Erbschaftsteuerreform – Viele Fragen und viele Antworten
Die Erbschaftsteuerreform hat einige Neuerungen gebracht – und viele Fragen aufgeworfen: Vielfach wird beklagt, dass die Verständlichkeit zu kurz gekommen sei. – Beginnen wir mit den eindeutigen Punkten der Neuregelung: Firmenerwerber können bis zu einem begünstigten Unternehmensvermögen von 26 Mio. Euro den „Verschonungsabschlag“ nutzen. Bei der Regelverschonung gewährt der Fiskus dabei einen Abschlag von 85 % auf das begünstigte Vermögen, wenn der Erwerber den Betrieb fünf Jahre lang weiterführt und die Lohnsummenklausel beachtet. Alternativ ermöglicht die Optionsverschonung einen Abschlag von 100 % auf das begünstigte Vermögen. Voraussetzung ist hier, dass der Betrieb sieben Jahre lang bei gleicher Lohnsumme weitergeführt wird. Für familiengeführte Unternehmen wurde im Rahmen der Erbschaftsteuerreform eine zusätzliche Steuerbefreiung eingeführt – in Form eines Vorwegabschlags von bis zu 30 %. Wichtig ist, dass der Gesellschaftsvertrag die notwendigen Beschränkungen für Entnahmen aus dem Unternehmensgewinn oder Ausschüttungen sowie weitere Beschränkungen (Verfügung, Abfindung) für die Gesellschafter des Familienunternehmens enthält. Im Hinblick auf den 30 %igen Vorwegabschlag ist daher dringend anzuraten, die aktuellen gesellschaftsrechtlichen Regelungen – sofern notwendig – anzupassen. Schließlich müssen die Regelungen nicht nur 20 Jahre nach der Unternehmensübertragung, sondern bereits zwei Jahre vor der Übertragung gelten.
Aber sind diese Punkte wirklich so eindeutig, wie ich sie oben genannt habe? Denn was bedeutet eigentlich begünstigtes Unternehmensvermögen bis 26 Mio. Euro? Meint der Gesetzgeber bei Familienunternehmen den Wert vor oder nach dem Vorwegabschlag? Die Differenz ist bei einem Abschlag von 30 % schließlich ziemlich beachtlich. Und was ist, wenn ein Übertragungsvorgang mehrere wirtschaftliche Einheiten von begünstigungsfähigem Vermögen umfasst – kommt dann die Steuerbefreiung für alle Einheiten oder nur für die Einheiten in Betracht bei denen das Verwaltungsvermögen die Grenze von 20 % nicht überschreitet? Oder entfällt, wenn eine Einheit über Verwaltungsvermögen von mehr als 20 % verfügt, die Möglichkeit der Verschonung nach § 13a Abs. 10 ErbStG für den gesamten Übertragungsvorgang? Und was gilt eigentlich bei Familienunternehmen, wenn zwar alle Voraussetzungen im Gesellschaftsvertrag erfüllt sind, der Betrieb aber noch keine zwei Jahre existiert, wenn es zum Erbfall kommt?
Annette Höne befasst sich in ihrem Beitrag ab der Seite 82 mit den Zweifelsfragen zum Vorwegabschlag, der Prüfung des „Schwellenwerts“ in Sachen Verschonungsbedarf sowie den Besonderheiten der Optionsverschonung. Schwerpunkt ihrer Ausführungen sind dabei insbesondere zahlreiche Beispielsfälle, um die Anwendungen der Vorschriften zu verdeutlichen und aufzuzeigen, wie deren steuerliche Auswirkungen einzuschätzen sind.
Beste Grüße
Beate Blechschmidt
Fundstelle(n):
NWB-EV 3/2017 Seite 73
NWB KAAAG-38252