Erteilung einer Vollmacht durch den Beteiligten und deren Beachtung durch das Finanzamt – Amtliche Muster für Vollmachten im Besteuerungsverfahren
1. Allgemeines
Mit (BStBl 2016 I, 662) wurden die zwischen dem BMF und den Finanzbehörden der Länder abgestimmten amtlichen Vollmachtmuster für Steuerberater und Lohnsteuerhilfevereine neu gefasst. Die Neufassungen der amtlichen Vollmachtmuster bestehen jeweils aus dem Vollmachtformular und einem Beiblatt. Daneben wurde ein Merkblatt für Vollmachtnehmer und Vollmachtgeber veröffentlicht (vgl. auch Steuerformulare Bundesministerium der Finanzen, Rubrik: Formularcenter > Steuerformulare > Vollmacht).
Die Vollmachtmuster für Steuerberater und Lohnsteuerhilfevereine gleichen sich weitestgehend. Abweichungen ergeben sich hinsichtlich der eingeschränkten Vertretungsbefugnis bei Lohnsteuerhilfevereinen in Zeile 15 des amtlichen Vollmachtmusters.
Für die bisher in Zeile 15 integrierte Datenabruf-Vollmacht wurde in den Zeilen 29–39 ein eigener Bereich mit zusätzlichen Auswahlmöglichkeiten geschaffen.
Das Vollmachtmuster für Steuerberater ist auch Grundlage für das Verfahren „Vollmachtsdatenbank (VDB)”. Für Lohnsteuerhilfevereine steht derzeit noch keine VDB zur Verfügung.
Auf die Bearbeitungshinweise in der Verfügung „Flächeneinsatz des KONSENS-Verfahrens VDB in Bayern”, O 2235.1.1-66/18 St12 vom sowie im Benutzerhandbuch „Vollmachtsdatenbank (VDB)” wird hingewiesen (vgl. AIS: Themen > EDV > Verfahren > Grundinformation > Vollmachtsdatenbank).
Im Weiteren sind die Ausführungen im „Merkblatt zur Verwendung der amtlichen Muster für Vollmachten zur Vertretung in Steuersachen” insbesondere die Tz III. zu beachten. Danach erlöschen mit Erteilung und Anzeige bzw. Übermittlung einer (neuen) Vollmacht grundsätzlich alle bisher der zuständigen Finanzbehörde angezeigten bzw. übermittelten Vollmachten. Dies gilt sowohl für eine inhaltlich abweichende Bevollmächtigung desselben Vollmachtnehmers als auch bei Bevollmächtigung eines anderen Vollmachtnehmers, sofern das (teilweise) Fortbestehen der abgelösten Vollmacht nicht ausdrücklich mitgeteilt wurde.
Die Vollmachten, die nach den mit BStBl 2013 I, 1258 und , BStBl 2014 I, 1400 veröffentlichten Mustern erteilt wurden, gelten insoweit unverändert fort.
2. Umfang der Vollmacht
Die Vollmacht berechtigt den Bevollmächtigten zur Vornahme aller Verfahrenshandlungen, soweit der Steuerpflichtige die Vollmacht nicht ausdrücklich eingeschränkt – wie z. B. auf dem amtlichen Vollmachtmuster möglich – und die Einschränkung dem Finanzamt mitgeteilt hat. Ist keine ausdrückliche Empfangsvollmacht dem Finanzamt vorgelegt worden, berechtigt die bloße Vollmacht nach § 80 AO nicht zur Entgegennahme von Steuerverwaltungsakten, da § 122 Abs. 1 Satz 3 AO als „lex spezialis” dem § 80 Abs. 5 Satz 1 AO vorgeht.
Nach § 122 Abs. 1 Satz 4 AO soll der Verwaltungsakt dem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden, wenn der Finanzbehörde eine schriftliche oder eine nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch übermittelte Empfangsvollmacht vorliegt, solange dem Bevollmächtigten nicht eine Zurückweisung nach § 80 Absatz 7 bekannt gegeben worden ist.
Zur Bekanntgabe von Steuerverwaltungsakten an den Bevollmächtigten vgl. auch AEAO zu § 122 Nr. 1.7.
3. Beachtung der Vollmacht durch das Finanzamt
Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sollen der Schriftwechsel und die Verhandlungen im Besteuerungsverfahren mit ihm geführt werden (§ 80 Abs. 5 Satz 1 AO). Demgemäß ist das FA bei erteilter Vollmacht grundsätzlich gehalten, sich wegen notwendiger Rückfragen und Auskünfte ausschließlich mit dem Bevollmächtigten in Verbindung zu setzen und diesem auch schriftliche Antworten und Mitteilungen auf Anträge, Anfragen, Einwendungen u. dgl. zu übermitteln. So sind z. B. bewilligende oder ablehnende Entscheidungen über Anträge auf Stundung, Erlass oder Aussetzung der Vollziehung stets dem Bevollmächtigten zuzusenden, wenn dieser für den Steuerpflichtigen den Antrag gestellt hat. Dies gilt auch in den Fällen, in denen dem FA eine schriftliche Vollmacht, die den Bevollmächtigten ausdrücklich zur Entgegennahme von Verwaltungsakten ermächtigt, nicht vorliegt.
Nur in Ausnahmefällen ist es ermessensfehlerfrei, wenn sich das FA unmittelbar an den Beteiligten wendet. Dies ist neben dem im AEAO zu § 80, Nr. 4 genannten Beispiel etwa dann der Fall, wenn der Bevollmächtigte auf Zuschriften des Finanzamts nicht reagiert, wenn er nicht erreichbar ist oder wenn zweifelhaft ist, ob die Vollmacht noch besteht. Auch in diesen Fällen ist der Bevollmächtigte gem. § 80 Abs. 5 Satz 3 AO zu verständigen, z. B. durch Übersendung einer Abschrift des an den Beteiligten gerichteten Schriftsatzes.
Bayerisches Landesamt für Steuern v. - S 0202.2.1-4/18 St42
Fundstelle(n):
UAAAG-42510