Offenbare Unrichtigkeit i. S. d. § 129 AO bei infolge eines mechanischen Versehens eines Außenprüfers unrichtigem Außenprüfungsbericht
und anschließender unbemerkter Übernahme dieses Fehlers bei der Auswertung des Berichts durch die Veranlagungsstelle
Leitsatz
1. Offenbar i.S. des § 129 S. 1 AO ist eine Unrichtigkeit, wenn sie auf der Hand liegt, wenn der Fehler mithin durchschaubar,
eindeutig oder augenfällig ist. Es ist nicht erforderlich, dass die Unrichtigkeit aus dem Bescheid selbst erkennbar ist. Maßgebend
ist vielmehr, ob der Fehler bei Offenlegung des Sachverhaltes für jeden unvoreingenommenen Dritten klar und deutlich als offenbare
Unrichtigkeit erkannt werden kann.
2. Eine Unrichtigkeit i.S. d. § 129 S. 1 AO kann auch vorliegen, wenn ein mechanisches Versehen eines Außenprüfers zur Unrichtigkeit
des Außenprüfungsberichts geführt hat und dieser Fehler von dem Veranlagungsbeamten bei der Auswertung des Berichts lediglich
unbemerkt übernommen worden ist.
3. Ein derartiger Fall einer offenbaren Unrichtigkeit liegt vor – und die Möglichkeit eines Rechtsirrtums ist ausgeschlossen
–, wenn der Betriebsprüfer für ein bestimmtes Jahr versehentlich nicht den letzten Änderungsbescheid, sondern den vorangegangenen
Umsatzsteuerbescheid, in dem noch eine höhere negative Umsatzsteuer als im späteren Änderungsbescheid festgesetzt war, als
Grundlage für seine Prüfung angenommen hat, bei der Prüfung ausdrücklich keine die Steuer ändernden Feststellungen getroffen
hat, im Prüfungsbericht aber die im früheren Bescheid festgesetzte, zu Gunsten des Unternehmers höhere negative Umsatzsteuer
als Umsatzsteuer für dieses Jahr ausgewiesen hat und wenn die Veranlagungsstelle anschließend aufgrund des Prüfungsberichts
ohne eigene rechtliche Überlegungen den Umsatzsteuerbescheid geändert und wieder die frühere höhere negative Steuer mit der
Folge eines Guthabens zugunsten des Unternehmers festgesetzt hat. Es spricht dabei für eine mechanische Fehlerübernahme durch
die Veranlagungsstelle, wenn bei der Erstellung des Umsatzsteuerbescheids nach der Außenprüfung elektronisch erstellte Prüfhinweise
ausgeworfen, von der Bearbeiterin sowie den zeichnungsberechtigten Sachgebietsleitern jedoch ignoriert worden sind und ohne
eigene rechtliche Überlegungen die Veranlagung freigegeben worden ist.
4. Ein mechanisches Versehen i. S. d. § 129 AO liegt dann nicht vor, wenn die Möglichkeit eines Rechtsirrtums, Denkfehlers
oder einer unvollständigen Sachverhaltsaufklärung besteht.
Tatbestand
Fundstelle(n): AO-StB 2017 S. 79 Nr. 3 EFG 2017 S. 449 Nr. 6 HAAAG-38587
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