Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Revisionseinlegungsfrist im Strafverfahren: Fehlendes Verschulden bei Unkenntnis von gesetzlichen Bestimmungen
Gesetze: § 44 StPO, § 45 StPO, § 260 StPO
Instanzenzug: LG München II Az: 1 JKLs 12 Js 16612/12
Gründe
1Der Angeklagte ist durch Urteil des Landgerichts München II vom wegen verschiedener Straftaten zu einer mehrjährigen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt worden. Mit Schreiben vom hat er beantragt, das vorgenannte Urteil „aufzuheben und für null und nichtig zu erklären“. Hilfsweise ist von ihm um „Zurücksetzen in den vorigen Stand“ nachgesucht worden.
21. Der Senat legt das Begehren des Angeklagten gemäß § 300 StPO dahingehend aus, dass er die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision (§ 341 Abs. 1 StPO) beantragt und mit der Revision das landgerichtliche Urteil angreift. Wiedereinsetzungsantrag und Revision bleiben ohne Erfolg.
32. Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist unzulässig.
4Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist demjenigen zu gewähren, der ohne Verschulden verhindert war, eine Frist einzuhalten (§ 44 Satz 1 StPO). Der Antrag ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 45 Abs. 1 Satz 1 StPO). Die für die Gewährung der Wiedereinsetzung erforderlichen Angaben sind ebenso wie ihre Glaubhaftmachung Zulässigkeits-voraussetzungen (BGH, Beschlüsse vom - 1 StR 341/12; vom - 1 StR 232/13 und vom - 1 StR 573/14, NStZ-RR 2015, 145 f. mwN). Darzulegen und glaubhaft zu machen sind auch diejenigen Umstände, aus denen sich ergibt, dass der Antragsteller ohne eigenes Verschulden gehindert war, die versäumte Rechtsmittelfrist einzuhalten (, NStZ-RR 2015, 145 f.; vgl. auch Maul in KK-StPO, 7. Aufl., § 45 Rn. 6).
5Diesen Anforderungen genügt weder das Antragsschreiben des Angeklagten vom noch sein nachgereichtes Schreiben vom , auf dessen Berücksichtigungsfähigkeit es daher nicht ankommt. Der Angeklagte stützt sein Wiederaufnahmebegehren ausschließlich darauf, dass ihm erst am bekannt geworden sei, welche gesetzlichen Anforderungen sich aus § 275 StPO an die Identifizierbarkeit der unterschreibenden Richter anhand der Unterschrift auf der Urteilsurkunde ergeben. Damit wird aber bereits von vornherein keine unverschuldete Versäumung der Revisionseinlegungsfrist dargelegt. Denn die Unkenntnis von gesetzlichen Bestimmungen oder von höchstrichterlicher Rechtsprechung zur Auslegung des Gesetzes können fehlendes Verschulden nicht begründen (vgl. , NStZ-RR 2010, 244 f.).
6In der Sache genügten die Unterschriften der drei Berufsrichter ohnehin den gesetzlichen Anforderungen.
73. Die Revision des Angeklagten ist ebenfalls unzulässig. Die Frist aus § 341 Abs. 1 StPO ist versäumt.
Graf Cirener Radtke
Mosbacher Fischer
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2016:211116B1STR526.16.0
Fundstelle(n):
NAAAG-36605