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FG Berlin-Brandenburg Urteil v. - 7 K 7210/15

Gesetze: EStG § 70 Abs. 1 S. 2, EStG § 70 Abs. 1 S. 1, EStG § 31 S. 3, EStG § 68, AO § 155 Abs. 4, AO § 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, AO § 170 Abs. 2 S. 1, AO § 370 Abs. 1 Nr. 1, AO § 370 Abs. 1 Nr. 2, AO § 378

Verlängerte Kindergeld-Festsetzungsfrist infolge Steuerverkürzung bei Streit über die Absendung bzw. den Erhalt einer Email, mit der die Eltern das Ende der Schulausbildung und der Kindergeldanspruchsberechtigung mitgeteilt haben

Leitsatz

1. Da für das Kindergeld keine Steuererklärung usw. i. S. d. § 170 Abs. 2 S. 1 AO abzugeben ist und eine Mitteilung nach § 68 EStG keine Anzeige i.S. des § 170 Abs. 2 S. 1 AO darstellt, beginnt die grundsätzlich vierjährige Festsetzungsfrist insoweit gem. § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Kindergeldanspruch entstanden ist.

2. Die Voraussetzungen für eine zumindest leichtfertige Steuerverkürzung und eine deswegen auf fünf Jahre verlängerte Festsetzungsfrist liegen nicht vor, wenn nach Ablauf der Schulausbildung und durch den Beginn des Grundwehrdienstes die Voraussetzungen für eine weitere Kindergeld-Festsetzung für den volljährigen Sohn objektiv nicht mehr vorgelegen haben, die Mutter die Familienkasse per Email über das Ende der Schulausbildung und den sich daran unmittelbar anschließenden Grundwehrdienst informiert hat, die Familienkasse jedoch in der Annahme einer weiteren Berufsausbildung weiter vorläufig Kindergeld festgesetzt und die Eltern zur Vorlage von entsprechenden Nachweisen aufgefordert hat und wenn diese Kindergeldfestsetzung trotz des Unterbleibens einer Vorlage von Ausbildungsnachweisen und jeglicher Antwort seitens der Eltern nicht wieder aufgehoben worden ist.

3. Ist die Email (siehe 2.) nicht von den Eltern ausgedruckt worden bzw. zu den Akten der Familienkasse gelangt und können aufgrund des langen Zeitablaufs und der schon erfolgten Löschung der streitigen Email weder die Absendung durch die Eltern noch der Eingang auf dem Emailkonto der Familienkasse nachgeprüft bzw. verifiziert werden, so trägt die Familienkasse die Beweislast für das Vorliegen einer Steuerverkürzung. Die Ungewissheit über die Absendung und den Erhalt der Email geht insbesondere dann zu Lasten der Familienkasse, wenn die Eltern die Email zwar nicht ausgedruckt, aber die Absendung auf einem Anfrageschreiben der Familienkasse vermerkt haben, wenn sie auch sonst Anfragen der Familienkasse sofort beantwortet und die Erledigung auf den jeweiligen Schreiben vermerkt haben und wenn andererseits der Familienkasse bei der Bearbeitung des Kindergeldfalles nachweislich zahlreiche Fehler unterlaufen sind, so dass es auch von daher nicht ausgeschlossen erscheint, dass die Email in der Familienkasse schlicht nicht ausgedruckt und/oder der Kindergeldakte zugeordnet wurde.

4. Sollte die Email auf dem elektronischen Übertragungsweg verloren gegangen sein, würde das ebenfalls einen Vorsatz oder eine Leichtfertigkeit der Eltern ausschließen.

Fundstelle(n):
NWB-Eilnachricht Nr. 20/2017 S. 1489
PStR 2017 S. 102 Nr. 5
PAAAG-42662

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FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 01.03.2017 - 7 K 7210/15

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