Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache - Elterngeld - nachgeburtliches Einkommen - Einkünfte aus selbstständiger Arbeit - Zahlungseingänge erst im Bezugszeitraum - strenges Zuflussprinzip - Verfassungsrecht - Darlegungsanforderungen
Gesetze: § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 2 Abs 3 S 1 BEEG vom , § 2 Abs 8 S 1 BEEG vom , § 2 Abs 8 S 2 BEEG vom , § 4 Abs 3 EStG, Art 3 Abs 1 GG
Instanzenzug: Az: S 2 EG 69/12 Gerichtsbescheidvorgehend Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Az: L 17 EG 9/13 Urteil
Gründe
1I. Die Beteiligten streiten über die endgültige Festsetzung der Elterngeldhöhe sowie eine Erstattung überzahlten Elterngelds.
2Der Kläger ist Vater einer am geborenen Tochter und war vor und nach ihrer Geburt selbstständig als Ton-Cutter tätig.
3Der Beklagte bewilligte ihm für den 6. - 14. Lebensmonat Elterngeld in Höhe von 1785,79 Euro, später korrigiert für den 7. - 14. Lebensmonat auf die Höhe von monatlich 1732,48 Euro. Die Bewilligung erfolgte jeweils vorläufig und ging vom glaubhaft gemachten Einkommen des Klägers aus Gewerbebetrieb sowie Vermietung und Verpachtung aus (Bescheide vom und vom ).
4In der Folge legte der Kläger eine Einnahme-Überschussrechnung für die Zeit vom bis vor, die einen Überschuss von 19 345,95 Euro auswies. Daraufhin setzte der Beklagte das Elterngeld für den 6. Lebensmonat endgültig in Höhe von monatlich nur noch 515,51 Euro sowie für den 7. - 14. Lebensmonat auf 500,12 Euro fest. Den überzahlten Betrages von 11 129,16 Euro forderte er vom Kläger zurück (Bescheid vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom ). Es sei unerheblich, ob das erzielte Einkommen aus einer Leistung vor dem Bezugszeitraum stamme. Ausschlaggebend sei nach der Rechtsprechung des BSG allein der Zuflusszeitpunkt.
5Das SG hat die dagegen erhobene Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom ). Auch die Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben (Urteil vom ). Das LSG hat ausgeführt, die Höhe des Elterngelds richte sich im Wege der Differenzbetrachtung nach § 2 Abs 3 BEEG aF. Das beklagte Land habe gemäß der Rechtsprechung des BSG zutreffend das im Bezugszeitraum tatsächlich zugeflossene Einkommen berücksichtigt und das deshalb überzahlte Elterngeld zurückgefordert. Dies führe auch nicht zu verfassungswidrigen Ergebnissen, weil der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Elterngelds einen weiten Gestaltungsspielraum habe. Zudem hätten selbstständig Tätige gegenüber abhängig Beschäftigten bessere steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten.
6Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger Beschwerde zum BSG eingelegt mit der er geltend macht, das LSG habe die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache verkannt. Die Rechtsprechung des BSG zum Zuflussprinzip sei gleichheits- und damit verfassungswidrig.
7II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nicht ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG).
8Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sogenannte Breitenwirkung) darlegen (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Ist die aufgeworfene Rechtsfrage von der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits beantwortet, so reicht es zur Darlegung der (erneuten) Klärungsbedürftigkeit nicht aus, lediglich die eigene Rechtsmeinung auszubreiten. Vielmehr ist eine substanzielle Auseinandersetzung mit den einschlägigen höchstrichterlichen Entscheidungen erforderlich (vgl - Juris RdNr 6).
9Im Falle "auslaufenden Rechts" (hier § 2 Abs 3 BEEG idF vom ) ist zudem eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nur dann gegeben, wenn noch eine erhebliche Zahl von Fällen auf der Grundlage des alten Rechts zu entscheiden ist oder wenn die Überprüfung der Rechtsnorm bzw ihre Auslegung aus anderen Gründen (namentlich wegen einer weitgehenden Übereinstimmung mit dem neuen Recht) fortwirkende allgemeine Bedeutung hat ( - Juris mwN).
11Unabhängig davon hat der Gesetzgeber den Wortlaut der entscheidungserheblichen Norm inzwischen neu gefasst. Die für den Kläger einschlägige Fassung des § 2 Abs 3 BEEG (idF vom ) spricht von Einkommen, dass der Elterngeldberechtigte erzielt, während die aktuelle Fassung des § 2 Abs 3 S 1 BEEG nunmehr darauf abstellt, ob der elterngeldberechtigte Einkommen hat. Damit hat der Gesetzgeber ausdrücklich ua auf die vom Kläger vor allem kritisierte Rechtsprechung des BSG zum modifizierten Zuflussprinzip reagiert, die am Begriff des Erzielens angeknüpft hatte, und seine anderslautende Regelungsabsicht klargestellt (vgl BT-Drucks 17/9841 S 18 und das dort in Bezug genommene Senatsurteil vom - B 10 EG 19/09 R - BSGE 107, 18 = SozR 4-7837 § 2 Nr 6, RdNr 23 ff). Es hätte deshalb der Darlegung bedurft, warum der vom Kläger behauptete Klärungsbedarf auch angesichts des neuen, geänderten Gesetzeswortlauts fortbesteht. Allein die Behauptung, auch nach der neuen Rechtslage würden die Einkünfte selbstständig Tätiger und abhängig Beschäftigter unterschiedlich behandelt, zeigt nicht auf, warum diese unterschiedliche Behandlung trotz der Neuformulierung des Gesetzes auch hinsichtlich der vom Kläger für klärungsbedürftig gehaltenen Frage des maßgeblichen Zuflusszeitpunkts fortbestehen sollte.
12Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 SGG).
13Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
14Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2016:210616BB10EG516B0
Fundstelle(n):
MAAAG-39702