Gründe
I. Im Klageverfahren war streitig, ob die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) einen Anspruch darauf hat, gemäß § 24a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) die Umsatzsteuer der Jahre 1985 bis 1992 zu kürzen, weil sie diese für Umsätze schuldete, die sie —ihrer Auffassung nach— im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ausgeführt hat. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) vertrat im Anschluss an eine Steuerfahndungs- und Außenprüfung die Auffassung, die Klägerin sei weder Züchterin der Sorte, aus deren Vertrieb die Umsätze herrührten, noch habe sie das Aufzuchtsrisiko für die Vermehrung des Saatgutes getragen.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen; die Klägerin habe die Umsätze nicht im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ausgeführt. Zur Begründung führte das FG im Wesentlichen aus: Ob ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb i.S. von § 24a Abs. 2 i.V.m. § 24 Abs. 2 UStG vorliege, richte sich insbesondere nach den Grundsätzen, die dazu für Zwecke der Einkommensteuer und Gewerbesteuer maßgebend seien.
Einkünfte aus einer Saatzucht i.S. von § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) a.F., § 13 Abs. 1 Nr. 2 EStG n.F. i.V.m. § 62 Abs. 1 Nr. 6 des Bewertungsgesetzes (BewG) erziele der Steuerpflichtige nicht, wenn er nur Saatgut vermehre und vertreibe, das er nicht selbst erzeugt habe. Zwar könne nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG auch derjenige Steuerpflichtige Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielen, der von ihm gestelltes Saatgut von Dritten vermehren lasse, um Vermehrungsmaterial zu erzeugen. Entscheidend sei dann aber —wie bei den Einkünften aus der Aufzucht von Kostpflanzen—, ob der Steuerpflichtige selbst oder der Dritte das Aufzuchtsrisiko trage. Die Klägerin sei aber weder Züchterin des Saatgutes noch habe sie das Aufzuchtsrisiko getragen.
Offen bleiben könne, ob ein Steuerpflichtiger auch dann Umsätze im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ausführe, wenn er nur Saatgut vertreibe, das er nicht selbst erzeugt und auch nicht selbst vermehrt habe, aber das Aufzuchtsrisiko trage oder ”ob der Steuerpflichtige unabhängig hiervon einen landwirtschaftlichen Betrieb unterhalten” müsse; denn die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass sie die Umsätze mit der Maissorte auf eigene Rechnung ausgeführt habe.
Hiergegen richtet sich die auf § 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gestützte Beschwerde.
II. Die Beschwerde ist unbegründet.
1. Die gerügte Abweichung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) liegt nicht vor.
Im zitierten (BFHE 168, 428, BStBl II 1992, 877) hat der BFH entschieden, dass Saatzucht, die als landwirtschaftliche Urproduktion gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 6 BewG zur sonstigen land- und forstwirtschaftlichen Nutzung gehört, in jedem Fall die Züchtung von Saatgut erfordert, aber auch dessen Vermehrung und Verkauf umfasst. Hiervon weicht das FG nicht ab. Entscheidungserheblich war in dem vom II. Senat des BFH in BFHE 168, 428, BStBl II 1992, 877 entschiedenen Fall die Frage, ob landwirtschaftliche Urproduktion auch dann noch vorliegt, wenn sich der Betriebsinhaber auf die Züchtung von Saatgut beschränkt, die Vermehrung durch Überlassung der Sortenschutzrechte und den Verkauf der geschützten Pflanzen aber anderen überlässt. Das FG geht im Streitfall davon aus, dass die Klägerin jedenfalls nicht Züchterin des Saatgutes war und deshalb —in Übereinstimmung mit dem zitierten Urteil— keine als landwirtschaftliche Urproduktion zu beurteilende Saatzucht vorliegt.
Zu der Frage, ob ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb auch dann vorliegt, wenn der Steuerpflichtige nur Saatgut vertreibt, das er nicht selbst gezüchtet hat und durch Dritte vermehren lässt, ohne selbst das Aufzuchtsrisiko zu tragen, enthält die zitierte Entscheidung sachverhaltsbedingt keine Aussage. Denn nach dem im zitierten Urteil vom BFH entschiedenen Sachverhalt war nur über die Frage zu entscheiden, ob auch Lizenzeinnahmen aus der Überlassung von Sortenschutzrechten an andere Betriebe bei der Ermittlung des Ertragswertes einer Baumschule zu erfassen sind.
2. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO hat die Klägerin nicht ordnungsgemäß dargelegt.
Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache verlangt § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO, dass der Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung eine bestimmte —abstrakte— klärungsbedürftige und im angestrebten Revisionsverfahren auch klärbare Rechtsfrage herausstellt. Er muss darlegen, weshalb es in dem angestrebten Revisionsverfahren auf die Klärung der hervorgehobenen Rechtsfrage ankommt (Klärungsbedürftigkeit) und dass dem Revisionsgericht eine Klärung im Streitfall möglich ist (Klärbarkeit; vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom V B 147/99, veröffentlicht in juris; vom VII B 44/94, BFH/NV 1994, 812).
Diesen formellen Anforderungen genügt die Beschwerde deswegen nicht, weil die Klägerin zur Klärbarkeit nichts vorgetragen hat. Hierzu hätte schon deshalb Anlass bestanden, weil das FG die Klage —auch— mit der Begründung abgewiesen hat, die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass sie die Umsätze mit der Maissorte auf eigene Rechnung und nicht lediglich im Auftrage eines Dritten durchgeführt habe.
3. Als Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) rügt die Klägerin, das FG habe mit der Feststellung, die Klägerin habe nicht das Aufzuchtsrisiko getragen, gegen den klaren Inhalt der Akten verstoßen.
Nach der Rechtsprechung des BFH ist ein Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten als solcher kein Verfahrensmangel (vgl. BFH-Beschlüsse vom V B 5/97, BFH/NV 1998, 45; vom VI B 12/76, BFHE 118, 546, BStBl II 1976, 503). Die Rüge eines Verstoßes gegen den (klaren) Inhalt der Akten kann allerdings dahin zu verstehen sein, dass hiermit die Nichtbeachtung des § 96 Abs. 1 Satz 1 erster Halbsatz FGO geltend gemacht wird, wonach das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung entscheidet. Diese Vorschrift verpflichtet das FG, den Inhalt der ihm vorliegenden Akten vollständig und einwandfrei zu berücksichtigen (vgl. BFH in BFH/NV 1998, 45). Die Rüge kann aber auch als Aufklärungsrüge verstanden werden.
Die Klägerin trägt zur Begründung vor, das FG habe sich für seine Feststellung, sie, die Klägerin, habe nicht das Aufzuchtsrisiko getragen, zu Unrecht auf den Inhalt des ”Produktionsvertrages” mit der ZG berufen. Nach dem Inhalt dieses Vertrages habe die ZG übernommen, ”für die...” (Klägerin) bei geeigneten Vermehrern das Saatgut erzeugen zu lassen. Aus dieser Formulierung ergebe sich, dass sie das Aufzuchtsrisiko getragen habe.
Mit ihrem Vortrag, das FG hätte den Vertrag rechtlich anders würdigen müssen, strebt die Klägerin letztlich nur eine andere Würdigung des festgestellten Sachverhalts an, als vom FG vorgenommen. Es fehlt deshalb schon an einer schlüssigen Behauptung, das FG habe bei der Beweiswürdigung für die Entscheidung wesentliche Bestandteile der Akten —hier den vom FG mit seinem Inhalt festgestellten und bei der Entscheidung berücksichtigten Vertrag— nicht berücksichtigt (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, § 115 Rz. 26). Behauptet wird somit kein Verfahrensfehler, sondern lediglich ein materiell-rechtlicher Fehler, der nicht zur Zulassung der Revision führen kann.
4. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs).
Fundstelle(n):
BFH/NV 2000 S. 1255 Nr. 10
MAAAA-65747