Gründe
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt —FA—) durch Haftungsbescheid wegen von einer GmbH, deren Geschäftsführer er war, nicht abgeführter Lohnsteuer für die Anmeldungszeiträume Dezember 1994, Januar und Februar 1995 einschließlich Solidaritätszuschlages, Kirchensteuern und Säumniszuschlägen in Anspruch genommen worden. Über die GmbH war im Mai 1995 ein Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet worden, in dem die gegen sie bestandskräftig festgesetzten Steuerschulden nicht beglichen worden sind.
Die gegen die Haftungsinanspruchnahme vom Kläger erhobene Klage ist vom Finanzgericht (FG) —abgesehen von einem geringen Teil der zu Unrecht angesetzten Säumniszuschläge— abgewiesen worden. Zur Begründung dieser Entscheidung hat das FG u.a. unter Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung ausgeführt, der Kläger habe keine konkreten Anhaltspunkte dafür gehabt, dass das FA einer Verrechnung der vorgenannten Lohnsteuerrückstände zustimmen werde. Der GmbH hätten nach Aktenlage keine verrechnungsfähigen Guthaben aus Umsatzsteuer 1994 oder der Investitionszulage 1994 zugestanden. Entgegen der Umsatzsteuervoranmeldung Dezember 1994 habe sich bei der Festsetzung der Umsatzsteuer 1994 kein Guthaben ergeben.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil richtet sich die Beschwerde des Klägers, mit der Divergenz und mangelnde Sachaufklärung gerügt werden.
Die Beschwerde ist —von den Mängeln ihrer Begründung (§ 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) abgesehen— nicht begründet. Die Revision ist nicht zuzulassen. Das Urteil des FG weicht weder von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ab (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) noch ist ein Verfahrensmangel gerügt, auf dem es beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).
1. Die Beschwerde rügt als mangelnde Sachaufklärung, dass das FG dem vom FA nicht bestrittenen Vortrag der Klagebegründung nicht nachgegangen sei, erst nach Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens sei eine Umsatzsteuerkorrektur nach § 17 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) vorgenommen worden; hätte das FG dies aufgeklärt, so hätte es festgestellt, dass für Dezember 1994 der vom Kläger geltend gemachte Umsatzsteuererstattungsanspruch bestand, so dass der Kläger die Verrechnung dieses Guthabens mit den von der GmbH geschuldeten Lohnsteuerzahlungen habe verlangen können.
Diese Rüge ist indes nicht schlüssig. Wenn, wie die Beschwerdebegründung behauptet, der Bestand eines Umsatzsteuervergütungsanspruchs 1994 unstreitig war —und das daraus herrührende Guthaben vom FA lediglich gegen eine (später nach § 17 UStG entstandene) Steuerforderung aufgrund einer Änderung der Bemessungsgrundlage verrechnet worden ist—, hatte das FG die Verpflichtung zu weiteren Aufklärungsmaßnahmen allenfalls dann, wenn der Bestand dieses Vergütungsanspruchs aufgrund des Akteninhalts oder sonstiger konkreter Anhaltspunkte —obgleich unstreitig— zweifelhaft war. Dass dies der Fall war, hätte die Beschwerde nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO darlegen müssen. Sie hat dies jedoch versäumt. Sie legt auch nicht dar, dass sie eine diesbezügliche Beweiserhebung beantragt hätte. Ihr Vorbringen richtet sich vielmehr in Wahrheit dagegen, dass das FG einen anderen Sachverhalt festgestellt hat, nämlich dass, wie es auf Bl. 12 des Urteilsabdrucks heißt, ein Guthaben der GmbH aus Umsatzsteuer 1994 nicht vorhanden gewesen ist, wovon auch die Einspruchsentscheidung des FA, auf die das Urteil des FG ausdrücklich Bezug nimmt, ausgeht. Ob diese tatsächliche Feststellung zutreffend ist oder nicht, entzieht sich der Beurteilung des Revisionsgerichts. Mit einer Verfahrensrüge dagegen kann der Kläger jedenfalls auch dann nicht durchdringen, wenn man das Vorbringen der Beschwerde dahin (um-)deutet, dass der Kläger die Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör rügen will, nämlich die Nichtberücksichtigung seines Vorbringens, es habe ein Guthaben bestanden, welches lediglich gegen eine nach § 17 UStG entstandene Steuerforderung verrechnet worden sei. Denn dann fehlte es an der Darlegung, woraus zu folgern ist, dass das FG das betreffende Vorbringen des Klägers nicht zur Kenntnis genommen hat und nicht aufgrund einer Beweiswürdigung, welche das Gesamtergebnis des Verfahrens berücksichtigt, sondern unter Verletzung des Gehörsanspruchs des Klägers zu seiner vorgenannten, der Behauptung der Beschwerde gerade entgegengesetzten Tatsachenfeststellung gelangt ist. Eines dahin gehenden näheren Vortrages der Beschwerde hätte es bedurft, weil nach der Rechtsprechung des BFH grundsätzlich davon auszugehen ist, dass ein Gericht von ihm entgegengenommenes Vorbringen zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung würdigt, so dass die Rüge einer Nichtberücksichtigung des Akteninhalts nur dann ordnungsgemäß erhoben ist, wenn für das Gegenteil hinreichend konkrete Anhaltspunkte bezeichnet werden (vgl. Beschluss des Senats vom VII B 127/98, BFH/NV 1999, 673; , BFH/NV 1997, 419).
2. Als Divergenz rügt die Beschwerde zunächst, das FG sei ”ohne dies ausdrücklich auszusprechen…davon ausgegangen”, dass eine Aufrechnung von Guthaben und Schulden derselben Steuerart gegenüber der Verrechnung unterschiedlicher Steuern vorrangig sei; es habe sich damit in Widerspruch zu dem Urteil des beschließenden Senats vom VII R 132/83 (BFH/NV 1987, 74) gesetzt. Der dem FG-Urteil von der Beschwerde unterstellte Rechtssatz findet sich indes in dessen Urteil nicht. Es ist auch nicht nachvollziehbar, inwiefern die Beschwerde aus dem gedanklichen Zusammenhang der Entscheidungsgründe des FG-Urteils einen solchen Rechtssatz (als vom FG stillschweigend unterstellt) herleiten will.
3. Dass das FG —ebenfalls stillschweigend— davon ausgegangen sei, eine auf § 17 UStG gegründete Berichtigung der Umsatzsteuer habe das Vorsteuerguthaben aus Dezember 1994 (rückwirkend) entfallen lassen, und dass sich das FG damit in Widerspruch zu dem (BFHE 116, 201, BStBl II 1975, 755) gesetzt habe, behauptet die Beschwerde nicht einmal selbst; sie hält es allerdings offenbar für möglich. Abgesehen davon, dass eine solche spekulative Möglichkeit zur Zulassung der Revision nicht führen könnte, geht das diesbezügliche Vorbringen der Beschwerde an dem Urteil des FG vorbei, weil das FG, wie bereits dargelegt, gerade nicht festgestellt hat, dass eine Steuerforderung nach § 17 UStG entstanden sei, sondern vielmehr davon ausgegangen ist, dass es an einem Vorsteuervergütungsanspruch aus 1994 fehlte.
4. Auch mit den Mutmaßungen der Beschwerde, das FG könne (zu Unrecht) aufgrund des § 166 der Abgabenordnung (AO 1977) angenommen haben, der Kläger müsse sich die Bestandskraft der gegen die GmbH ergangenen Bescheide über Umsatzsteuer und Investitionszulage entgegenhalten lassen, wird kein Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO bezeichnet. Das Urteil des FG bietet keinen Anhaltspunkt dafür, es beruhe auf einer Anwendung des § 166 AO 1977.
5. Ob das FG dadurch, dass es dem Kläger entgegengehalten hat, eine Verrechnung der Lohnsteuerschulden der GmbH mit einem Umsatzsteuervergütungsanspruch sei jedenfalls nicht rechtzeitig erklärt worden, einen von dem Urteil des Senats in BFH/NV 1987, 74 abweichenden Rechtssatz aufgestellt hat, kann auf sich beruhen, weil es die Zulassung der Revision ebenfalls nicht rechtfertigen könnte. Denn da das FG bereits das Bestehen eines verrechnungsfähigen Umsatzsteuererstattungsanspruchs verneint hat, kann sein Urteil nicht darauf beruhen, dass es auch an einem Verrechnungsantrag fehle oder dass das FG, wie die Beschwerde meint, verkannt hat, dass es eines solchen Antrags überhaupt nicht bedurfte.
Fundstelle(n):
EAAAA-66016