist Mitglied im Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA Hessen e. V.

3Die Klägerin, die Mitglied der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) ist, ist nach einer Vorbeschäftigung jedenfalls seit dem bei der Beklagten als sogenannte „F & B Waitress“ im Restaurant beschäftigt. Sie ist in dem ihr zugewiesenen Servicebereich im Wesentlichen für die Gästebetreuung einschließlich Eindecken, Nachdecken und Kassieren sowie die Abrechnung zum Schichtende zuständig. Zusätzlich obliegen ihr Hostessentätigkeiten wie das Buchen von Guest Checks, die Entgegennahme von Reservierungen und administrative Aufgaben. Die Beklagte zahlt dafür eine Vergütung gemäß der Bewertungsgruppe 5 des Entgelttarifvertrags für das Hotel- und Gaststättengewerbe des Landes Hessen (ETV) sowie eine übertarifliche Zulage.

4Mit Schreiben vom forderte die Klägerin die Beklagte unter Hinweis auf die aus ihrer Sicht zutreffende Eingruppierung in die Bewertungsgruppe 6.2 ETV vergeblich zur Zahlung von insgesamt 402,00 Euro brutto für die Monate Juli bis September 2012 auf.

5Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Entgeltdifferenzen für die Monate Juli bis Dezember 2012 nebst Zinsen sowie die Feststellung eines Vergütungsanspruchs gemäß der Bewertungsgruppe 6.2 ETV ab dem begehrt. Sie ist der Auffassung, dass die Eingruppierung in die Bewertungsgruppe 5 ETV bei ihrer Einstellung zwar korrekt gewesen sei, sie jedoch aufgrund der Dauer ihrer Tätigkeit spätestens mit Ablauf des Monats Januar 2010 in die Bewertungsgruppe 6.2 ETV hätte höhergruppiert werden müssen.

6Die Klägerin hat beantragt,

7Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags die Auffassung vertreten, für die Eingruppierung sei nur die ausgeübte Tätigkeit maßgeblich. Allein eine zweijährige Berufserfahrung führe noch nicht zu einer Höhergruppierung von der Bewertungsgruppe 5 in die Bewertungsgruppe 6 ETV. Vielmehr seien zusätzlich eine Änderung der Aufgaben sowie eine Steigerung der mit den ausgeübten Tätigkeiten verbundenen Wertigkeit notwendig. Die Bewertungsgruppen des Entgelttarifvertrags spiegelten den Willen der Tarifvertragsparteien wieder, die typische Berichtslinie in einem Hotel abzubilden.

8Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte weiterhin die Klageabweisung.

Gründe

9Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Unrecht zurückgewiesen. Die Klage ist unbegründet.

10A. Die Klage ist auch mit dem auf die begehrte Eingruppierung bezogenen Feststellungsantrag zu 2. zulässig. Dieser bedarf allerdings der Auslegung. Danach handelt es sich insoweit um eine typische Eingruppierungsfeststellungsklage. Dies hat auch das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

11Der Klageantrag zu 2. beinhaltet dem Wortlaut nach die Feststellung zweier Verpflichtungen der Beklagten. Der erste Teil des Antrags - Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, die Klägerin in die „Bewertungsgruppe 6.2 des Entgelttarifvertrages Hotel- und Gaststättengewerbe Hessen einzugruppieren“ - wäre als solcher unzulässig, weil es sich bei der Eingruppierung zunächst um einen rein geistigen Akt der wertenden Zuordnung einer bestimmten Tätigkeit zu einem Tätigkeitsmerkmal einer Vergütungsordnung handelt. Für die Feststellung einer entsprechenden Verpflichtung der Beklagten ist ein gesondertes Interesse iSv. § 256 Abs. 1 ZPO nicht erkennbar. Dieser Antragsteil ist jedoch lediglich als Begründungselement für den zweiten Teil des Antrags anzusehen (vgl. zur Auslegung eines ähnlichen Antrags  - Rn. 16; vgl. allg. zur Auslegung von Klageanträgen - 2 AZR 304/15 - Rn. 14 mwN, BAGE 154, 20; - 3 AZR 444/10 - Rn. 23, BAGE 143, 273; - 4 AZR 568/09 - Rn. 25 mwN), der als Eingruppierungsfeststellungsklage - auch in der Privatwirtschaft - ohne Weiteres zulässig ist (st. Rspr., siehe nur  - Rn. 10 mwN).

12B. Die Klage ist unbegründet. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist die Klägerin weder seit dem nach der Bewertungsgruppe 6.2 ETV zu vergüten noch hat sie für den Zeitraum von Juli bis Dezember 2012 Anspruch auf die geltend gemachte Differenz zwischen der Vergütung nach der Bewertungsgruppe 5 und der Bewertungsgruppe 6.2 ETV. Die Tätigkeit der Klägerin erfüllt nicht deren Anforderungen dieser Tarifgruppe.

13I. Der ETV findet aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit (§ 3 Abs. 1 TVG) auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung (§ 4 Abs. 1 TVG).

14II. Die für die Eingruppierung der Klägerin maßgebenden Regelungen lauten in den hier maßgebenden Fassungen des ETV vom sowie vom wie folgt:

15III. Danach ist die Klägerin nicht nach der Bewertungsgruppe 6.2 ETV zu vergüten, weil sie die Anforderungen deren Tätigkeitsmerkmals nicht erfüllt.

161. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist für die Eingruppierung einer Arbeitnehmerin in die Bewertungsgruppe 6 ETV in erster Linie deren Tätigkeit und nicht deren Beschäftigungszeit maßgebend. Das ergibt die Auslegung der entsprechenden Bestimmungen des ETV (zu den Kriterien der Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags vgl. etwa  - Rn. 19 ff., BAGE 150, 184; - 4 AZR 433/03 - zu I 1 b aa der Gründe, BAGE 111, 204).

17a) Tarifvertragsparteien sind bei der Vereinbarung von Kriterien für die Zuordnung von Tätigkeiten und/oder Arbeitnehmern zu bestimmten Entgeltgruppen ihres eigenen Vergütungsschemas weitgehend frei. In der Regel wird die jeweilige Tätigkeit der Arbeitnehmer tariflich bewertet. Es ist aber auch möglich und zulässig, stattdessen oder zusätzlich personenbezogene Anforderungen, wie Ausbildung, Beschäftigungszeit usw. heranzuziehen (vgl. die Beispiele bei Schaub/Treber ArbR-HdB 16. Aufl. § 64 Rn. 16).

18b) Die Tarifvertragsparteien des ETV haben vorrangig eine Bewertung der Tätigkeiten der betroffenen Beschäftigten gewählt. Es kann dahinstehen, ob die sich an einzelnen Stellen der Vergütungsordnung aufzufindenden eher personenbezogenen Merkmale eine zusätzliche Anforderung darstellen sollen. Ohne die Erfüllung der jeweiligen Anforderungen an die Tätigkeit ist das jeweilige Tätigkeitsmerkmal der Bewertungsgruppe unabhängig von etwaigen, ggf. zusätzlichen personellen Voraussetzungen jedenfalls nicht gegeben.

19aa) Der ETV enthält in § 4 die Grundsätze, die der Eingruppierung zugrunde liegen. Dabei ist allein die vom Arbeitnehmer ausgeübte Tätigkeit maßgebend (§ 4 Abs. 5 Unterabs. 1 ETV). Grundlage der Eingruppierung ist die „Zuordnung der verschiedenen Tätigkeiten“ (§ 4 Abs. 4 Unterabs. 1 ETV), die nicht durch die beruflichen Bezeichnungen der Arbeitnehmer, sondern durch „die Art der verrichteten Tätigkeit und die Anforderungen an die Arbeitnehmer“ (§ 4 Abs. 4 Unterabs. 4 ETV) gekennzeichnet sind. Ein und dieselbe Tätigkeit kann daher grundsätzlich nur einer Bewertungsgruppe zugeordnet werden, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes im ETV bestimmt ist.

20bb) Dies wird durch die tariflichen Verfahrensbestimmungen bestätigt. In § 4 Abs. 1 Unterabs. 2 ETV sind diejenigen Situationen benannt, in denen überhaupt eine Eingruppierung nach dem ETV erfolgt. Es sind dies - außer bei der Einführung des ETV - die Einstellung und sodann die Versetzung oder die wesentliche Änderung der Arbeitsinhalte. Eine Änderung der Eingruppierung außerhalb dieser Konstellationen, insbesondere bei einem bloßen Ablauf einer bestimmten Zeit der Beschäftigung ohne sonstige Änderung der Tätigkeit, ist nicht vorgesehen.

21cc) Eine Änderung des Entgelts nach dem bloßen Ablauf bestimmter Beschäftigungszeiten findet allerdings ausdrücklich dann statt, wenn in der Bewertungsgruppe 4 ETV (Angelernte Hilfskräfte) nach zwei, vier, fünf und sechs Jahren jeweils eine Höherstufung innerhalb der Bewertungsgruppe 4 ETV vorgenommen wird. Dies bestätigt das Grundprinzip, wonach bloße Beschäftigungszeiten bei der Eingruppierung außer Betracht bleiben, in zweifacher Hinsicht. Zum einen bezeichnet der hier vorgesehene „Zeitaufstieg“ keine Höhergruppierung im tariflichen Sinne, sondern lediglich eine Höherstufung innerhalb derselben Bewertungsgruppe. Die Tarifvertragsparteien waren sich danach einig, dass bei diesen Tätigkeiten keine höhere - abstrakte - tarifliche Bewertung erfolgt, auch wenn sie längere Zeit ausgeübt werden, sondern dass bei gleichbleibender Tätigkeit nach Ablauf bestimmter Zeitabschnitte lediglich ein höheres Entgelt als bisher gezahlt werden soll. Zum andern ergibt sich aus dieser ausdrücklichen Regelung einer Entgeltänderung aufgrund Zeitablaufs bei unveränderter Beschäftigung - ebenso wie bei § 5 Abs. 2 ETV (dazu sogleich) -, dass es sich dabei gerade nicht um ein ungeschriebenes Prinzip der Eingruppierung selbst handelt.

22dd) Wie der „Zeitaufstieg“ innerhalb der Bewertungsgruppe 4 ETV, so ist auch der zur Entgelterhöhung führende zeitliche Faktor innerhalb derjenigen tariflichen Bewertungsgruppen des ETV, die sog. „Aufstiegsgruppen“ vorsehen, ausdrücklich geregelt.

23(1) § 5 Abs. 2 ETV befasst sich mit den Tätigkeitsmerkmalen der Bewertungsgruppen 6 bis 10 ETV. Diesen ist gemeinsam, dass sie innerhalb einer tariflichen Bewertungsgruppe zwei Stufen vorsehen, von denen die erste mit der Bezeichnung „Aufstiegsgruppe“ (zB 6.1, 7.1 usw.) und die zweite mit der Bezeichnung „Endgruppe“ (zB 6.2, 7.2 usw.) versehen ist (§ 4 Abs. 6, § 5 Abs. 2 Eingangssätze ETV).

24(2) Die jeweilige Aufstiegsgruppe wird bei einer Neueinstellung erst nach 6-monatiger Betriebszugehörigkeit erreicht (§ 4 Abs. 6 Unterabs. 2 ETV). Wird ein Arbeitnehmer „mit Aufgaben betraut …, die einer höheren Tarifgruppe zuzuordnen sind“, dh. ändert sich seine Tätigkeit in dieser Weise, dann kann er in die Aufstiegsgruppe dieser Tarifgruppe eingruppiert werden (§ 4 Abs. 6 Unterabs. 1 ETV).

25(3) Die Zuordnung zur nächsthöheren Stufe innerhalb der Bewertungsgruppe, nämlich zur „Endgruppe“, erfolgt in der Regel nach „spätestens 12 Monaten“ (§ 4 Abs. 6 Unterabs. 1 ETV), also auch nach einer bestimmten Beschäftigungszeit innerhalb der Bewertungsgruppe.

26ee) Auch aus der tariflichen Zuweisung von bestimmten Tätigkeitsbeispielen zu den einzelnen Bewertungsgruppen ergibt sich die tätigkeitsbezogene Zuordnung in das Entgeltschema durch die Tarifvertragsparteien.

27(1) In der Regel liegt der ausdrücklichen Nennung von Tätigkeits-, Regel- oder Richtbeispielen zu bestimmten Entgeltgruppen die Einigkeit der Tarifvertragsparteien dahingehend zugrunde, dass bei der Ausübung der in diesen Beispielen genannten Tätigkeiten von der Erfüllung der abstrakten Anforderungen der jeweiligen Entgeltgruppe auszugehen ist. Den Gerichten für Arbeitssachen ist es in einem solchen Fall verwehrt, die Erfüllung der abstrakten Oberbegriffe der jeweiligen Entgeltgruppen eigenständig zu überprüfen, weil sie dadurch in die Tarifhoheit der Tarifvertragsparteien eingreifen würden ( - Rn. 16 mwN). Lediglich wenn ausdrücklich geregelt oder aus anderen Bestimmungen des Tarifvertrags zuverlässig zu entnehmen ist, dass diese Wirkung gerade nicht eintreten soll, sondern es auch bei Vorliegen eines Tätigkeitsbeispiels auf die Erfüllung der in den Oberbegriffen niedergelegten Merkmale ankommt, reicht die Ausübung einer in einem Tätigkeitsbeispiel genannten Aufgabe noch nicht aus (vgl. zB der ETV zur Systemgastronomie bei  -, in dem die Tarifvertragsparteien im Anschluss an die Tätigkeitsbeispiele der einzelnen Tarifgruppen angefügt haben: „… soweit die in der Überschrift/den Oberbegriffen … geforderten Voraussetzungen erfüllt sind“; vgl. auch zum TV ERA für die Metall- und ElektroIndustrie Thüringen - 4 ABR 32/14 - BAGE 154, 235).

28(2) Die im ETV zu den einzelnen Bewertungsgruppen genannten „Tätigkeitsbeispiele“ sind jedenfalls insofern von Bedeutung als sie den jeweiligen abstrakten Oberbegriffen weitgehend unterschiedliche konkrete Tätigkeiten zuordnen. Die Eingruppierung in eine der Bewertungsgruppen ist damit hinreichend an die Ausübung einer zumindest entsprechend zu bewertenden konkreten Tätigkeit gebunden. Sind die jeweiligen Beispielstätigkeiten aber unterschiedlich, kann nicht angenommen werden, dass die Tarifvertragsparteien davon ausgehen, bei unveränderter Tätigkeit sollten allein durch den Zeitablauf nunmehr derselben Tätigkeit ganz andere Beispiele einer anderen, höheren Bewertungsgruppe als gleichwertig zugeordnet werden.

29Dabei kann dahinstehen, ob sich ansonsten dem ETV eine von der Regelbedeutung der Tätigkeitsbeispiele abweichende Absicht der Tarifvertragsparteien entnehmen lässt. § 4 Abs. 4 Unterabs. 2 ETV stellt insoweit nur klar, dass die Tätigkeitsbeispiele nicht abschließend aufgeführt sind, die Zuordnung einer Tätigkeit zu einer Bewertungsgruppe daher auch dann möglich ist, wenn sie nicht als Tätigkeitsbeispiel dieser Gruppe ausdrücklich genannt worden ist. Die Klägerin beruft sich auch nicht auf die Erfüllung eines der Tätigkeitsbeispiele.

30(3) Die hier streitige Bewertungsgruppe 6 ETV weist neun verschiedene Tätigkeitsbeispiele auf. Der Bewertungsgruppe 5 ETV sind 16 und der Bewertungsgruppe 7 ETV sind 11 Tätigkeitsbeispiele zugeordnet. Lediglich das Tätigkeitsbeispiel „Handwerker/-in“ ist dabei identisch, ferner ist die „Hausdame“ in Bewertungsgruppe 6 und 7 ETV genannt. Alle übrigen Tätigkeitsbeispiele sind unterschiedlich. Hinsichtlich eines identischen Tätigkeitsbeispiels gilt nach der Rechtsprechung des Senats, dass bei der Nennung einer Tätigkeit in verschieden wertigen Tarifgruppen zur genauen Bestimmung auf die Oberbegriffe zurückzugreifen ist ( - Rn. 20 mwN). Die übergroße Anzahl der voneinander abweichenden Tätigkeitsbeispiele in den „Nachbargruppen“ 5 und 7 ETV verdeutlicht im Einzelnen die hierarchische Struktur der betreffenden Bewertungsgruppen und damit auch der Tätigkeitsbeispiele im Übrigen. So ist zur Bewertungsgruppe 5 ETV das Beispiel „Empfangsangestellte“, zur Bewertungsgruppe 6 ETV das Beispiel „Empfangsherr/-dame“ und zur Bewertungsgruppe 7 ETV das Beispiel „Empfangsherr/-dame als Schichtleiter/-in“ genannt. Angesichts dessen ist es auszuschließen, dass die Tarifvertragsparteien eine unveränderte Tätigkeit allein durch die Dauer ihrer Ausübung einer unterschiedlichen tariflichen Wertigkeit zuordnen wollten, soweit dies nicht ausdrücklich geregelt ist.

31(4) Die Höhergruppierung allein durch den Zeitablauf, die das Landesarbeitsgericht durch den Vergleich der abstrakten Anforderungen zu den Bewertungsgruppen 5 und 6 ETV annimmt, würde dazu führen, dass alle Tätigkeiten, die der Bewertungsgruppe 5 ETV zugeordnet sind, im Hinblick auf die Formulierung der abstrakten Anforderungen in den Oberbegriffen nach zwei Jahren einer Höhergruppierung in die Bewertungsgruppe 6 ETV unterzogen würden. Die den beiden Bewertungsgruppen zugeordneten Tätigkeitsbeispiele schließen dies jedoch aus.

32ff) Demgegenüber tritt der Umstand, dass der Wortlaut einiger Eingruppierungsregelungen im ETV auf eine gewisse Relevanz von personenbedingten Merkmalen hinzudeuten scheint, zurück. So ist zwar die isolierte Betrachtung von § 4 Abs. 5 Unterabs. 2 und 4 ETV geeignet, die dort genannten personenbezogenen Anforderungskriterien (etwa fachliches und berufliches Können, besondere Erfahrungen und Kenntnisse, die Substitution einer abgeschlossenen Berufsausbildung durch eine fünfjährige fachbezogene Tätigkeit) für die tarifliche Bewertung und Zuordnung der Arbeitnehmer zu den einzelnen Bewertungsgruppen heranzuziehen. Soweit die Klägerin jedoch auf die Formulierung verweist, wonach auch „die Anforderungen an die Arbeitnehmer maßgebend“ seien (§ 4 Abs. 4 Unterabs. 4 ETV), ist dieses - gerade vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Senats (vgl. zB  - Rn. 19; - 4 AZR 735/08 - Rn. 22 ff.) - so zu verstehen, dass sich die Anforderungen an die Arbeitnehmer in den jeweiligen Oberbegriffen der einzelnen Bewertungsgruppen auf deren zu bewertende Tätigkeit bezieht. Wird demnach eine bestimmte Ausbildung im Oberbegriff einer Bewertungsgruppe vorausgesetzt, bedeutet dies, dass die bei einer solchen Ausbildung erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten eines Arbeitnehmers grundsätzlich erforderlich sind, um die von dieser Bewertungsgruppe erfassten Tätigkeiten überhaupt verrichten zu können. Damit ist der Oberbegriff der Bewertungsgruppe 5 ETV („Fachkräfte mit abgeschlossener Berufsausbildung“) nicht dahingehend zu verstehen, dass eine Beschäftigte, die diese Voraussetzung erfüllt, ungeachtet ihrer konkreten Tätigkeit nach der entsprechenden Bewertungsgruppe des ETV zu vergüten ist. Vielmehr ist weitere - ungeschriebene - Voraussetzung, dass sie tatsächlich mit Tätigkeiten betraut ist, die eine solche abgeschlossene Ausbildung voraussetzen, was in vielen Tarifverträgen ausdrücklich geregelt ist („… mit entsprechender Tätigkeit …“) und was sich vorliegend auch aus der Einleitung von § 4 Abs. 4 Unterabs. 4 ETV ergibt. Der Gegenstand der Eingruppierung ist die Tätigkeit des Arbeitnehmers und die bei deren Ausübung erforderlichen Anforderungen. Dementsprechend setzt auch die Eingruppierung in der Bewertungsgruppe 5 ETV - wie bei der Klägerin - nicht zwingend die Absolvierung der dort im Oberbegriff genannten Berufsausbildung voraus, sondern die Ausübung von Tätigkeiten, deren Anforderungen im Regelfall eine solche Ausbildung bedingen.

332. Danach erfüllt die Klägerin das Tätigkeitsmerkmal der Bewertungsgruppe 6 des § 5 ETV nicht.

34a) Das Landesarbeitsgericht und die Parteien gehen übereinstimmend davon aus, dass die von der Klägerin nach ihrer Einstellung ausgeübte Tätigkeit trotz der fehlenden Berufsausbildung die Anforderungen der Bewertungsgruppe 5 ETV erfüllt hat und dass sie diese Tätigkeit im Weiteren unverändert ausführt.

35b) Rechtsfehlerhaft ist jedoch die Annahme, dass allein durch die ununterbrochene Ausübung dieser Tätigkeit für mindestens zwei Jahre eine Höhergruppierung in die Bewertungsgruppe 6 ETV zu erfolgen hat. Eine Höhergruppierung kommt nach den tarifvertraglichen Regelungen nur dann in Betracht, wenn der Klägerin eine neue Aufgabe übertragen worden ist, die - anders als die bisherige - im Regelfall nicht lediglich eine abgeschlossene Berufsausbildung voraussetzt, sondern darüber hinaus Fähigkeiten und Kenntnisse, die aufgrund einer danach ausgeübten mindestens zweijährigen Berufserfahrung erworben worden sind. Dies ist bei der Klägerin schon deshalb nicht der Fall, weil sich ihre Tätigkeit nicht verändert hat und deshalb auch keine - gegenüber dem Zeitpunkt ihrer Einstellung - veränderten Anforderungen stellt.

36c) Die weiteren von der Klägerin in ihrer Revisionserwiderung hiergegen vorgebrachten Gesichtspunkte hat der Senat eingehend geprüft und sie nicht als durchgreifend erachtet.

37C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2016:161116.U.4AZR128.15.0

Fundstelle(n):
NAAAG-43519